Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[478]

Martin Bucer an
[Bullinger und
Leo Jud]
Augsburg,
22. November [1534]

Abschrift : Lindau Stadtarchiv, Reichsstädtische Akten 63/8, f. 7 Ungedruckt

Die Zürcher wünschen eine Einigung der Kirchen. Bucer bittet sie daher, im schaffhausischen Städtchen [Neunkirch]oder in Tuttlingen oder in Konstanz sich mit ihm geheim zu treffen sowie mit [Ambrosius] Blarer, Grynäus Frecht und , je einem Vertreter der süddeutschen Städte. Da er bald nach Hessen gehen muß und am 15. Dezember [mit Melanchthon]zusammenkommen möchte, sollen die Zürcher rasch den Ort bestimmen. Der Brief geht über Lindau, damit ihn Thomas [Gaßner] lese. Er soll den gewählten Ort denen von Konstanz, Isny und Memmingen anzeigen. Die Konstanzer sollen Blarer und Grynäus benachrichtigen. Bittet, den Brief an Berchtold [Haller]und Myconius weiterzuleiten und schweigsam zu sein.

Scio, quam queritis, fratres, ecclesias Christi uniri. Iam si modo mihi emoriendum, morerer in hac fide, re ipsa illis convenire, et est spes posse me ope domini id vobis approbare. Per dominum Iesum itaque obsecro et obtestor: Impendite vos hactenus corpori domini nostri Iesu Christi et dignamini mihi vestri copiam facere vel in parvulo illo oppidulo 3 , quod Schaffhusianorum

25 getan, besorgt [auf dem Rechtswege](SI II 1402).
26 vom Verdacht, Argwohn (SI XII 361f) entlastet (SI VIII 665f). - Um welchen Argwohn es sich handelte, ist nicht nachzuweisen. Vermutlich entstand er im Zusammenhang mit der Streitsache des Abtes mit Rorschach, Waldkirch und Bernhardzell. Kaspar Nasal, der von Zürich am 3. Oktober 1534 zu Abt Diethelm geschickt worden war (s. oben S. 305, Anm. 41), hatte sich sehr engagiert für die Anliegen der drei Gemeinden und deren Prädikanten eingesetzt, wie ein undatierter Bericht über die Verhandlung zeigt (Zürich StA, B VI 254, 51r.-52r.).
27 hinein (SI II 1335f). - Den katholischen Orten?
28 überlegt (SI VII 1062).
a Vgl. unten Anm. 1 und 16. Herrn Jean Rott verdanken wir Verbesserungen von Fehlern in der uns vorliegenden Abschrift.
1 Die Zürcher (Bullinger und Jud, s. Anm. 13) sind als Empfänger ausgewiesen durch Bucers Bemerkung in seinem Bericht von der Zusammenkunft in Kassel, daß seine erste Einladung nicht zu ihnen gelangt sei (vgl. ARG 35, 222), durch den Zusammenhang mit den Briefen Nr. 470 und 488 sowie durch einen Hinweis Schulers (vgl. unten S. 431, 4).
2 Absendeort (vgl. oben S. 286, Anm. 32) und der Plan einer Theologenzusammenkunft weisen den Brief zweifelsfrei ins Jahr 1534.
3 Neunkirch im Schaffhauser Klettgau, vgl.


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est distans miliario 4 a Schaffhusia versus b ditionem comitis Suitz 5 , vel Duttlingen 6 in ducatu Wirtenberg[ensi], ubi dominus ab c Hewen 7 modo praefectus est, in utro loco libeat, vel si malitis, Constantiae 8 . Forsan posset via iniri d , ut lateremus. Nam omnino necesse est e latere nostrum congressum. Convenire vero oportet Blaurerum, Grinaeum, Frechtum, unum ex Augustanis, Memming[ensibus], Campido[nensibus], Lindaue[nsibus], Isnen[sibus], Essling[ensibus]9 . Offertur ea occasio concordie, quam non dubito nos f haudquaquam sine dei magna offensa reiecturos. Per hunc ipsum tabellarium 10 respondete g , et mature. Nam expecto, ut in Hessiam abeundum sit mihi 11 . Diem conventus nostri oportebit esse[?] h 15. decembris 12 . Locum vos pro vestro arbitratu designate i , ad quem vos duo 13 possitis tacite[?] k convenire.

