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Original 3 mit autographer Unterschrift: Zürich StA, E II 358, 164-166 (Siegelspur)
Druck: Johann Philipp Kuchenbecker, Analecta Hassiaca, darinnen allerhand zur Hessischen Historie, Jurisprudentz und Litteratur behörige
Urkunden, Abhandlungen und Nachrichten mitgetheilt werden,
Bd. X, Marburg 1736, S. 434-436, Nr. XIX
[In Zürich] soll Luther öffentlich geschmäht und auch das Gerücht verbreitet worden sein, dass dieser aus Kummer verstorben sei, weil er keine Antwort auf das [,,Warhaffte Bekanntnuß"] gewusst habe. Etliche berichten aber, dass gutmeinende Menschen ihm die Schrift der Zürcher vorenthielten, damit kein neuer Streit entstünde. Philipp vernahm ferner, dass diejenigen, die das in Basel [1536]ausgearbeitete [Erste Helvetische] Bekenntnis befürworteten, [in der Eidgenossenschaft] nicht geduldet werden. Bullinger soll aber wissen, dass der Landgraf die Gegner [Zürichs] schon oft an der Abfassung scharfer Schriften hindern konnte. — Gott verlangt von den Menschen Treue, Liebe und Demut. Der [Abendmahls]streit schadet hingegen [der Verbreitung] des Evangeliums. Bei seinem Treffen mit Kaiser [Karl V. / in Speyer musste Philipp sich anhören, wie die Kaiserlichen die Uneinigkeit der [Protestanten] in der [Abendmahls]lehre heftig kritisierten. —Da das Konzil [zu Trient] und Papst [Paul III.] Ränke gegen [die Protestanten] schmieden, sollten Letztere weder Anlass zur Kritik geben noch sich durch neue [interne]Streitigkeiten schwächen lassen. Bullinger soll deshalb dafür sorgen, dass die Seinen Luther nicht weiterhin verhöhnen. Weil doch Gott durch Luther so viel Gutes bewirkt hat, darf man nicht auf Vergeltung aus sein, auch wenn zum großen Bedauern Philipps und vieler anderer Luther viel zu scharf gegen die [Eidgenossen] vorgegangen ist. — Die von Zürichs Nachbarn (u.a. Bern, Basel, St. Gallen) akzeptierte [Wittenberger] Konkordie beruht auf der Heiligen Schrift und führt aus, dass [im Abendmahl]nicht nur Brot und Wein, sondern auch der Leib und das Blut Christi empfangen werden, wenn auch nicht auf irdische Art und Weise. Würde man die Einheit der Kirche anstreben und bei der Auslegung dieses Sakraments mehr auf die Wortwahl achten, würden die [protestantischen] Kirchen näher zusammenrücken und infolge ihrer Einheit mehr Menschen an sich ziehen. —Philipp zweifelt nicht, dass Bullinger sich dafür einsetzen wird.
Philipps von gotts gnaden landgrave zu Hessen, grave zu Catzeneinpogen,
etc. Hochgelerter, lieber besonder, es gelangt uns an 4 , das doctor Luther
seliger 5 bei euch solt beschwerlich als ein abgottischer offentlich geschmehet
unnd von ime ausgeben werdenn, das er ab 6 ewerm buchlein 7 ,
weil er dem zu antwortten nit vermocht, vor leide gestorben were (so unsBriefe_Vol_17-075 arpa
doch etlich berichtet, das er solch buch nie nicht 8 gesehen, sonder ime von
gutthertzigen leutten verhalten 9 sei, auf das dardurch nicht newer zanck
ervolgte), 10 das auch die, so sich ewerer seib zu Basell gestelter und damals
doctor Luthern zugesandter confession 11 gern halten wolten, bei euch nit
sollen geduldet werden. 12 Dargegen dann etliche vom andern theill 13 sich zu
etzlichen scharpffen schrifften begeben mochten, wilche wir dan vermittelst
gottlicher gnade mehrmals verhindert; || 164v. dan one das, so wir den vleis
nicht gethan, wer ungetzweivelt der zanck des sacraments 14 halben aufs new
wider erregt.
Derwegen wir dan mit trewer warnung gnediglich gesinnen, ir wollet bedencken, wie gott vor allem trewe, liebe und demuth von uns erfordere, 15 das auch dem evangelio nichts solche hindernusse unnd den vheinden wider uns solchen trotz 16 unnd behelff 17 bei den einfältigen bringt, als dieser zanck vom sacrament. Wie wir euch dan auch nit verhalten mugen, als wir jungstlich bei der keyserlichen majestät 18 zu Speier gewesen, 19 das die keiserischen selbst angeregt und hervorpracht haben, das wir in unser religion als des sacraments halben nicht eynig weren; dan einer predigt diß, der ander das, so hilts einer mit den widerteuffern, unnd einer wer dieser unnd der ander jener sect, etc.
Darumb solchs zu verkommen 20 , unnd das || 165r. die dinge nicht wider zu newem zanck erregt werden, auch weil das concilium 21 unnd pabst 22 also in geschwinden practicken wider uns seindt, ihr, sovil muglich, solche rede abschaffen unnd daran sein wollet, damit er, der Luther seliger (durch wilchen uns doch gott so vill gutts gethan), nit also von den ewern verhonet unnd mit der unwarheit geschmehet werde. Dan ob er schon gegen euch viel zu scharpff geschrieben (wilchs nit allein uns, sondern allen frommen gelertten
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seines theils alwegen 23 hertzlich leid gewesen unnd noch ist), so will doch euch nit gepuren, ime mit gleicher masse zu messen unnd ime vergelten, was ir arges von ime hapt erlittenn, auch nit seib eignen sieg zu suchen.
Zu dem so wisset ir, das die christliche concordia 24 der kirchen (bei deren doch ewere nachpaurn Bern, Basell, S. Gallen unnd andere ortte ||165v. gern pleiben) auf rechten verstandt der heiligen schrifft gesetzt 25 das wir nit allein brod unnd wein, sonder damit auch den leib unnd blutt des herren empfahen, doch nit auf einige weise oder masse dieser welt. Unnd wo man sich beiderseitzs auf gott allein unnd der kirchenn einigkeitt unnd aufbawunge 26 (alle private affecte hindangesatzt 27 ) wolt sehen unnd in wortten einander (unubergeben den rechten verstandt 28 ) etzwas weichen, nachgeben, dulden unnd ye neher khommen, weren wir gutter hoffnunge, das schisma wurde durch gottes hilff authoren unnd die kirchen ye neher sich zusamen thun unnd vereinigen, darmit wir ja desto bas 29 , vereinigt in unserm haupt 30 Christo lesu, unsern vheinden (deren so viel, gros unnd mechtig seindt) durch gottes beistandt mochten widerstehenn und auch durch solche unsere einigkeitt vil mer zu uns pringenn. 31
||166r. Dieses alles zu befurdern (versehen wir uns 32 gentzlich) werdet ir nach den tugenden, so uns von euch offt geruhmet, nichts an euch erwinden lassen. 33 Unnd seindt euch mit gnaden gneigt.
Datum Fridwaldt, den 5ten iunii anno, etc., 46.
Philips landgrafe zu a Hessen subscripsit b .
[Adresse auf der Rückseite:] Dem hochgelerten, unnserm liebem besonndern Henrico Bullingero, der heiligen schrift lehrern zu Zurich. 34