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Ausfertigung von unbekannter Hand a : Basel StA, Kirchenakten A 9, 270r.-279v. (Siegelspur)
Hat sich bei Luther und den Seinen für eine gute Aufnahme ihres Schreibens eingesetzt, und
zwar einerseits mit den Straßburger Predigern schriftlich, andrerseits am Tag zu Schmalkalden
mündlich. Da Luther mit der Konzilsfrage beschäftigt war und außerdem erkrankte, konnte er
sich noch nicht näher damit befassen. Mit Bonifacius Wolfhart folgte Bucer -auf Befehl des
Kurfürsten [Johann Friedrich] von Sachsen - Luther nach Gotha, wo dieser wegen seines
Leidens zwar nicht verhandeln, aber zu ihnen sprechen konnte. Er versicherte sie seiner
Bereitschaft zu einer im Wort Gottes gründenden Konkordie und verwies auf sein Schreiben an
[Jakob Meyer]; auch mahnte er sie, das Volk nicht mit unnötigen Disputationen zu beschweren,
und versprach, seinen Beitrag zu leisten, wenn ihn Gott am Leben lasse. Ihm gehe es nur
um die Gegenwart Christi im Abendmahl, nicht um deren Art und Weise; er selbst könne
verschiedene Redeweisen dulden, verfüge aber nicht über die Meinung anderer. Die Lehre, im
Abendmahl sei nur Brot und Wein zugegen, schließe eine Konkordie aus; wenn es auch schwierig
sei, davon abzugehen, dürfe doch nicht der Eindruck entstehen, er habe sich darauf eingelassen
oder früher falsch gelehrt. Wenn anerkannt werde, daß Leib und Blut des Herrn
wahrhaft empfangen werden, sei er bereit, in Zukunft stillzuhalten; man rede jetzt nicht mehr
von "Schwärmern", obwohl die Oberländer durch Veröffentlichungen erneut Wunden aufgerissen
hätten. Andernfalls bleibe ihm nur, die von ihm ersehnte Konkordie Gott anzubefehlen.
Während Luther sprach, war Friedrich Myconius und am Ende auch [Bugenhagen] anwesend.
Bucer erwiderte, die Oberländer und [Eidgenossen] lehrten den wahrhaftigen Empfang des
Leibes und Blutes Christi, wollten aber ausschließen, daß Christus zur Bauchspeise gemacht
und der Sakramentsempfang vom Glauben getrennt werde. Wegen Luthers Zustand begnügte
man sich mit der Vereinbarung, ihnen diese Besprechung mitzuteilen, und Luther versprach,
wenn möglich später selbst zu schreiben; der Kurfürst beauftragte Philipp [Melanchthon] mit
der Abfassung des beiliegenden Briefs, der den Aufschub begründet. Da die Straßburger sich
der Einigung der Kirchen besonders verpflichtet wissen, legt Bucer nochmals die Erfordernisse
für eine beständige Konkordie dar. Erstens ist die Lehre, man empfange nichts als Brot
und Wein, ausdrücklich zu verurteilen; stattdessen muß mit Paulus gelehrt werden, daß im
Sakrament die Gemeinschaft des Leibes und Blutes Christi empfangen wird. Zweitens darf die
Abgrenzung von falschen Meinungen nicht so geschehen, daß Luthers Lehre in Verdacht gezogen
wird. Drittens muß man das Vergangene auf sich beruhen lassen, statt sich mit unnötigen
Büchern zu rechtfertigen. Zwar hat Luther zu ihrem Schreiben noch nicht Stellung
genommen, doch die Fürsten und Stände sind mißtrauisch wegen der darin gemachten Vorbehalte,
die doch mit der von Capito und Bucer gegebenen Erläuterung der Konkordie ausgeräumt
sein sollten. Beide Parteien verdächtigen einander immer noch, wobei sich die Bedenken
der Wittenberger auf die Abendmahlslehre beschränken. Da eine oberländische Synode
- trotz dem Vorbild der alten Kirche und dem Wunsch Oekolampads und Zwinglis -bisherBriefe_Vol_07_129 arpa
nicht zustande kam, wünscht die Gegenseite eine knappe, klare Vereinbarung, ohne die Freiheit
der Verkündigung beschränken zu wollen. Bucer mahnt, auch im Auftrag des Landgrafen
[Philipp von Hessen], alles zu tun, um der anstößigen Spaltung abzuhelfen. Bittet, all dies im
Geist der Einheit Christi aufzunehmen.
[Gedruckt: BucerDS VI/1 274-293, Nr. 21.]