Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1643]

Ambrosius Blarer an
Bullinger
[Konstanz],
15. Juli 1542

Autograph a : Zürich StA, E II 343a, 254r.-254b v. (Siegelspur) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 135-138, Nr. 955

Dankt für Bullingers Schreiben, hat Nachrichten daraus an [Mitglieder des Rats] weitergeleitet; lobt Zürichs Standhaftigkeit [in der Ablehnung des Reislaufs]. Soldaten aus Konstanz und Umgebung haben sich dem Feldzug des Kurfürsten [Johann Friedrich von Sachsen] und des Landgrafen [Philipp von Hessen]angeschlossen. Aufgrund der langandauernden Feindseligkeiten des Herzogs [Heinrich d. J.] von Braunschweig[-Wolfenbüttel] gegen Goslar beschloss man die Unterstützung der Stadt; bis zur Einführung der Reformation hatte die Stadt beim Reichskammergericht rechtliches Gehör gefunden, wenn auch Kaiser [Karl V.] vor dem Reichstag zu Augsburg den Vollzug [des Urteils] gegen Herzog Heinrich untersagte; zum Schutz vor Angriffen Heinrichs ließ die Stadt ein Kloster zerstören, worauf es zu kämpferischen Auseinandersetzungen und der gegenseitigen Anklage wegen Landfriedensbruches kam und das Reichskammergericht die Acht über Goslar verhängte; am Reichstag zu Regensburg wurde die Acht suspendiert und am Reichstag zu Speyer aufgehoben - da Heinrich dies nicht anerkannte, hat man sich nun zum Krieg entschlossen. Befürchtet das Eingreifen des [Nürnberger] Bundes und einen blutigen Krieg in Deutschland; möge Gott Heinrich richten; Bullinger soll für die Sache beten. Gerüchte, dass der Landgraf seine Truppen [der Statthalterin] Maria in den Niederlanden zuführen möchte; möge Gott uns beistehen! Grüße an [Diethelm] Röist, dem er, wie auch Bullinger, gerne zu Diensten sein will; erwartet Nachrichten aus Augsburg, die er weiterleiten wird. Grüße von [Johannes und Konrad]Zwick; Thomas [Blarer] wird bald mit Nachrichten [vom oberdeutschen Städtetag] aus Ulm zurückkehren. Der Tod von Bullingers Sohn [Diethelm] ist kein Grund zur Trauer, da er dem irdischen Elend entkommen ist. Bullinger soll für sie und ihre Kirche beten; Grüße an die Diener der Kirche, besonders an [Rudolf] Gwalther, dem er noch nicht antworten konnte.

Gnad und frid durch Christum von gott sampt brüderlicher truw und lieb mitt allem gutem zuvor, sonders freuntlicher, getruwer, lieber herr und bruder.

Ewere schreiben sind mir haide wol zukommen, 1 sag euch deren fleissigen, hochen danck, sonderlich mittgetailter zeytung 2 , so ich dann etlichen vertrauwtesten miner herren ouch anzögt und sy damitt erfröwt hab. Dann wir all den herren loben, das die ewern der stantmütigen 3 dapferkait und redlichait sind und sich das uppig gellt und aignen nutz nitt uberwinden noch von dem, das recht und billich, abfüren lassend, dazu ouch, sovyl an inen, die andern b ouch von sölicher böser sucht mitt ernst und truwen abzeziechen begerend. 4 Der rych gott des frydens 5 well diß und alles guts in

a Mit Anmerkung von späterer Hand.
b Vor andern gestrichenes die.
1 Erhalten ist nur ein Brief Bullingers aus diesem Zeitraum, oben Nr. 1642.
2 Nachricht.
3 standhaften.
4 Der verloren gegangene Brief Bullingers bezog sich offenbar auf die wiederholten Mahnungen Zürichs gegen den Kriegsdienst für fremde Fürsten; vgl. oben Nr. 1616, Anm. 20, Nr. 1630, Anm. 17 sowie


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inen teglich in der crafft seines gaists mehren und sy darinn gnedigklich erhalten. Amen.

