Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[834]

Ulrich Wirz an
Bullinger
[Aarau],
31. Mai 1536

Autograph: Zürich StA, E II 340, 78 (Siegelspur) Ungedruckt

Bullinger hat vorgeschlagen, dem Vormund [von Dorothea Wirz] die Meinung des Mädchens mitzuteilen und, falls dieser [ihrer Ehe mit Jakob Walder] dennoch nicht zustimmt, die Sache Heinrich [Lochmann] zu übergeben. Wirz war nicht bei[m?] Müller dem Vormund, und kann deshalb nicht mit [Sulpitius Haller] verhandeln, will sich aber um die Angelegenheit kümmern. Falls das Gerücht zutreffen sollte, die Ehe sei bereits vollzogen, wäre die Verwandtschaft wohl leicht zum Einlenken zu bewegen, doch vorsätzliches Umgehen der Gesetze ist nicht ratsam. Bittet um Nachricht über den wahren Sachverhalt und warnt vor Vertrauen auf die falschen Leute.

9 Erasmus Ritter.
10 Benedikt Burgauer.
11 Termin gegeben (SI XII 1076f).
12 Zum Streit der Schaffhauser Pfarrer, der an diesem Samstag, dem 3. Juni 1536, vom Großen Rat mit der Entlassung der beiden beendet wurde, vgl. Wipf 303- 310.
13 Die Schaffhauser Hauptleute Kaspar Ringk und Thomas Spiegelberg hatten dem französischen Gesandten am 27. Mai vertraglich zugesichert, bis zum 1. Juni je 500 Söldner anzuwerben (vgl. oben Nr. 832, bes. Anm. 2). Sie wurden dafür in
der Folge vom Rat gebüßt (vgl. Rüeger II 954, Anm. 2).
14 Der französische Gesandte Louis Daugerant de Boisrigaut, der im Mai im benachbarten Thurgau Söldner anwarb (vgl. EA IV/1c 694 a), hielt sich wohl auch in Schaffhausen auf; denn Vogt Cornel Schultheiß in Kaiserstuhl berichtete Bürgermeister Röist am 24. Mai 1536 heimlich, die französische Botschaft, die sich einige Zeit in Schaffhausen aufgehalten habe, sei zum Frühstück in Kaiserstuhl angekommen (Zürich StA, A 166. 2).


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Gnad und frid von gott durch Jesum Christum etc.

Günstiger, lieber und christlicher herr und bruder, üwer schriben 1 han ich wol verstanden, namlich das ir bsorgen, der vogt 2 sye dem handel 3 nit günstig. Denen har dücht es üch villicht fruchtbarer, das wir dem vogt des meitlis meinung anzeigtind, und so dan der vogt den wyllen drin gäb, wär wol und gut; wo das nit, das wir dan Heyrichen 4 empfelen die sach. Hieruber ist das min antwurt, das ich nit bim müller 5 , bins meytlis vogt, gsin. Deshalb stat es mir nit zu, mit dem obervogt 6 zuhandlen. so ich nit weis, ob er bi im gsin ist oder nit. So ich aber zu im kum, wend wir lugen 7 , wie der sach gschäche. Wiewol, nach dem 8 ich von miner frouwen 9 vernim, die es dan a vonn eim, dem die sach gheim und wüssend 10 hatt, dörffte es des nüt 11 . Dan es ist die sag heiter 12 , sy habend einander selbs genommen. Wo dem nun also, wüßt ich abermals b kein besseren rat, dan das ir an obervogt wurbind 13 , das er üch, die wil es doch gschächen wär, hulffe, die früntschafft 14 bereden, und wan das gschicht, acht ich, die früntschafft, wie wol sy sin sust gantz und gar nit zfriden w[e]rd c sin, si werd die milch bald nider lassen 15 . So es aber nach nit uberhen 16 wer, ist min rat nit, das sy es thügen; dan ir mögen wol dencken, was es üch und dem herren 17 bringen mocht, wan ir üwere decreta, die ir seib gemacht, überträten 18 . Hierum so ist min bitt, ir wellen so wol thun und mir eyswegs 19 , nach dem ir d die warheit am meitlin und knaben erfaren, kunthun, damit ich kön mit dem vogt darnach handlen. Ich bsorg, ir truwen etschlichen lüten 20 , die an 21 zwifel das e spil vorhin ouch verhönt 22 , zevil. Da mit sind gott bevolen.

Datum ultima maii anno 1536 f .

a vor es gestrichenes d; dan korrigiert aus das.
b vor abermals gestrichenes k.
c wegen Tintenflecks nur teilweise lesbar.
d ir korrigiert aus irs.
e das am Rande nachgetragen.
f vor 1536 gestrichenes 156.
1 Nicht erhalten.
2 Der Vormund von Dorothea Wirz, vgl. unten Z. 7 mit Anm. 5.
3 Gemeint ist die Verheiratung von Dorothea Wirz mit Jakob Walder, s. oben Nr. 782, Anm. 4.
4 Heinrich Lochmann.
5 Ob es sich uni einen Namen oder um eine Berufsbezeichnung handelt, bleibt unklar. Im Gabenrodel des Hochzeitspaares (s. unten Nr. 865, Anm. 10) sind mehrere Personen dieses Namens verzeichnet.
6 Sulpitius Haller Landvogt zu Lenzburg.
7 schauen.
8 gemäß dem, was.
9 Nicht namentlich bekannt.
10 vertraut (SI II 1280) und bekannt ist.
11 wäre das alles nicht [mehr]nötig.
12 man sagt offen.
13 bittend gelangt (Grimm XIV/I 2 170).
14 Verwandten (SI I 1307f).
15 einlenken (zur Redensart vgl. SI III 1411; Wander III 659f, Nr. 62. 80).
16 vorüber, im Sinne von: geschehen (SI II 1323f).
17 Bürgermeister Heinrich Walder.
18 Laut Ehegerichtsordnung von 1525 waren Ehen von Personen unter 19 Jahren nur mit Zustimmung der Eltern bzw. des Vormundes erlaubt; s. Z IV 184, 19-24.
19 so oder so, auf jeden Fall (s. Schwäbisches Wörterbuch, bearb. v. Hermann Fischer, Bd. II, Tübingen 1908, Sp. 598).
20 Ihr traut etlichen Leuten (Heinrich Lochmann?) ... zu sehr.
21 ohne.
22 verdorben (SI II 1365f).


Briefe_Vol_06_311arpa

Üwer allzit williger Ulrich

Wirtz.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem erwirdigen, hoch und wolgelerten herren Meister Heirich Bullinger, predicanten zu Zürich, minem insunders gunstigen, lieben herren und christlichen bruder zu hand.