Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2601]

Bullinger
an Oswald Myconius
Zürich,
30. September 1546

Autograph: Zürich StA. E II 342, 150 (Siegelabdruck) Ungedruckt

Wenn Bullinger nur Besseres melden könnte ... —Die Kaiserlichen haben durch Verrat das dem Herzog Ottheinrich gehörende [Städtchen] Neuburg a.d. Donau eingenommen. Die in der Nähe lagernden [Schmalkaldener] haben sich nicht gerächt. Bürger wurden erstochen, viele Frauen schändlich entehrt. Es wird wohl zu einem Benjaminiter-Krieg Is. Ri 19f]kommen, und das 100'000 Mann starke [schmalkaldische] Heer bringt nichts zustande! [Kurfürst Johann

24 Jakob Gessner.
25 Petrus Dasypodius, Schulleiter in Straßburg.
26 Zu dieser wohl im August stattgefundenen Vorladung, zu der auch Marbach erschien, s. CO CXII 440f.
27 Dies entspricht dem hier öfters zitierten Brief, der erst am 6. Dezember 1546 (CO XII 437-442) verfasst und wohl absichtlich nicht von Bucer unterschrieben wurde.
28 Zu dieser Antwort kam es erst am 10. Januar 1547 (CO XII 462-466).
29 Unbekannt. —Man weiß, dass die Studierenden Marbachs Wohnhaus verlassen wollten, und dass Zingg dies als erster tat, wahrscheinlich noch im August; s. CO XII 441. Wohin die zwei Zürcher zogen, ist unbekannt. Daraufhin werden sie (zumindest Lavater) noch ein drittes Mal umgezogen sein, nämlich zu Matthias Zell; s. Lavater an Bullinger, 16. Oktober 1546 (CO XII 397).
30 Adagia 1, 2, 36 (ASD II/I 250, Nr. 136).


Briefe_Vol_17-513arpa

Friedrich I. von Sachsen und Philipp von Hessen] wollen nun, dass Basel, Bern, Schaffhausen und Zürich Kaiser [Karl V.]angreifen und in seine Länder einfallen. Der Zürcher Rat ist aber dazu nicht bereit, zumal das Nachbarland ohnehin [nicht dem Kaiser, sondern] Österreich gehört. Man müsste Burgund besetzen, aber das wird man kaum tun. Es scheint auch nicht ratsam zu sein. Vieles missfällt Bullinger. Vielleicht aber versteht er nichts von der Sache —Aufruf zum Gebet.

Gnad und frid. Gott wöllte, ich könde üch vil guts schriben. Es stat aber, alls es mag

Nüwenburg an der Tonow 1 , hertzog Ott Heinrychen ztighörig, ist gewunnen und verräterlich yngnommen von den keyserischen. Ettlich burger sind erstochen, vil frowen und junckfrowen schantlich geschwecht 2 , lasterlich mißhandlet, etc. Ich besorg (so 3 die 5 unsern grad 4 zu Tonawerd gelägen, und noch 6 , und sölich jomer nitt gerochen 7 ) a , werd nahin 8 der Benjamitern krieg daruß. 9 Die 10 unsern ligend da in hundert tusend starck, beschicht aber nut dappffers!

Beid fürsten 11 und das rych begärt 12 jetzund an die von Zürych, Bern, Basel, Schaffhusen, etc., das sy demnächsten uff den keyser 13 angryffind und imm sin land ynnämind. Sind min herren 14 nitt willig, dann alles hieumb ist Österrychisch. Burgund ist keyserisch. Dahin müstend wir ziehen. Gloub nitt, das es beschäch, nec mihi consultum videtur. Haec tibi in sinum. Plura mihi valde displicent, sed forte non intelligo mysteria

Oremus dominum, mi frater! Vale. Ultima septembris 1546.

Bullinger.

[Adresse auf der Rückseite:] Clarissimo viro d. Osvaldo Myconio, domino et fratri semper colendo suo. Basel.

a Klammern ergänzt.
1 Zur Einnahme Neuburgs ad. Donau s. Nr. 2596,27-40; Nr. 2599,11-13.
2 vergewaltigt.
3 da.
4 (damals) gerade.
5 Donauwörth.
6 nahe (von Neuburg).
7 gerächt haben.
8 hernach.
9 Anspielung auf die in Ri 19f geschilderte
Geschichte. — Die hier gemachten Äußerungen beruhen wohl auf Nr. 2596,33-39 und 68f.
10 geschieht.
11 Johann Friedrich I. von Sachsen und Philipp von Hessen.
12 Siehe dazu Nr. 2599, Anm. 20.
13 Karl V.
14 Der Zürcher Rat.