By unß ist nichts sonderer zeytung. Unsere hoptleut, so dem churfursten 6 und landtgraven 7 knecht angenomen, sind diß wochen hingezogen, 8 ungefar etwas uff dreu hundert, under denen etwas uff funfftzig unser statt burger uff bewilligung aines rats. Iren weren gern mehr gezogen, so gantz kriegisch ist alle wellt; aber man hats inen abgeschlagen und anhaim behalten uff grössere not, deren man teglich in sorgen steht.

In was kriegsübung die unsern standind gegen dem hertzog von Brunschwig 9 , habend unsere herren den eweren kurtzverruckter tag 10 angezögt. 11 Es ist ain handel, des man sich hat ehren und der bundtnussen 12 halb müssen annemmen, damitt doch dem ubergrossen frevel und mutwillen des grausamen wüterichs und tyrannen gewert werde; dann er die frommen von Gosslar lang zyt her 13 unlidelicher weyß angriffen und beschwert hat, welchs die unseren für ain religionsach erkennt und angenommen 14 und demnach hilff zu bewysen und sy zu entschütten 15 und vor sölichem tyrannischem gwalt ze erreddten c christlich gedacht und fürgnommen habend.

||254v. Dann obwol die sach an ir selbs nitt ain religionsach, ist sy doch allso geschaffen, das die fromen von Goslar, von wegen das sy zu dem evangelio komen, 16 in all diß unbillichait und schwären lasscht gerathen sind. Dann

c in der Vorlage zeerreddten.
für den anschließenden Zeitraum EA IV/1d 152 m. 154 u, 158 zu m, 164-168.
5 Vgl. Röm 15, 33 u. ö.
6 Johann Friedrich von Sachsen.
7 Philipp von Hessen.
8 Der Feldzug gegen Herzog Heinrich von Braunschweig begann am 19. Juli; s. unten Nr. 1649, Anm. 5.
9 Heinrich d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel.
10 unlängst.
11 Gemeint ist wohl das diesbezügliche Schreiben des Konstanzer Rates an Zürich vom 27. Juni (Zürich StA, A 205. 1, 189).
12 Konstanz war eines der Gründungsmitglieder des Schmalkaldischen Bundes.
13 Der schon länger schwelende Konflikt zwischen der reichen Bergbaustadt Goslar und Heinrich fand 1525 seinen formellen Auftakt durch Heinrichs Kündigung des Goslar vom Braunschweiger Haus gewährten Pfandbesitzes an Forsten und Bergwerken, was auch den ertragreichen Rammelsberg einschloss; vgl. Franz Petri, Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig-Wolfenbüttel.
Ein niederdeutscher Territorialfürst im Zeitalter Luthers und Karis V., in: ARG 72, 1981, S. 122-158, hier 132f; Blume, Goslar 5-10. - Ausführlichere Darstellungen des Konflikts bieten Otto von Heinemann, Geschichte von Braunschweig und Hannover, Bd. 2, Gotha 1886, S. 345-369, und Paul Jonas Meier, Der Streit Heinrichs des Jüngeren von Braunschweig-Wolfenbüttel mit der Reichsstadt Goslar um den Rammelsberg, Goslar 1928. -Quellen und Forschungen zur Braunschweigischen Geschichte IX.
14 Am 18. Juli 1541 hatten die stimmberechtigten Stände in Regensburg den Fall Goslar als causa religionis anerkannt; s. Gabriele Schlütter-Schindler, Der Schmalkaldische Bund und das Problem der causa religionis, Frankfurt 1986. -Europäische Hochschulschriften III/283, S. 212f. Goslar war seit dem 25. Januar 1532 offizielles Mitglied des Schmalkaldischen Bundes.
15 entsetzen, befreien.
16 Im Frühjahr 1528 wurden die Stadtkirchen in Goslar den Protestanten übergeben; s. Blume, Goslar 5-10.


