Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2846]

Joachim Vadian
an [Bullinger]
[St. Gallen,
nach dem 15. und vor dem
24. März 1547]

Autograph: Zürich StA, E II 351, 140 a (ohne Siegel) b Druck: Vadian BW VI 610f, Nr. 1528

a Der Brief ist trotz fehlender Grußformel möglicherweise vollständig, zumal das "S." für Salutem" im engen Einband eingebunden sein könnte. Im Original wurde eine ziemlich lange Randbemerkung unleserlich gemacht. Dem letzten Abschnitt des Briefes zufolge ist vermutlich Bullinger dafür verantwortlich.

b Ohne Schnitt- und Nadelstichspuren.
12 heim (zurück zu Bullinger) befördern lasse; oder: einpacke (damit das Büchlein Müller mitgegeben werden kann); s. SI IV 43f.
13 zytlich und ewig: im Diesseits und Jenseits.
14 Philipp von Hessen.
15 Albrecht II. Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach. — Siehe dazu Nr. 2832. Anm. 35.
1 Dass Bullinger der Empfänger des Briefes ist, lässt sich zum einen aus der Bezeichnung des Briefempfängers als Vadians "vertrauwtesten fründt" in Zürich sowie aus der Überlieferung dieses Briefes in einem hauptsächlich aus Briefen Vadians an Bullinger bestehenden Band schließen. — Die Tatsache, dass Vadian sich in dieser Sache an Zürich wendet, erklärt sich daraus, dass die Stadt einer der vier Schirmorte des Klosters St. Gallen war; s. HBBW II 134, Anm. 15.
2 Da ein Brief zwischen St. Gallen und Zürich
etwa drei Tage benötigte, und da Vadian sich am 30. März 1547 (Nr. 2868) für Bullingers "getruwe anzayg, so ir meinen günstigen herren bayden burgermaistern und dem herren Tumbeyßen von dess äptischen anlangens wegen gethon habt", bedankte, wird vorliegender Brief nicht nach dem 24. März anzusetzen sein. Auch wenn der Brief theoretisch schon vor Mitte März abgefasst sein könnte, ist dies eher unwahrscheinlich, weil Bullinger kaum lange gewartet haben wird, um sich dieser für Vadian und St. Gallen wichtigen Angelegenheit anzunehmen, und Vadian sich dementsprechend wohl auch ziemlich rasch für Bullingers Einsatz bedankt haben wird. Die Angelegenheit ist dokumentiert in den in EA IV/1d 788-791 veröffentlichten Quellen. Vorliegender Brief erlaubt es, die dort als fragwürdig betrachtete Datierung des Beginns dieses hier dargestellten Streites mit Sicherheit in das Jahr 1547 zu legen.


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[1]Der Abt von St. Gallen [Diethelm Blarer von Wartensee]ergeht sich in üblen Plänen gegen die Stadt. So hat er wieder einen neuen Grund zur Anklage erfunden und behauptet, dass St. Gallen beabsichtige, die Klosteruntertanen, die im Leinwandgewerbe tätig sind, mit Steuern zu belasten, was die Stadt keineswegs vorhat. Der Abt gibt vor, dass er von den Untertanen zu diesem Schritt veranlasst wurde. Die St. Galler wissen hingegen aus zuverlässiger Quelle, dass der Abt die Bauern durch seine Amtsleute zu solchen Beschwerden angeregt hat, ja sogar diejenigen bedrohen ließ, die aus guter Gesinnung der Stadt gegenüber eine Beschwerde ablehnten. Man weiß auch, dass der Vogt [...] einer Ortschaft [...]die Anwesenden aufgefordert hat, die Hand zu heben, wenn sie für ein Verfahren gegen die Stadt wären. Als niemand dies tat, fuhr er die Bürger an und sagte, sie sollten doch an ihren Vorteil denken und die Hand heben. Diese Anschuldigung des Abtes ist rein dem Neid zuzuschreiben. Die Mönche sind nämlich auf den Wohlstand von St. Gallen neidisch. Es ärgert sie, feststellen zu müssen, wie gut die Stadt ohne sie auskommt. Deshalb schrecken sie vor keiner List oder Verleumdung zurück. Dabei spielt nicht nur die Religion, sondern auch die alte Feindschaft [zwischen Stadt und Kloster] eine Rolle. [2] Vadian wollte dies seinem guten Freund nicht vorenthalten und bittet diesen, auch die Bürgermeister Hans Rudolf Lavater und Johannes Haab sowie andere Vertraute davon in Kenntnis zu setzen. Diese sollen zudem wissen, dass die St. Galler die Angelegenheit vor die Tagsatzung [zu Baden]bringen wollen, wenn der Abt von seinen Kungeleien nicht ablässt. Dabei streben sie nur nach ihrem guten Recht und wollen weitere Verleumdungen und Drohungen verhindern. Es geht ihnen also nicht um irgendeinen Gewinn. Bullinger weiß, was Vadian meint. Man hofft auf ein gerechtes Urteil, befürchtet aber das Gegenteil. [3] Möge der Herr die Seinen vor den Fallen des Teufels beschützen! [4] [P.S..] Falls Bullinger, wie Vadian es sich wünscht, diesen Brief den Bürgermeistern zeigt, soll er eine Abschrift davon vorweisen, als hätte er Vadians Schreiben aus dem Latein übersetzt, damit niemand, außer Bullinger und [Itelhans] Thumysen, sieht, was Vadian am Rand vermerkt hat. 3