[1385]

Gervasius Schuler an
Bullinger
Memmingen,
18. April 1540

Autograph: Zürich StA, E II 358, 128 (Siegelspur) Ungedruckt

Dankt für den Brief und für Bullingers Büchlein über den Ehestand. Freut sich über das Buch Zwinglis, den er sehr verehrt; allerdings fehlen ihm - wie auf dem beiliegenden Zettel von Buchbinder Hans Fritz notiert - zwei Lagen, die Bullinger an Johannes Zwick in Konstanz schicken soll. Von der Schmalkaldener Tagung weiß er nichts, denn [Stadtschreiber Maurer] ist noch nicht zurückgekehrt; hat im Auftrag der Kirche seine Meinung abgegeben. Das gute Einvernehmen zwischen Kaiser [Karl V.] und König [Franz I.] soll gestört sein, während [Heinrich VIII.] um die Freundschaft des Kaisers wirbt und ihm seine Tochter [Maria Tudor] zur Frau geben will; in Schmalkalden wurde die Entsendung einer Gesandtschaft nach England beschlossen. Der Bischof von Augsburg [Christoph von Stadion]wirkt bei der Visitation seines Bistums auf Mäßigung gegenüber den Protestanten hin. Die Altgläubigen mißbilligen die Verhandlungen des Kaisers mit den Protestanten; dieser durchschaut ihre Unredlichkeit. [Martin] Frecht ist noch in Schmalkalden. Friedrich [Wagner] wünscht Bullinger alles Gute. Ulrich Wolfhart, ein Verehrer Zwinglis, und auch Schulers Frau lassen grüßen.

5 Gwalthers ungedruckte Dichtung "De venditione losephi in Aegyptum et insano Sephirae amore" (Zürich ZB, Ms D 152, 201r.—234v.) wurde bereits in Lausanne begonnen; die Widmung an Bullinger datiert vom 15. Februar 1540.
6 Siehe oben Nr. 1379, 30-32 und 1382, 34f.
7 Anna, geb. Adlischwyler.
8 Anna, geb. Wiederkehr.
9 Siehe oben Nr. 1344, Anm. 14.


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Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung
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Gratiam et pacem a domino.

Accepi 16. apprilis literas tuas phenice rariores 1 attamen , gratissimas, una cum libello, quem recens scripsisti, de statu matrimonii 2 non minus eruditum quam nostro aevo summe necessarium. Dominus iuvet suo spiritu reliquos tuos conatus, ut quam longissime propagetur gloria nominis sui diutissimeque ecclesiis et michi prodesse a possis.

Sancte memoriae Zwinglii librum 3 accepi quidem nec dubito, quin libenter dederis, ut qui agnoveras te michi in hoc summe gratificaturum; recens enim apud me magnanimi olim herois Zwinglii est memoria, cuius nunquam sine pondere mentionem facio apud bonos viros, dumque illius scripta lego, perinde michi est, ac michi praesto loqueretur. Aber wiewol mich das buch frewdt, alßo beschwert mich der defect, den b es hatt, namlich das secundum und c tertium in primo alphabeto, anfang "Si eccie-", end "num"4 , wie es der buchbinder hie in einem zedel 5 bey unß verzeychnet hatt, Hanß Fritz 6 ; der hatt imme, dem Froschower d nechst 7 Franckforter meß 8 umb das 1. 9 , geschryben, hatt imme Froschouer nur den ersten bogen geschickt; die anderen zwen manglend mir noch. Ist meyn pitt, wellest drab und dran sein, das mir Froschouerus den defect schicke, dormitt ichs pinden konne, dormitt es mich frewe und es mitt lust prauchen konne; schick es nur Ioanni Zwiccio gen Costentz etc.

Smalkaldensia comitia 10 , dum hec scribo, nondum finita sunt nec a senatu 11 nostro missus rediit, unde nichil certi tibi scribere possum. Ego meum responsum pro ecclesia michi commissa dedi scripto 12 ; quale sit, forte e Zwiccio habes; sin, mittere tibi amico michi amicissimo non gravabor.

a in der Vorlage prodessesse.
b vor secundum gestrichenes kleyn[?].
c und korrigiert aus in.
d dem Froschower am Rande nachgetragen.
1 seltener als ein Phönix; vgl. Adagia 2, 7, 10 (LB II 615).
2 Gemeint ist Bullingers "Der christliche Ehestand"; vgl. oben Nr. 1366, 2-6 mit Anm.1.
3 Gemeint ist wohl Zwinglis "In evangelicam historiam ... Annotationes", Zürich 1539 (s. zuletzt oben Nr. 1348, 2-8; vgl. jedoch die folgende Anm.).
4 Ein Kustos "Si ecclé-" findet sich im oben Anm. 3 genannten Werk einzig auf f. i v. (S. 98); ob diese Stelle gemeint ist, bleibt aber fraglich.
5 Nicht erhalten.
6 Über den Buchbinder Hans Fritz ist nichts weiter bekannt. —
7 auf die letzte.
8 Die Frankfurter Frühjahrsmesse fand in der Regel von Oculi bis Freitag vor Palmarum statt, im Jahr 1540 somit vom 29. Februar bis zum 19. März; vgl. Alexander Dietz, Frankfurter Handelsgeschichte, Bd. I, Frankfurt a. M. 1910, S. 37-40.
9 Gemeint ist wohl die erste Lage.
10 Zum schmalkaldischen Bundestag vom 1. März bis 15. April 1540 s. oben Nr. 1381, Anm. 1. 11 Stadtschreiber Georg Maurer; s. Peer Friess, Die Aussenpolitik der Reichsstadt Memmingen in der Reformationszeit (1517-1555), Diss. München 1992/93, Memmingen 1993. — Memminger Forschungen 4, S. 148f.
12 Nicht erhalten.


