Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2651]

Bullinger
an Philipp von Hessen
[Zürich,
31. Oktober 1546]

Autographer Entwurf:a Zürich StA, E II 441, 694 Ungedruckt

[1] Bullinger bedankt sich für das im Feldlager bei Nördlingen am 8. Oktober verfasste Schreiben (Brief Nr. 2616]. Er hat sich seitdem bemüht, so gut wie möglich im Sinne des Landgrafen zu wirken, dessen Ziel es ist, das Christentum und die Freiheit Deutschlands gegen den Angriff Kaiser [Karls V.] zu verteidigen. [2]Durch das Schreiben der Vier [protestantischen] Orte wird der Landgraf erfahren, was diese Orte an ihrem Treffen in Zürich beschlossen haben. Gestern [Samstag, 30. Oktober] versammelte der Zürcher Rat die Räte und die Bürger, die sich deutlich (hinter ihn]stellten. Am kommenden Sonntag (werden Versammlungen] in den Graf- und Herrschaften (der Landschaft Zürich stattfinden]. (Man erhofft sich davon]alles Gute. [3]Der Landgraf sieht also, welch guten Willens [der Zürcher Rat ist], der sein Möglichstes tut. [4] Er habe Dank, dass er [mit seinem Brief vom 8. Oktober] Bullinger erneut [wie schon am 12. September mit Brief HBBW XVII, Nr. 2581] einen [Kriegs]bericht zukommen ließ. [5] Bullinger steht ihm weiterhin zur Verfügung. [6] Gott

Ü[wer] f[ürstlichen] g[naden]gnedig züschriben des datum imm veldleger zu Nörlingen, 8. octobris, 2 hab ich empfangen, sins ynhalts verstanden, daruff min muglichen flyß angewendt, alles das ze befürderen, das allhie muglich, ze erheben und zu gutem diser ü. f. g. vorhaben dienet, namlich die christenliche religion und tütsche nation wider des ke[ysers]3 usfal ze erhallten.

Was sich dann die 4 stett sampt anderen iren anhangenden allhie uff dem tag 4 entschlossen, hatt ü. f. g. durch ir zuschriben 5 verstanden. b Syderhar und

a Fast vollständig auf dem leeren Verso eines schon gebrauchten Papiers, mit Ausnahme der letzten Wörter (unten Z. 15-17), die an einem Rand der bereits beschriebenen Rectoseite dieses Zettels verzeichnet wurden. Auf dieser Seite findet sich ein von Bullinger geschriebenes Textfragment über den Papst und dessen Anspruch, ein Reformationskonzil einberufen zu dürfen. Dieses Fragment ist nicht ein Auszug aus der Schrift "Antwort der Predigeren zu Zürich uff des Papsts Laden in das Concilium zu Trient"(s. HBBW XVII 293, Anm. 27). Hier (unkommentiert) das erhaltene Fragment: ... er es sind? Diese priester hattend nitt minder verheissung dann ir des geists. Paulus III. mag nitt beston by dem canon (Titum 1). Dorumb ist er nitt ein bischoff (Distinct. 23., von der waal eins bapsts), wie sin soll. Nicolao vorgschriben. Qui ecclesiam non audierit, sit tibi velut ethnicus et publicanus. Simoniaci cum erretici. Zum ersten ist der bischoff zu Rhom nitt ein allgemeinder bischoff. Und wenn ers schon were, so ist doch dieser kein bischoff, der reformieren sölle —
b-b Korrigiert aus: Was sich dann wyter zutragen, hallt sich also: Es habend sich.
1 Das Datum geht aus unten Z. 8-11 und Anm. 7 hervor.
2 Brief Nr. 2616.
3 Karl V.
4 Das Treffen der Vier protestantischen Städte in Zürich, das am 26. Oktober zu Ende ging; s. Nr. 2606, Anm. 60. — Mit "anhangenden" sind die Zugewandten


Briefe_Vol_18-204arpa

wyter hat sich zutragen, b das min g[nädig]h[erren]rät und burger 6 vereinigt, alle gemeinden in der statt ze berichten. Das ist gestern beschähen, 7 und ein einhällige antwort gefallen. Volgents sontags 8 graffschafften, herschafften; da man sich guts c .

Zeig ü. f. g. sölichs an, das ich noch nitt dann 9 allen guten willen und gunst d , und das, was jenen 10 muglich, alle zyt thun.

Das ü. f. g. mich abermals 11 bericht, ||V. sag ich hohen danck.

Embüt mich willig ze dienen, wo ich könt.

Gott [etc.].

H.B.

[Ohne Adresse.]12

c Gemeint ist, wie es schon Johann Jakob Simler in seiner Abschrift (Zürich ZB, Ms S 62, 50) vermutete: guts versicht. —
d Zu ergänzen ist wohl (so auch Simler): gespürt.
Orte Biel, Muihouse und St. Gallen gemeint, die sich an dem Treffen beteiligten; s. EA IV/1d 698.
5 Mit dem Brief, den die Vier Städte am 26. Oktober an die schmalkaldischen Verbündeten richteten; s. Nr. 2606, Anm. 60. — Er wurde dem Landgrafen durch Hartmann von Hallwyl am Mittwoch, den 3. November übermittelt; s. Heinrich Thomanns Briefe an den Zürcher Rat vom 7. und 20. November (Zürich StA, A 177, Nr. 126 bzw. 146).
6 rädt und burger: der Kleine und der Große Rat; s. SI IV 1582.
7 Dieses Treffen fand am Samstag, den 30. Oktober statt; vgl. Nr. 2652,4-6 (wo Bullinger irrtümlich "30. september" schrieb), und Nr. 2653,59-65 (wo das Treffen auf "sampstag" datiert wird).
8 Also am 7. November; vgl. auch Nr. 2652,26f; Nr. 2653,65-68. 74. Im letzten dieser Briefe erfährt man, dass von jenem Sonntag ab Versammlungen in den Graf-,
9
10
11
12
Herr- und Ortschaften der Landschaft Zürich geplant waren, um die Bevölkerung über die Lage und über das vom Papst Paul III. und vom Kaiser Karl V. verfolgte Ziel (nämlich das "Evangelium" in Deutschland auszurotten) zu informieren. Aus Nr. 2652,17f, und Nr. 2653,68f, geht ferner hervor, dass für diese Gemeindeversammlungen ein Schreiben verfasst wurde. noch nitt dann: nichts anders als. irgendwie; s. SI I 296. Der Landgraf hatte nämlich schon am 12. September Bullinger einen Brief mit Nachrichten zum Kriegsverlauf zukommen lassen (HBBW XVII, Nr. 2581). Die abgesandte Ausfertigung des Briefes traf am 10. November im Feldlager ein (s. Nr. 2674, Anm. 7) und wurde dem Landgrafen am 13. oder 14. November durch Thomann übermittelt; s. Nr. 2678,2f mit Anm. 1.