Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[824]

Johannes Stumpf an
Bullinger
Bubikon,
18. Mai 1536

Autograph: Zürich StA, E II 343, 120 (Siegelspur) Ungedruckt

Auskünfte über die Kaplanei Goßau kann Bullinger bei Heinrich Utinger, der sich mit Erhard Blarer besprochen hat, einholen. Hofft, daß Heinrich Dürst die Pfarrei Seegräben oder eine andere Pfarrei bekommt; bittet, diesem auf jeden Fall zu einer ausreichend dotierten Pfarrei zu verhelfen. Schickt weitere Teile des Manuskripts zur Druckausgabe seiner Chronik und verlangt das neunte Buch seiner ursprünglichen Fassung zurück.

Gratiam et pacem a deo patre et domino nostro Iesu Christo etc.

Lieber her und bruder, wie ir berichts begerend 1 der caplony Gossow halb, so findend ir alien den bericht, so ich von juncker Erharten Plaurern 2 hab, ouch volkommenlich by her Heinrich Utingern, by welchem gemelter juncker geweßen und deßhalb red mit im gehalten hatt 3 ; deßhalb uch vil mit mynem schryben za bemüegen unnöttig ist etc.

Wytter, lieber bruder, nach dem Seegreben durch den abzug her Heinrichen Meßickons 4 ledig wirt, verston ich, als solte her Heinrich Michel 5 , diener zu Odwyl, dahin kommen. Da ich aber besorg, unser herren werdind der besoldung halb die hand nit vom hertzen thon 6 , so es das closter Rütti antrifft 7 .

1 Ein diesbezüglicher Brief Bullingers ist nicht erhalten.
2 Junker Erhard Blarer von Wartensee, gest. 1553, besaß die Herrschaft Kempten (Kt. Zürich), die durch Heirat 1460 an semen Vater Kaspar gekommen war. 1510 erweiterte er sie um die Gerichtsherrschaft Werdegg. Er war verburgrechtet mit Zürich (Ausburger) und mit Margaretha Grebel verheiratet. — Lit.: Jakob Streuli, Die Freiherren von Wetzikon und von Kempten. Ein Beitrag zur Geschichte des Zürcher Oberlandes, in: Zürcher Taschenbuch 1991, NF 111, 1990, S. 55; Zürich ZB, Ms Z II 1, 247; Felix Meier, Geschichte der Gemeinde Wetzikon, Zürich 1881, S. 76. 420.
3 Der Rat beabsichtigte, aus der Kaplanei Goßau, deren Erträge für Kirchgemeindezwecke genutzt wurden, ein Diakonat zu errichten (vgl. die beiden Schreiben des Grüninger Landvogts Hans Bleuler vorn 15. und 23. August 1536 an den Rat, Zürich StA, E I 30. 48, die Zusammenstellung
der Kaplaneien von Stumpf, [1537], ebd., E 112. 1, sowie den Brief der Pfarrer des [Wetzikoner]Kapitels an Bullinger und Jud, 27. März 1537, Zürich ZB, Ms A 70, 335f). Erhard Blarer, Lehensherr der Kaplanei, hatte sich wohl darüber mit Utinger besprochen.
4 Heinrich Messikommer (Messikon), von Rapperswil (Kt. St. Gallen), gest. 1563, ehemals Konventual im Kloster Rüti, war 1526-1532 Pfarrer in Seegräben, dann bis 1534 Diakon in Goßau und von 1536 an bis zu seiner krankheitsbedingten Entlassung 1562 Pfarrer in Weißlingen. — Lit.: Hermann Brüngger, Geschichte der Gemeinde Weißlingen von der Urzeit bis zur Gegenwart, Weißlingen 1949, S. 77; Meier, aaO, S. 420; Pfarrerbuch 427.
5 Heinrich Dürst. —Vgl. auch die Empfehlung Dürsts durch Hans Bleuler, oben Nr. 789.
6 sie werden sich nicht offenherzig zeigen.
7 Eine Besoldungsaufbesserung hätte die Rechnung des Klosteramtes Rüti belastet;


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solt dan der gut, fromm gsel, der a bißhar lange zyt mit synen kindlinen armut erlitten hatt, abermals in ein kleine oder arme begangenschafft 8 getruckt werden, darmit im b bessers zuerwarten die hoffnung abgestrikt 9 werden mocht, das were mir fürwar leyd. Hierumb hab ich in zu uch gefertiget, im beraten und behulffen zusyn, nach dem ir achtend 10 der eer gottes am minsten c nachteylig. der kilchen nützlich und im und synen kinden erschießlich 11 syn; das wit ich myns theyls umb üch, und wer hierzu helffen mag, gern und früntlich verdienen. Herumb, wo ir den gemelten her Heinrichen hin ordnend, ist gut, allein, das er mit sovil kinden nit in ein nüw ellend gesetzt werde. Hiemit sind dem hern bevolhen.

Ich schick uch hiemit das ander 12 buch und den anfang des dritten myner arbeit 13 ; das wöllend besehen d . Es ist vil falsch darin, dann ich alle ding in grosßer yl gemacht hab. Das erst buch ist nit gerecht 14 , als ir wol wüsßend 15 ; so es aber volkommen, wirt es uch ouch zukommen. Schickend mir myn lettst buch, das real 16 , verbunden 17 und mit uwerm bitschett 18 verwart etc.

Ex Bubicken, die 18. maii anno etc. 1536.

Tuus Io. Stumpff subscripsit.

[Adresse auf der Rückseite:] An Meyster Heinrichen Bullingern, synen lieben herm und bruder.

a vor der gestrichenes mit geringer narun.
b im über gestrichenem er.
c vor minsten gestrichenes misten.
d vor besehen gestrichenes besch.
denn die Pfarrei Seegräben war Lehen des säkularisierten Klosters Rüti (vgl. Meier, aaO, S. 420f).
8 eine schlecht bezahlte Stelle (vgl. SI II 354f).
9 genommen (SI XI 2194-2196).
'° befindet, meint (SI I 80).
11 ersprießlich, nutzbringend.
12 zweite.
13 Zu Stumpfs Arbeit an der Druckausgabe der Chronik vgl. oben Nr. 710 mit Anm. 22 und Nr. 774 mit Anm. 17.
14 fertig ausgearbeitet (vgl. SI VI 224-226).
15 Vgl. dazu oben Nr. 774, 23-26.
16 ursprüngliche, echte (vgl. SI VI 1). — Stumpf hatte das letzte, neunte Buch seiner ursprünglichen großen Chronik am 3. Januar 1536 Bullinger zugestellt (s. oben Nr. 710, 3f).
17 eingepackt (SI IV 1352).
18 Petschaft, d. h. von Bullinger versiegelt (SI IV 1931).