Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2632]

Oswald Myconius
an Bullinger
Basel,
18. Oktober 1546

Autograph: Zürich StA, E II 336a, 254 (neu: 271)(Siegel) Ungedruckt

[1]Myconius hofft und betet weiter, dass Gott die weder menschliche noch türkische, sondern gänzlich spanische und antichristliche Grausamkeit [der Kaiserlichen] hart bestrafen wird. Über den [angeblichen Verrat Sebastian] Schertlins hatten andere berichtet, nicht Bullinger. Dessen Brief (Nr. 2607] hat Myconius schon richtig verstanden! — [2] Kaiser (Karl V.] hat vom [Kurfürsten Friedrich II. von der]Pfalz verlangt, in dessen Territorium überwintern zu dürfen. Doch nach der Meinung erfahrener Leute tut der Kaiser stets das Gegenteil von dem, was er sagt. [3] Wie Myconius hört, ist das, was Ambrosius [Blarer] neulich über [König Heinrich VIII. von]England schrieb, unbegründet, denn dieser wolle dem Kaiser treu bleiben. [4] Ein Edelmann [...] schrieb aus dem Feldlager, die Spanier hätten einer hochschwangeren Frau [...], die sich ihnen verweigerte, zuerst die Finger und dann die Brüste abgeschnitten und sie so getötet. [5]Gruß. Man bitte den Herrn, sein Wort zu schützen!

S. A spe nondum deficio. Dominus crudelitati non humanae, non Turcicae, sed omnino Hispanice et antichristianae modum sistet, imo graviter puniet! Id quod et orabimus. De Schertlino non tu scripsisti, sed alii dixerunt. 1 Equidem tua 2 sane intellexi.

Petiit caesar 3 a Palatino 4 hybernare in ditione ipsius. 5 Experti dicunt: Ergo in animo est longe diversissimum; sic enim est cesar, ut, dum hoc dicit, contrarium significet.

De Anglo 6 adio nihil esse, 7 quod proxime significatum per Ambrosium 8 ; fidem enim servare velle datam caesari.

102 Vorliegender Brief verließ Augsburg erst am 24. Oktober, zusammen mit den am 23. Oktober verfassten Briefen Frölichs Nr. 2639 und Hallers Nr. 2640. Die Briefe wurden von Hieronymus Gunz nach Zürich mitgenommen; s. Nr. 2640,1-4; Nr. 2653,33f.
1 Myconius bezieht sich hier auf seine Mitteilung in Nr. 2625,1-3, in der er berichtet hatte, dass Schertlin in Basel für einen Verräter gehalten wurde; eine Stelle, über deren Bedeutung Bullinger sich offensichtlich nicht im Klaren war; s. Nr. 2625, Anm. 4.
2 Bullingers Brief vom 5. Oktober, in dem er ankündigte, dass die Öffentlichkeit
bald über einen weiteren Verräter erfahren würde; s. Nr. 2607,7-9.
3 Karl V.
4 Kurfürst Friedrich II. von der Pfalz.
5 Siehe dazu Hasenciever, Kurpfalz I 24f. — Zum hier wohl gemeinten Gebiet s. Nr. 2624, Anm. 17.
6 König Heinrich VIII. von England.
7 Gemeint ist das Gerücht von einer Hilfeleistung Englands an die Schmalkaldener; vgl. Nr. 2607, Anm. 37.
8 Ambrosius Blarer. — Eine entsprechende Mitteilung Blarers an Myconius ist nicht bekannt. Doch hat Blarer über die Verhandlungen der Schmalkaldener mit Frankreich und England z.B. in Nr. 2618,34-36, an Bullinger berichtet.


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Scripsit vir nobilis 9 ex castris venisse Hispanos ad mulierem gravidam 10 et iam partui proximam. Dumque noluerit obtemperare votis, amputasse illi primo digitos, deinde mammas, et ita eam extinctam. O deus! Hec ideo, quia plura non p[ossum]a .

Vale in domino lesu. Orabimus dominum, ut tueatur verbum suum. Basilee, 18. octobris anno 1546.

Tuus Os. Myconius.

[Adresse auf der Rückseite:] D. Heinricho Bullingero, in domino venerando suo.