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vor und eh sy unser religion angenommen, habend sy vor dem camergricht gegen hertzog Hainrichen ire erlangte recht gehapt, 17 wiewol der kaiser 18 ouch domals, namlich vor gehaltnem rychstag zu Augspurg, wider der von Gosslar bewilligung de plenitudine potestatis 19 ain stillstand mitt der exequution wider den hertzog von Brunschwig geschafft hat. 20 Nachmals, als der truw gott die von Gosslar ouch mitt seinem wort begabt, hat es sich ouch by dem unseligen camergricht alles irenhalb umkert, das sy zu kainem glichen 21 noch rechten 22 mehr kommen mögen; dann wie sy in erfarung kommen, das sy der hertzog uberziechen 23 wollen, haben sy ain closter, an der statt und uff irem boden gelegen, verbrennt, damitt der statt daselbst her kain nachtail und schad vonn hertzogen zugefügt möcht werden. 24 Wie nun der hertzog in ire bergwerck d und hütten ingefallen, sind die burger ouch hinuß gefallen; hat yeder das syn erretten wellen; haben allso ettlich erwirgt, ettlich in den schmeltzhutten verbrent etc. 25 Alls aber die sach für das camergricht gewachsen, ist balder parteyen clag uff ain tag eingebracht, das yede parthey zu der anderen clagt, sy habe den landtfriden verprochen etc. 26
d Nach bergwerck ist werck wiederholt.
17 Goslar hatte sich im Streit um die Pfandlehen an das Reichsregiment in Regensburg und an das Reichskammergericht gewandt. Ein wirklicher Erfolg für Goslar war allerdings erst der Erlass des kaiserlichen Mandates vom 15. Mai 1528; s. Meier, aaO, S. 27f. Dessen Vollzug wurde jedoch mit dem Abschied von 1530 suspendiert (vgl. unten Anm. 20).
18 Karl V.
19 Die ursprünglich von der Kanonistik dem Papst zugesprochene oberste Gewalt, die plenitudo potestatis, wurde weitestgehend auch dem weltlichen Herrscher, hier also dem Kaiser, zuerkannt; vgl. Hans-Rudolf Hagemann, Die Rechtsgutachten des Bonifacius Amerbach. Basler Rechtskultur zur Zeit des Humanismus, Basel-Frankfurt am Main 1997; S. 42. 66; vgl. auch den Abschied vom 8. Oktober 1530, der ausdrücklich die kaiserliche Machtvollkommenheit erwähnt (s. die folgende Anm.).
20 Gemeint ist der nicht vor, sondern während des Augsburger Reichstages, nämlich am 8. Oktober 1530 erlassene Abschied, der eine Zwangsverwaltung der Hütten einsetzte; s. den Text des Abschiedes in Meier, aaO, S. 143-146.
21 Ausgleich.
22 Rechtsverfahren.
23 angreifen.
24 In dem sich entwickelnden Streit mit Goslar hatte Heinrich im Juli 1527 das nahe an der Stadt gelegene Kloster Riechenberg militärisch besetzt. Um die Besetzung weiterer strategisch günstig gelegener kirchlicher Gebäude und die damit verbundene Gefahr eines Angriffes zu umgehen, wurden die Klöster St. Georgenberg, St. Peterberg und weitere Gebäude am 22. Juli von den Goslarern zerstört; vgl. Dieter Demandt, Die Auseinandersetzung des Schmalkaldischen Bundes mit Herzog Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel im Briefwechsel des St. Galler Reformators Vadian, in: Zwa XXII, 1995, S. 45-66, hier S. 46; Blume, Goslar 8.
25 Im Verlauf der Auseinandersetzungen wurden auch herzogliche Schmelzhütten zerstört sowie herzogliche Arbeiter angegriffen; vgl. Schlauer-Schindler, aaO, S. 199.
26 Der Propst des Augustiner-Chorherrenstifts St. Georgenberg und Herzog Heinrich erhoben nach der Klosterzerstörung am Reichskammergericht Anklage gegen Goslar wegen Landfriedensbruchs, was Goslar umgekehrt auch tat; vgl. Blume, Goslar 9. Aufgrund der Einführung der Reformation in Goslar bezichtigte Heinrich die Stadt auch der Wiedertäuferei; vgl. Heinemann, aaO, S. 346.


