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Autograph: Zürich StA, E II 360, 25 (Siegelspur) Ungedruckt
Klagt über Verschlimmerung seines Bruchleidens. Hat auf Anfrage des Rats mit Kaspar [Megander] über mögliche Nachfolger für Franz [Kolb] beraten und Rhellikan, Peter Kunz sowie Heinrich Möriker vorgeschlagen; [Megander]hat außerdem Johannes Buchser genannt. Bittet um ärztlichen Rat.
Tibi soli. Tibi soli.
S. Ich muß min nott dir als minem getrüwsten bruder anzeigen. Ich hab dir meer 1 gschriben von miner hernia, wiewol ich, solang ich sy gehept, wenig schmerczen erlitten. Jedoch hett si sich gmeeret für und für, das hett weder her Fricz sälig 2 noch meister Jacob sälig 3 noch m[eister] Rudolf 4 nitt mögen weeren. Nun ists mir jecz darzu kummen, das ich übel besorg, ich werde der kilchen mitt predigen nimmen mögen forston, dann ich jecz 14 tag ein streng ruggenwee, darnach 14 tag ein grüselich schniden und grimmen per omnia viscera et intestina erlitten, daß ich dess tods was erwarten, et ita crevit hernia, ut ferme magnitudine capiti meo adsimiletur, wiewol jecz nach der kranckheit sich wider gelassen und gmindret. Man hett ouch mir den kanczel amm ingang müßen wyter machen, daß je alle min not in gheim für rat kummen, dess unsern[!] herren, als mir gsagt, übel erschrocken und bedacht, mir die burde ettlichermasß ze lichteren. Dann gott weist wol min müy und arbeit, so ich über mins libs vermögen getragen und mich lassen usßnüczen biß uffs hinderest.
Indem, wie Francz 5 nimmen predigen mag in keiner kilchen, ich jecz uff dem wäg, habend min herren mich zum ersten, aber vor aller kranckheit, bschickt und wellen wissen von mir, an wän ich inen rati zu einem predicanten. Hattend Caspar 6 und ich unß vereinbaret, biß zu herbst Franczen ze versähen 7 , daby bleib es dozemal. Nun aber ich so gar ingfallen 8 , habend si Caspam ouch beschickt, glyche meinung gefraget, hat er kein antwurt wellen gen, sunder sich genummen, zu mir zu verdencken 9 und morndis'°dem rat antwurten. Also sind Casper und ich einß worden, Rellicanum ze presentieren, der frum und gelert gnug, wenn nun das gspräch 11 in unser grossen kilchen gnugsam wär (quamvis hic timeam, quod prius ab uno nunc ad votum contingat).
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Denne habend wir ein im Nidersibental presentiert, Petrus a Conzenus, alias Cuncz b 12 , ist nitt ungschickt, eins großen ansähens, wol gfrünt 13 und bekant, wol beredt, 10000 lb rich, was mitt mir uff die disputacz gen Baden gschickt, der wirt jecz die ander wochen hie predigen, wirt man sin gspräch hören. Ist ouch der ersten einer by unß amm evangelio gsin, der das gancz land Nidersibental zu der ghorsame dess globenß vor der disputation gebracht, und noch die besten sind, unangsähen die im Obersibental, die lang rebelles und pontificii sind gsin. Zum dritten habend wir presentiert Meister Heinrich Möricker 14 ze Schincznach, dir wolbekant. His coram senatu addidit Caspar M. Ioannem Buchser in Sur 15 . Iam orabis deum cum ecclesia, ut det, qui sue gloriae et ecclesiae saluti sint commodissimi. Hab wol verstanden, daß sy mir nitt meer dann zwo predigen werdent zumuten, eine uff den sunentag, die andre in der wochen, und gar ein andere hilff der kilchen thun.
Bitt dich, min bruder, wellist erfaren by üwern arczeten, was dietam ich haben soll. Es sind nitt allein intestina in den seckel 16 gfallen, sunder sumen 17
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oder die feiste 18 vom necze 19 , und was ventositates bringt, weiß aber nitt eigentlich, was dasselb ist, thut mir wee. Ich sorg, ich möge nienarhin meer riten noch gon, also wird ich min Bullinger nimmer meer sähen. Darum lass dich nitt duren 20 , mich mitt dinem früntlichen schriben ze trösten. Lasß mich antwurt wissen aller dingen. Ich mag jecz nitt mer schriben.
Vale, et si quae sub prelo tua sint, me certiorem facito.
24. iunii anno 35
Lachrimis has finivi.
Tuus quem nosti
B. H.
[Adresse auf der Rückseite:] An Meister Heinrich Bullinger, ze Zürich predicanten, sinem insunders günstigen herren und bruder.