[2776]
Autograph: St. Gallen Kantonsbibliothek (Vadiana), Ms 35 (VBS VI), 224r.-v. (Siegelspur) Zusammenfassende Ubersetzung: Blarer BW II 579, Nr. 1401
[1] Am Vortag hat Bullinger dem Konstanzer Boten [...] einen Brief [Nr. 2774]mitgegeben.
Als er nun aus der Kirche zurückkam, wo er, wie in Zürich üblich, eine lateinische [Karlstags]rede
vor den Pfarrern gehalten hat, fand er Blarers Brief [Nr. 2775] vor. Als er dann zum
Bürgermeister [Hans Rudolf Lavater?] wollte, wurde ihm gesagt, dass dieser wegen eines
eingetroffenen Briefs aus Konstanz [vom 26. Januar 1547] in einer Ratssitzung sei. Unterdessen
nutzt Bullinger die Zeit, um zu schreiben. —[2]Blarer sei für seinen Brief und für die
freundliche Aufnahme des von Bullinger in Sorgen verfassten Schreibens [Nr. 2767]gedankt.
Gott und die ewige Wahrheit bleiben der Fels! Ihn bitte man um Gnade. ihm ergebe man sich
gänzlich. Sein Wille geschehe. [Blarer und Bullinger], die im selben Boot sitzen, mögen bis in
den Tod treu ihre Pflicht ausüben. —[3] in ihrer beider Namen soll Blarer an Georg Frölich
und Johannes Haller schreiben und diese auffordern, in Augsburg zu bleiben, solange es noch
einen Grund zur Hoffnung gibt. Die Stadt jetzt schon zu verlassen, wäre verfrüht. Zudem sind
die Menschen in Zürich genauso wankelmütig wie in Augsburg. —[4]Bullinger wüsste nicht,
dass die Eidgenossen [an der letzten Tagsatzung] beschlossen hätten [an der künftigen Tagsatzung
den Fall Konstanz nicht mehr zu behandeln]. Bullinger verhehlt Blarer nichts. Die
Verräter werden stets falsche Gerüchte in Umlauf bringen. Genauso wenig hat Bulliger etwas
über eine künftige Tagsatzung gehört, an der die Angelegenheiten zwischen Frankreich und
den Eidgenossen behandelt werden sollen. Sollte eine Tagsatzung angesetzt werden, wird er
sogleich darüber berichten. Fest steht, dass, wenn Franz I. Söldner anfordert, es dazu keiner
Tagsatzung bedarf Das Geld für die Söldner liegt schon in Basel bereit, und ob die Amtsleute
der inneren Orte es wollen oder nicht, sollte Franz I. es wollen, wird das Reislaufen spätestens
am 1. März beginnen. — [5] Wenn Kaiser Karl V. noch lebt und atmet und nicht schon vom
Wasser des Styx trinkt, besteht er dennoch nur aus Fleisch, und Blut und wird daher nur das tun
können, was Gott ihm erlaubt. Letzterem ist zu vertrauen! ihn muss man verkündigen! Und
musste man deswegen sterben, wäre es ein Gewinn. —[6] Grüße, auch an Frau [Katharina,
geb. Ryff] und Kinder, an Thomas Blarer und Konrad Zwick, denen Bullinger all das Seine
anbietet, solange er lebt. —[7][P.5..] Sollte Herzog Christoph [von Württemberg aus Basel]
vertrieben werden, dann wird man gut feststellen können, daß die [Eidgenossen] genauso
untauglich und unzuverlässig sind wie andere auch.Briefe_Vol_19-210 arpa
Gnad und frid. Gester hab ich by üwerm löuffer 1 geschriben 2 . Jetzund 3 kumm ich grad uß der kirchen. Hab Latinam collationem than 4 pro clero 5 , ut moris est; 6 so find ich üwer schriben 7 uff dem disch. Als ich zum herren 8 gewölt, zeigt man mir an, er sye imm radt üwer herren brieffen 9 halb. Dorumb müß ich jetzund schriben, diewyl ich wyl 10 hab. Wil aber hernach wyter reden mit minem herren, etc.
Ich danck üch vast trüwlich üwers flyssigen schriben. Danck gott, das ir mir min angefochten 12 , ungeordnet schryben 13 so früntlich angenommen. In summa: Gott und die eewig warheyt sye unser felß. Uff den wöllend wir gründen, 14 inn umb gnad bitten. Faciat ipse, quod bonum videtur in oculis suis. 15 Wir wöllend uns in todt und läben gäben, wie er wil mitt sinen gnaden. Gwüß, wie es üch, also uns. Wir wöllend amm wagen heben 16 und unser ampt thun, diewyl 17 wir könend.
Bitt ouch umb gotts willen, ir schribind Laeto 18 und Hallero 19 in üwerm und minem namen, sy wöllind nitt wychen, biß sy sähind, das nut mee ze hoffen. Die zyt aber ist gwüß noch nitt hie. Was sy dört verlassend, findent sy hie. Dorumb syend dappffer; wychind nitt.
Das gmein Eydgnossen sich des entschlossen, 20 ist mir by der warheit nitt ze wüssen. Verhallt 21 üch weder güts noch baß. Es mögend wol proditores vil hin und wider sagen nach irem willen. Ich weiß von keinem tag, der angesetzt sye den Eydgnossen oder Frantzosen, 22 dann 23 sy von einandren one tagsatzung zerritten. Wurde aber neißwas 24 angesetzt, das ich wüste 25 ,
Briefe_Vol_19-211 | arpa |
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wil ich anzeigen. So der Franzoß 26 die knächt begärt, vragt er keinem tage 27 mee nach. Das gällt ligt zü Basel. Acht wol, olygarchae 28 wöllind oder nitt, so der Franzos fürfart 29 , wirt uff 1. martii das glöuff 30 und darvor angan 31 .
Quod si vivit adhuc caesar 32 et vescitur aura aetherea 33 nec adhuc bibit de Stygia palude, 34 certum est illum esse carnem et non spiritum, nec plura illum effecturum, quam deus ipse permiserit. 35 Huic credamus, illum annunciemus facientes nostrum officium! Mon lucrum erit. 36
Vale aeternum || 224v. cum uxore 37 et liberis 38 , fratre 39 et consobrino 40 , quibus, utcunque res cedat, omnia mea offero, donec ipse vixero et locum habuero in terris. Tiguri, 28. ianuarii 1547.
Bullingerus tuus.
Wenn man hertzog Christoff 41 vertriben last, sicht man, das wir ouch nut söllend 42 und das man uns eben truwen sol wie ander lüten. Omnis caro foenum. 43 V[erbum] d[omini] m[anet] i[n] ae[ternum]44
[Adresse darunter:1 [Min]em früntlichen, [hebeln herren und [brüder] m. Ambro[sien B]laureren, [predican]ten zü Constantz. b