Bene valete et, per Christum oro, sinite vos apparari, et ut conveniatis et mature rescribatis, idque per hunc ipsum tabellarium, qui has meas vobis perferet. Commendate me fratribus l .

Auguste Vindelice 14 , 22. novembris.

Literas hasce vobis misi per Lindouiam et volui, ut Thomas 15 noster illic eas legeret 16 , qui et responsum vestrum Constantiensi[bus], Isnen[sibus],

b Vor versus gestrichen: vel.
c ab von anderer Hand ergänzt; der Schreiber der Vorlage ließ Platz offen.
d Vorlage: iniiri.
e Vorlage: necessest, von anderer Hand verbessert in necesse est.
f Vorlage: non.
g Vorlage: respondere.
h Vorlage scheint eher me als esse zu haben.
i Vorlage: designare.
k Vorlage: terere.
l Vorlage: frious.
oben S. 392, Anm. 36, und die beiden folgenden Anm.
4 Neunkirch liegt 10 km westlich von Schaffhausen. Bucer verwendet die große deutsche Meile, die zwei Wegstunden (9,25 km bis 11,1 km) umfaßt, s. Hans Kleinn, Maßstäbe und Maßstabsberechnungen alter Karten, in: Kartenhistorisches Colloquium Bayreuth '82, hg. von Wolfgang Scharfe, Hans Vallet und Erwin Herrmann, Berlin 1983, S. 71-77.
5 Graf Rudolf von Sulz, gest. 1535, besaß Gebiete um die Küssaburg und Tiengen, d. h. im westlichen, heute badischen Teil des Klettgaus, dessen östlicher Teil seit dem Schwabenkrieg schaffhausisch ist, s. HBLS IV 504. VI 125f. 601f.
6 Tuttlingen (Baden-Württemberg).
7 Georg von Hewen.
8 In Konstanz fand das Treffen schließlich statt, s. unten Nm. 484. 488 und 496, sowie Köhler, ZL II 372-375.
9 Über die Teilnehmer an der Konstanzer Tagung vom 16. bis 22. Dezember 1534 s. unten S. 456, Anm. 16. Nicht zugegen waren Ambrosius Blarer (vgl. Blarer BW I 609f. 612), Simon Grynäus, die Esslinger und die Zürcher.
10 Unbekannt.
11 Gewißheit über das Zustandekommen der geplanten [Kasseler]Zusammenkunft (vgl. oben S. 392, Anm. 32 und unten S. 455, Anm. 8) erhielt Bucer u. a. durch eine Abschrift des Briefes von Luther an Philipp von Hessen vom 17. Oktober 1534, die er kurz zuvor in Augsburg erhalten hatte, s. WA Briefe VII 109f, Nr. 2142. Bucer muß davon eine Kopie nach Zürich geschickt haben, denn dieser Lutherbrief ist auch in einer Abschrift Bullingers erhalten (Zürich ZB, Ms K 40, f. 57, Nr. 5; nicht vermerkt in WA, aaO).
12 Die Konstanzer Tagung begann einen Tag später, s. oben Anm. 9.
13 Bucer hatte Bullinger und Leo Jud zur geplanten Zusammenkunft eingeladen, s. oben S. 392, 88 und unten S. 432, 8.
14 In Augsburg hielt sich Bucer längere Zeit auf, s. oben S. 386, Anm. 32.
15 Thomas Gaßner in Lindau.
16 Gaßner ließ bei dieser Gelegenheit Bucers Brief in Eile (von einem Kanzlisten) abschreiben. Die Schrift ist nicht dieselbe wie in seinem Brief an Bullinger vom 10. Februar 1537 (Zürich StA, E II 359, 2753).


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Memmingen[sibus] de loco, ubi rescripseritis, possit in tempore denuntiare, verum Constantienses Blaurero et Grineo 17 .

Mar. Bucer.

Obsecro valde vos, si potestis, in tempore hasce literas Berchtoldo 18 mittite cum inditio loci, ad quem vultis convenire, ut si velint, et Bernates ibi m conventui adsint. Sic oro, et literas curate ad Myconium item indicaturi locum, quo libet convenire. Omnia, rogo per dominum, tacite gerite cum diligentia.

Iterum valete.

22. novembris.

[Ohne Adresse.]n