Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2554]

Martin Borrhaus
an Bullinger
Basel,
[um
27. August 1546]

Autograph: Zürich StA, E II 343a, 317 (Siegelspur) Ungedruckt

Borrhaus empfiehlt den Überbringer dieses Briefes [Francisco de Enzinas], einen gelehrten Spanier, der vom Evangelium begeistert ist und nun die Zürcher und einige andere Kirchen kennenlernen möchte. In diesen trübseligen Zeiten stellen solche Menschen einen großen Trost dar, denn durch sie spürt man, was für eine Macht das Evangelium besitzt. Während die Feinde vergebens versuchen, das Evangelium in Deutschland auszurotten, kann man feststellen, wie es in anderen Ländern Fuß fasst und gedeiht. Der [durch Christus errichtete] Neue Bund, dank dem wir durch die Macht des Geistes zu neuen Geschöpfen wurden, ist wunderbar und unbesiegbar!

5 Siehe dazu Nr. 2540, Anm. 24.
6 Es handelte sich um die Schweizer Fähnlein, die Ende Juli/Anfang August in Memmingen nachgewiesen sind (s. Nr. 2524,100-102) und in diesen Tagen von den Memmingern wieder zurückgefordert wurden; s. Sebastian Schertlins Brief an Georg Herwart vom 26. August 1546 (Herberger, Schertlin 181).
7 Anna Bullinger, geb. Adlischwyler.
1 Das Jahr lässt sich aus unten Z. 12f erschließen. Die Bezeichnung des hier
Empfohlenen als "homo doctus"(s. unten Z. 5f) regt zu einer etwaigen Verknüpfung mit dem von Myconius am 27. August 1546 empfohlenen "valde doctus" (s. Nr. 2555,20) an. Die Datierung auf das Jahr 1546 und die Angabe unten Z. 1, laut der der Gelehrte ein Spanier war, lassen vermuten, dass damit Francisco de Enzinas gemeint sein könnte. Das, was über diesen in Bezug auf das Jahr 1546 noch bekannt ist (s. Anm. 2), erhärtet wiederum den Datierungsvorschlag.


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Gratia a domino. Qui has reddit, clarissirne Bullingere, Hispanus est, homo 2 Christi amore et eius evangelii cognoscendi studio flagrans, quo adductus vestre ecclesiae statum considerandi gratia ad vos proficiscitur, qui alias 3 quasdam quoque perlustrasset. Itaque hunc ut commendatum haberes (quamvis, ut te hortarer, non esse opus intelligerern) a , effecit tamen hominis boni et docti probitas, ut has qualescunque (quibus tum is in tuam amicitiam insinuaretur, tum ego quasi ex cineribus veteris 4 benevolentie igniculos suscitarern) literas ad te scriberem.

Caeterum de presentium rerum statu cum b nihil occurrat, de quo certiorem te reddam, in his sane temporibus longe difficillimis Hispanus is noster et eius similes maximopere consolari nos possunt; ex quibus cognoscere, quanta vis sit coelestis evangelii, 5 liceat. Hanc 6 enim, dum apud Germanos hostes omni ope, studio et diligentia, sed vana, labefactare moliuntur, eam apud

a Dieses und die nächsten Klammernpaare ergänzt.
b cum über der Zeile nachgetragen.
2 Francisco de Enzinas (Dryander), geb. 1. November 1518 (s. Herminjard IX 462) in Burgos, gest. 30. Dezember 1552 in Straßburg an der Pest. Studium in Löwen und Wittenberg, wo er sich im Juni 1539 bzw. Oktober 1541 immatrikulieren ließ. Auf Anregung von Philipp Melanchthon übersetzte er das NT vom Griechischen ins Spanische (gedruckt 1543 in Antwerpen). Im November 1543 schenkte er es Kaiser Karl V., der ihn im Dezember in Brüssel verhaften ließ. Im Februar 1545 konnte er dem Gefängnis entkommen und hielt sich danach an verschiedenen Orten auf, u.a. in Antwerpen, Wittenberg (März 1545-Juni 1546) und Italien (Juli). Am 12. August 1546 wird er mit einem in Heidelberg verfassten Brief an Bonifacius Amerbach empfohlen: er habe vor, Basel ..et caeteras quoque urbes Helveticas" zu besuchen (AK VI 305f vgl. mit unten Z. 2-4). Er reiste über Straßburg (s. Blarer BW II 493, Nr. 1333; Vadian BW VI 561, Nr.1492) nach Basel, von dort (mit Nr. 2555 und dem vorliegenden Brief) nach Zürich (Abreise am 1. oder 2. September), St. Gallen, Lindau und Konstanz (s. Nr. 2559). Er war spätestens Anfang Oktober wieder in Basel (zu seinem dortigen Wohnort s. AK VI 307, Anm. 1), wo er bis Februar 1548 bei Johannes Oporin die Publikation mehrerer Schriften betreute. Im März 1548 heiratete er in Straßburg Margarete Eiter und begab sich von dort Ende März/Anfang
April nach England. Im Juli traf er in London ein. Im September 1548 war er in Cambridge, das er aber im November 1549 wieder verließ. Von Dezember 1549 bis Ende Mai 1550 wohnte er in Basel (Wohnorte in AK VI 47 und Gast, Tagebuch 314, Anm. 20). Danach ließ er sich in Straßburg nieder, wo er einige seiner ambitionierten Publikationsprojekte verwirklichen konnte. Aus dem Zeitraum von 1546 bis 1552 sind 35 Briefe Enzinas' an Bullinger und ein Brief Bullingers an ihn erhalten geblieben. —Lit.: Enzinas BW; MBW-Reg passim; Gilly, Spanien 326-353; Bernard Antoon Vermaseren, Autour de l'édition de l',,Histoire de l'estat du Pais Bas et de la religion d'Espagne" par F. de Enzinas dit Dryander (1558), in BHR XXVII, 1965, 463— 494; Ignacio J. Garcia Pinilla und Jonathan Lort Nelson, Una carta de Francisco de Enzinas (Dryander) en ei Martirologio de John Foxe, in aaO, Bd. LXI, 1999, 5 15-528; Jorge Bergua, De Nuevo sobre Francisco de Enzinas y Juan de Jarava, in aaO, Bd. LXVI, 2004, 387-401. Weitere Lit. in BBKL 11517f und MBW-Reg XI 367f.
3 ecclesias.
4 Borrhaus' letzter Brief an Bullinger wurde am 7. Januar verfasst (HBBW XVI, Nr. 2329).
5 Vgl. Röm 1, 16.
6 vim.


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exteras nationes excitari et confirmari intelligimus. Quae invicti novi foederis 7 gloria, dignitas et amplitudo est! In quo 8 equidem, ut omnia spiritu non litera 9 conficiuntur, ita in eo nullus neque sexus neque gentis ratio habetur, 10 sed nove creature 11 (hoc est coelestis opens non ex huius mundi fluxis elementis concreti, sed ex aeterno spiritu 12 dei in Christo generati, 13 quod 14 nulla contraria vis, nulla potestas imminuere possit 15 ). Sed de his satis -praesertim ad te!

Tu vale cum omnibus, qui apud vos sunt, bonis.

Martinus Borrhaus.

[Adresse auf der Rückseite:] Clarissimo viro Henrico Bullingero, d. et fratri colendo.