[2738]

Bullinger
an Oswald Myconius
[Zürich],
2. Januar 1547

Autograph: Zürich StA, E II 342, 160 (Siegelspur) Zusammenfassung: Henrich, Myconius BW 927, Nr. 1043

[]]Die Lage wird immer schlimmer, Gott möge helfen! [2]Die unglückseligen Ulmer haben mit Kaiser Karl V. Frieden geschlossen und dürfen bis zu einem Konzilsbeschluss ihre Religion beibehalten. Dies kommt einer Verleugnung des Glaubens gleich. Bündnisse dürfen sie nur noch mit kaiserlicher Genehmigung eingehen. Das bedeutet den Verlust ihrer Freiheit und soll sie daran hindern, sich mit anderen, etwa den Eidgenossen, zusammenzuschließen. Die Ulmer haben dem Kaiser eine Geldstrafe gezahlt. Genaues über die weiteren Friedensbedingungen weiß Bullinger nicht, aber die oben genannten gelten als sicher. Das ist also alles, was die Ulmer vom Evangelium halten! Mögen die anderen Städte nicht ihrem Beispiel folgen. Solch ein Frieden scheint jetzt gut, mit der Zeit aber wird er zum Verhängnis. [3]Johannes Gast soll den beiliegenden Brief [nicht erhalten] und die zwei Gulden für die Wolle bekommen. Grüße an diesen und an Francisco de Enzinas. Bullinger kommt leider nicht dazu, auf dessen Brief [Nr. 2736] zu antworten. Myconius soll ihnen beiden den Inhalt dieses Schreibens mitteilen. [4]In acht Tagen findet ein Tag zu Baden statt. Gibt es Neuigkeiten aus Frankreich und den Niederlanden? [5]Gruß. in Eile.

Gnad und frid. Ye länger ich schryb, ye böser es wirt. Gott bessers!

Die von Ulm, die ellenden Schwaben, habend sich ergäben an des keyssers 1 gnad! Und ist ein friden zwüschen inen beredt und beschlossen. 2 Sy

b Daneben Blarers Empfangsvermerk: 4. ianuarii 1547.
von: sie halten sich an); vgl. SI VII 525. 549.
11 Die Berner Disputation vom Januar 1528.
12 schickents vom land: verweisen sie des Landes; s. SI VIII 505. —Anspielung auf die Ausweisung des Lehrers Thomas Grynäus und dessen Schülers Peter Zeller aus Bern; s. zuletzt HBBW XVIII 368, Anm. 30; 369, Anm. 3; 381f,35-38.
13 Interjektion der Bitte, Aufforderung, usw.; s. SI I 3.
14 Nachdem sich etliche süddeutsche Städte
dem Kaiser unterworfen hatten, überlegte auch Augsburg, in Friedensverhandlungen mit ihm einzutreten; s. HBBW XVIII, 431,9-16. 28-30.
15 Mich belangt übel: Ich warte ungeduldig (auf Nachrichten); s. SI III 1334.
1 Karl V. —Zu Ulms Ergebung s. Nr. 2734, Anm. 4.
2 Zur Sache s. HBBW XVIII 458,7-11; Nr. 2734 und Anm. 6.

Bullinger. [Adresse auf der Rückseite:] Sinem fürgeliepten und früntlichen herren und brüder m. Ambrosio Blaureren, predicanten zü Costantz. b


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Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung
Briefe_Vol_19-078arpa

söllend blyben by irem glouben biß uff ein consilium. 3 Hoc est negare fidem et nebulonibus subiicere iudicandam, imo conculcandam. Sy söllend gar kein püntnus machen nimmerme on erloupnus und vorwüssen eines keysers. Hoc est prodere libertatem. Das lut wider eydgnosische püntnus. 4 Wil fürkummen 5 , das keine mee gemachet oder sy zü uns nitt fründint 6 . Periculum, ne aliae urbes quoque sequantur. Werdent aber hernach trüwlich knistet 7 , ubi scilicet oportunum fuerit. Sy habend dem keysser ein gälltstraaff erlegt. Weiß nitt, wie vil. 8 Ander artikel sind mee vorhanden. Weiß sy nitt eigentlich 9 . Die oberen sind gewüß. Das ist ir evangelium! Gott erbarms und gäbe anderen gnad, das sy sich nitt also ergäbend. Jetzund ist es alles güt; hernach wirt es böß gnüg werden. Oremus dominum, nam sumus in tentatione gravi. Wie joch 10 das evangelium gepredget sye, ist der buw 11 nitt fest.

Gastium berüffend. Gäbend imm das brieffli 12 und gällt. Sind 2 gl. umb die wollen. 13 Grüssend mir inn und d. Dryandrum 14 , desse 15 brieff 16 mir worden. Kan nitt antworten. Habend die ding 17 mitt denen gemein.

Über acht tag wirt ein tag zü Baden. 18 Was habend ir uß Franckrych und uß dem Niderland?

Gott mitt üch. 2. ianuarii 1547. Festinavi. Non relegi.

Bullinger.

[Adresse auf der Rückseite:] Sinem lieben herren und brüder, h. Oßwalden Myconien, predicanten zü Basel.

3 Gemeint ist ein Konzil. Zur Schreibweise "consilium" anstelle von "concilium" s. HBBW XVI 169, Anm. 19.
4 Gemeint ist: Das klingt wie gerichtet gegen ein Bündnis mit den Eidgenossen.
5 wil fürkummen: soll verhüten, verhindern; s. SI III 278 (unten).
6 einen Freundschaftsbund eingehen; s. SI I 1306.
7 trüwlich knistet: gehörig geprügelt.
8 Die Geldstrafe betrug 100'000 Gulden; s. Rommel, Ulm 80. 9 genau. — Siehe dazu Nr. 2734, Anm. 6.
10 Wie joch: Wie gut auch; s. SI III 6.
11 Bau.
12 Nicht erhalten.
13 Die von Johannes Gast in Basel gekaufte Wolle im Wert von 2 Gulden; s. HBBW XVIII 421. 439. 450f.
14 Francisco de Enzinas, der damals in Basel wohnte.
13 dessen; s. SI XIII 1029.
16 Vom 1. Januar 1547 (Nr. 2736).
17 Die Informationen aus dem vorliegenden Brief.
18 Die Badener Tagsatzung vom 10. Januar; s. Nr. 2737, Anm. 3.