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Da hat aber der hertzog so vyl practiciert 27 , das die camerrichter am ersten den sententz wider die von Gosslar geben und sy in die acht erkennt 28 und damitt ad agendum untüchtig 29 gemacht haben; dann inen der hertzog wyter in das recht antwurt ze geben nitt schuldig gewesen vermög der acht, und sind allso die fromen von Gosslar mytt mutwilliger 30 büberey 31 veruntruwt 32 und vervortailt worden, 254a r. || allso das sy der hertzog, glich nachdem sy in die acht erkendt worden, angryffen, ir bergwerck und hutten ingenommen, ouch all rent und gult 33 , und ist im die possession erkendt 34 worden; hat sy allso uber die masß für und für geplagt und getrengt, das der jamer nitt zu sagen ist, was sy ongefar acht jar von disem tyrannen erlitten haben. 35 Auff dem rychstag zu Regenspurg ist für und für by dem kaiser der von Gosslar sach fürgepracht 36 und darinn von den unsern ernstlich gehandelt, ouch so vyl erhalten, das der kaiser 37 inhibition hat usgehn lassen 38 und dem hertzog von Brunschwig selbs insinuieren, 39 welchs aber alles nichts verfachen mögen 40 ; sonder ist der tyrann fürgefaren. 41 Derhalb die unsern uff letstgehaltnem rychstag yetz zu Spyr 42 gar treffelich gehandelt und begert, das die von Gosslar von der acht ouch de plenitudine potestatis caesaris absolviert und reabilitiert wurden, active und passive 43 , wie sy sagend, wider den hertzogen im rechten furzefaren, welchs aber nitt erlangt werden mögen. Doch uff trungenlich der unsern anhalten und fürwendung, wa diß sach nitt abgeschafft, das die unsern knecht wider den Turcken 44 nitt schicken konnen 45
27 intrigiert.
28 Zur Verhängung der Reichsacht über Goslar am 25. Oktober 1540 und deren Vorgeschichte vgl. Blume, Goslar 60-76.
29 unfähig zu weiterem rechtlichem Vorgehen.
30 eigenmächtig, anmaßend.
31 Schandtat.
32 geschädigt.
33 Einkünfte, Erträge.
34 das Besitzrecht zuerkannt.
35 Heinrich war vom Kaiser mit der Vollstreckung der Reichsacht über Goslar beauftragt worden; zu seinem Handeln s. Blume, Goslar 76-85.
36 In Regensburg wurde am 2. und am 9. April 1541 eine Supplikation zugunsten Goslars an den Kaiser eingereicht; vgl. HBBW XI 198, PC III 179 mit Anm. 5.
37 Karl V.
38 Auf Bemühen des Schmalkaldischen Bundes, besonders Philipps von Hessen, gewährte Karl V. am 28. Januar 1541 eine vorläufige Suspension der gegen Goslar und Minden verhängten Acht, die in der
Regensburger Deklaration vom 29. Juli 1541 verlängert wurde.
39 Karl V. entsandte im Mai 1541 den kaiserlichen Kommissar Freiherr Christoph von Seiseneck nach Goslar, um die dortige Lage zu untersuchen; Petri, aaO, S. 144.
40 nichts genutzt hat.
41 Vgl. Blume, Goslar 85-92.
42 Die Eingabe der schmalkaldischen Bundesstände an König Ferdinand und die kaiserlichen Kommissare in Speyer erfolgte am 27. Februar; Abdruck in: RTA JR XII/2, Nr. 257b.
43 Gemeint ist wohl: mit Aktiv- und Passivlegitimation (als Kläger und Beklagte); s. auch die gleiche Formulierung in der Deklaration Ferdinands vom 10. April 1542 am Reichstag zu Speyer, RTA JR XII/2, Nr. 148, S. 819.
44 Sultan Suleiman I.
45 Die evangelischen Stände drohten mit der Verweigerung der Türkenhilfe, falls Goslar nicht unterstützt würde; RTA JR XII/2, Nr. 148 und 257f.


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und allso dasselbig werck zerstört werde, hat der kaiser ain suspension, quae habeat vim absolutionis, usgohn hat lassen 46 und dem hertzogen durch commissarios intimieren 47 mitt bevelch, das sich die commissarii aigentlich 48 erkundigen sollen, was der hertzog zwyschen den zway nechstgehaltnen rychstagen denen von Gosslar e abgetrungen hab, und verschaffen, das er sy widerum restituier. 49 Aber in summa: Der tyrann hat den hals gestreckt und erst sydher newen unflat mitt inen angefangen mitt innemung irer güter, die er durchnidergelegt 50 , ouch erstechung ettlicher knecht, 51 das allso die unsern vermög des abschieds uff nechstgehaltnem rychstag 52 disen zug fürgenomen 53 , damitt Gosslar und ouch der statt Brunschwig 54 geholffen werde.