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Rumor est apud nos Gallum 13 non admodum bene convenire cum imperatore 14 ; gefatterschafftt ist uß 15 . Anglorum rex 16 ambit amicitiam Karoli illi filiam donaturus 17 . Nostri e Schmalkaldensibus comitiis legationem ad Anglie regem miserunt; causam missionis nondum scio

Episcopus Augustanus, dominus a Stadion 19 , diocesim suam visitat; iubet suos sacrificos parcius saevire modestiusque de nobis Lutheranis loqui.

Contrahunt ora pontificii nostri, interdum anathemate feriunt caesarem, ut qui preter fas nobiscum paciscatur et foedus iciat, extrema moliuntur insani papiste. Caesar nonnichil olfacit illorum imposturas, cuius tarditatem ad vindictam adversus nos vitio vertunt. Dominus det, ut tandem restituatur piis auctibus ecciesia Christi.

Frechtus 20 Smalkaldie est, nondum rediit. Fryderichus 21 meus tibi omnia precatur bona, hoc est Christum ipsum.

Inprimis salutat te medicus urbis nostrae, homo pie doctus, Hulderichus Wolffart 22 , qui te ut sanctissimi viri Zwinglii successorem unice colit et

13 Franz I., König von Frankreich.
14 Kaiser Karl V.
15 mit der Freundschaft ist es aus.
16 Heinrich VIII., König von England.
17 Zu den Gerüchten über eine Heirat zwischen Kaiser Karl V. und Maria Tudor vgl. HBBW IX, s. 200, 24-26 mit Anm.9.
18 Am 7. März hatten sich in Schmalkalden die meisten Stände für eine weitere Gesandtschaft nach England ausgesprochen; sie beschränkten sich aber schließlich auf die Übersendung eines theologischen Gutachtens über die Lehrdifferenzen; s. Mentz II 223f.
19 Christoph von Stadion, 1478-1543, von Schelklingen (Alb-Donau-Kreis, Baden-Württemberg) wählte nach Studien in Tübingen, Freiburg, Bologna, Ferrara (mit Promotion zum Dr. iur. can. 1506) die kirchliche Laufbahn. 1517 wurde er Bischof von Augsburg. Der von Erasmus humanistisch geprägte von Stadion wirkte immer wieder für den Ausgleich unter den Konfessionen, so etwa auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 oder auf dem Hagenauer Religionsgespräch 1540. Er konnte nicht verhindern, daß wesentliche Teile seines Bistums die Reformation durchführten. — Lit.: Friedrich Zoepfl. Das Bistum Augsburg und seine
Bischöfe im Reformationsjahrhundert, München/Augsburg 1969. — Geschichte des Bistums Augsburg und seiner Bischöfe, 2, S. 1-172; Manfred Hörner, in: BBKL X 1087-1090; Peter Rummel, in: LThK 3 IX 912f.
20 Martin Frecht.
21 Friedrich Wagner.
22 Ulrich Wolfhart, Dr. med., gest. nach 1549, gehörte schon 1523 zum Kreis der prominenten Reformationsanhänger in Memmingen; er war als Vorsitzender an der Disputation vom 2. bis 6. Januar 1524 beteiligt. Zwischen 1530 und 1540 korrespondierte der Humanist Wolfhart rege mit Nikolaus Ellenbog in Ottobeuren. Seinen Freund Schuler ermunterte er zur Abfassung des Werkes "Vom gantzen Handel der Urstende des Menschen" (1537), zu dem er auch eine Vorrede beisteuerte. Im Dezember 1549 versuchte ihn Bullinger vergeblich für Zürich zu gewinnen. — Lit.: Barbara Kroemer, Die Einführung der Reformation in Memmingen, in: Memminger Geschichtsblätter 1980, S. 3-226, hier: 192; Culmann, Schuler 68. 173f; Emil Egli, Zürich sucht einen Arzt, in: Zwa I/5, 1899, S. 96f; Nikolaus Ellenbog, Briefwechsel, hg. v. Andreas Bigelmair und Friedrich Zoepfl, Münster i. W. 1938. — Corpus Catholicorum,


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veneratur, licet a facie ignotum. Familia mea tota salva est. lubet te vicissim in domino bene valere costa 23 mea. Saluta Leonem, Pellicanum etc., inprimis uxorem 24 tuam cum parente 25 . Vale in domino, mi frater.

Datum Meminge, 18. aprilis anno 1540.

Dein alter truwer frund, gunder 26

und pruder Gervasius Schuler.

[Adresse auf der Rückseite:] Doctissimo viro d. Heynricho Bullingero, Tigurinae ecclesiae pastori vigilantissimo, domino et fratri charissimo e .