Da well der lieb gott gnad und sterck zu geben. 254a v. || Dann hat diser tyrann der massen frevelich gehandelt mitt wissen und willen der synen, das ist unsers contrapundts 55 , so werden sy im yetzund helffen und bystand wider die unsern thain 56 müssen; 57 so habend wir allsdann schon ain landskrieg 58 und jamer im gantzen Teutschland, daruff unser aller sterben und verderben stat. 59 Hat aber gott disen tyrannen dermassen blendt 60 , das er on vorwissen und bewilligung seiner verwandten 61 des contrapundts solichen unlydlichen 62 frevel üben und sin aigen aubenthür 63 beston wellen, alls man sich dann gentzlich versicht 64 , es werde sich sin kain frommer ehrliebender

e denen von Gosslar am Rande ergänzt.
46 Die Deklaration Ferdinands und der kaiserlichen Kommissare für die evangelischen Stände vom 10. April 1542 enthielt eine Verlängerung der Suspension der Acht gegen Goslar verbunden mit einer völligen Absolution für die Dauer der Suspension; Text in RTA JR XII/2, Nr. 148.
47 anzeigen.
48 genau.
49 Siehe dazu das Mandat Ferdinands an Heinrich betreffend die Suspension, RTA JR XII/2, Nr. 257f. Eberhard von Freiberg und Johann Kneller erhielten den Auftrag, Verhandlungen mit Heinrich durchzuführen, um dessen Einhaltung der Suspension der Acht gegen Goslar zu gewährleisten; s. ebd., Anm. 16.
50 in Beschlag genommen hat.
51 Zu Heinrichs Feindseligkeiten nach der Suspension der Acht in Regensburg s. Blume, Goslar 103f.
52 Im Abschied vom 14. April 1542 verfügte der Schmalkaldische Bund, dass Goslar vom Bund Hilfe erbitten solle, falls Heinrich die Suspension der Acht nicht halte; RTA JR XII/2, Nr. 298.
53 Zu Vorbereitung, Durchführung und Ergebnis des Krieges gegen Heinrich durch den Schmalkaldischen Bund s. Blume, Goslar 97-116; Heinemann, aaO, S. 362-370.
54 Auch die Stadt Braunschweig war ähnlichen Feindseligkeiten von seiten Heinrichs wie Goslar ausgesetzt; s. Heinemann, aaO, S. 346-349.
55 Der Nürnberger Bund.
56 tun, leisten.
57 Entgegen Blarers Befürchtung lehnte der Nürnberger Bund, einschließlich Bayerns, eine Unterstützung Heinrichs ab; s. Petri, aaO, S. 146.
58 Krieg, in den das ganze Land verwickelt wird.
59 Auch die Gesandten am oberdeutschen Städtetag vom 8. Juli in Ulm teilten Blarers Bedenken; vgl. PC III 267, hier S. 278.
60 geblendet.
61 Bundesgenossen.
62 unerträglichen.
63 Kampf, Krieg.
64 da man dies erwartet.


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hierinn annemmen 65 , so wirt er bald ussgemachet 66 sin und sinen verdienten lon empfangen haben. Darum wir gott billich mitt hertz und glouben anrüffen sollend, das er sein gericht dermassen an disem bluthund üben und erzögen welle, das er allen andern sins gleichen ain erschrockelich exempel sey und pleybe, damitt kainer mehr dermassen ze handlen fürnemme.

Diß handlung hab ich euch in der yl gern wellen zu grundtlichem bericht der ursach unsers kriegs anzögen, der hoffnung, ir werdts behertzigen und den herren gott sampt unß um syg ernstlich anrüffen. Daneben kan ich euch, doch in hochem vertrauwen, nitt verhalten 67 , das der landgrauff 68 , nachdem man den hertzog von Brunschwig mitt gottes hilff ussgemacht hat und die sachen zwischen dem kaiser 69 und Frantzosen 70 nitt vertragen sind, 71 von stund an den gantzen hauffen kriegsvolck, wie er den by ainander haben würt, der kunigin Maria 72 in d[as]f Niderland 73 zufüren wirt, welches vorhaben vyl nachgedenckens hat 74 , warum es bescheche; darum wellts nienen 75 usskommen 76 lassen. In summa: Es wirt der kaiser all sein macht und sterck daran setzen, damitt im der Frantzoß nitt zu mechtig werde; daneben aber, wes sich die unsern für und für zu besorgen haben, ist unverborgen. Es gerath, welchen weg es möge, wirt unser halb weder frid noch gnad sein. 77 Aber noch ist der lieb gott der allermechtigest; der ||254b r. wirt und will unß, wie er ouch bysanher gethon hat, von allem gwalt der finsternuß vätterlich ereddten; allain das wir unß mitt besserung und rechter kuntschafft 78 unsers globens zu im schicktind, wurden wir gewiss sine grosse wunder sechen.

Wellt mir meinem insunder gunstigen, lieben herren und freund b[urgermaister] Rösten 79 vyl dienst und grutz mitt empietung alles guten sagen. Wa ich im und euch dienstlichen willen bewysen köndt, byn ich ungespart 80 . Ich

f Über das ein Tintenfleck.
65 für ihn Partei ergreifen.
66 überwunden.
67 vorenthalten.
68 Philipp von Hessen.
69 Karl V.
70 König Franz I.
71 Franz I. hatte dem Kaiser am 12. Juli den Krieg erklärt, s. Ch[arles]Weiss (Hg.), Papiers d'état du cardinal de Granvelle, d'après les manuscrits de la bibliothèque de Besanaeon, Bd. II, Paris 1841, S. 628-631, Nr. CXLII.
72 Maria (1505-1558) war die Schwester Karls V. und wurde durch die Heirat mit Ludwig II. 1521 Königin von Ungarn, das sie bald nach der Schlacht von Mohács
verlassen musste. Nach dem Tod ihrer Tante Margarete von Österreich 1531 folgte sie dieser als Regentin der Niederlande (bis 1556) nach. - Lit.: Gernot Heiss, in: NDB XVI 207-209 (mit weiterer Lit.).
73 Zur Lage in den Niederlanden s. Brandi 409f.
74 Bedenken erweckt.
75 nirgends, nirgendwo.
76 bekannt geben, entdecken.
77 Wie es auch ausgehen mag, wird es uns weder Frieden noch (kaiserliche) Gnade bringen.
78 Bekenntnis.
79 Diethelm Röist.
80 halte ich mich nicht zurück.


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wart all tag nuwer zytung von Augspurg; so mir die zukompt, lass ich euch als dann weyter wissen. Kan yetzund nitt mehr.

Die Zwicken 81 lassen euch fruntlich und brüderlich grüssen. Min lieber bruder Thomas 82 ist in meiner herren geschefft gen Ulm geritten, 83 soll uff hinacht oder morn 84 widerum kommen; möcht 85 ouch etwas zytung bringen.

Quod filiolum 86 extulisti, gratulandum nobis potius quam dolendum, quod mature angelis similis evasit omnibus iam humanis turbis et periculis superior factus. O quam vere beati mortui, qui isto omnium rerum exulceratissimo et deploratissimo statu in domino moriuntur!

Tu nos et ecclesiam nostram christianice g et sedulo servatori Christo commenda et insubidae h scriptioni amanter ignosce, quando non licuit aliter. Saluta omnes symmystas et administros, inprimis Gvaltherum nostrum, cuius literis 87 , ita me ille amet, respondere nunc haudquaquam potui; animus vero meus erga optimum iuvenem magis atque magis amore incalescit, quum audiam eum tanta fide et diligentia, gratia et felicitate Christi caussam etiam pro concione agere. Dominus illum nobis diutissime servet incolumem. Vale iterum atque iterum, anima mea in domino.

15. iulii anno 1542.

Tuus A. B.

[Adresse auf der Rückseite:] Bullingero s[uo]i . Tiguri.