Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1692]

Kaspar Megander und
Bullinger an
Lux Löwensprung
Zürich,
20. November 1542

Autograph Bullingers a : Bern StA, A V 1456, Nr. 47 [S. 1-4] (Siegelspur) Ungedruckt

Haben den aus Italien vertriebenen Briefüberbringer Celio Secondo [Curione] nach eingehender Prüfung dem Schultheißen [Hans Franz]Nägeli und dem Säckelmeister [Sulpitius] Haller in Bern empfohlen, die dazu beigetragen haben, dass Curione eine Lehrstelle in Lausanne zugesprochen wurde. Da Curione seine Frau und Kinder in Lucca zurückgelassen hatte, erlaubte ihm der Berner Rat, diese zu holen, und unterstützte ihn dabei; Curiones Reise führte ihn zu [Renata], der Herzogin von Ferrara, die ihn beriet und ihm einen [Empfehlungs-]Brief ausstellte, den sie in Kopie beilegen. Als Curione nach Zürich zurückkehrte, bat er um Unterstützung für seine Weiterreise nach Bern; bitten um gütige Aufnahme und Beherbergung des Gelehrten mitsamt seiner Familie [in Königsfelden]sowie um die Bereitstellung eines Pferdes für die Weiterreise nach Bern. Sie haben auch Schultheiß [Hans Franz]Nägeli und [Hans Rudolf von]Graffenried um Unterstützung Curiones gebeten. Segenswunsch.

Gnad und frid von gott durch unsern herren Jesum, mitt erbietung früntlichen grusses, früntschafft, liebe, und was wir üch eeren, liebs und guts vermöchtend, syend üch bevoran bereidt.

Frommer, getruwer, insonders günstiger und vertruwter herr und bruder, zöyger 2 diß brieffs, Coelius Secundus 3 , ein hoch und fürträfflich gelerter mann, ist vor ettwas 4 monadten 5 kummen uß Italia, vertriben und vervolgt vomm bapst, und alls wir durch vilfaltig gespräch sin glouben, geleerte und vernammpte marcktend 6 , habend wir inn mitt brieffen 7 an unsern insonders geliepten herren schuldheyssen Nägelin 8 und h. seckelmeister Hallern 9 abgefertiget, mitt flyssiger pitt, sölichen eeren, gelerten man zu bedencken und imm ettwan umb ein stand 10 zu verhälffen. Sölichs habend sy gar früntlich von uns uffgenommen und inn gen Losanna zum läser geordnet 11 oder ye so vil verholffen, das er dahin geordnet ist. Gott wölle ir trtiwer lhon sin.

a Auch die Unterschrift Meganders von Bullingers Hand. Zahlreiche Unterstreichungen und Striche am Rande von späterer Hand.
1 Lux (Lukas) Löwensprung, Sohn des Paul (gest. 1499), Goldschmied, Mitglied des Berner Großen Rats 1524-1553, des Kleinen Rats 1534-1539 und 1547-1553, Hofmeister von Königsfelden 1538-1546. Gest. 1553. -Lit.: H. Tribolet, in: HBLS IV 706; H. Türler, in: Schweizerisches Künster-Lexikon, hg. v. Carl Brun, Bd. II, Frauenfeld 1908, S. 275; G. Trächsel, Kunstgeschichtliche Mittheilungen aus den bernischen Staatsrechnungen von
1505 bis 1540, in: Berner Taschenbuch auf das Jahr 1878, Bern 1877, S. 183f.
2 Überbringer.
3 Celio Secondo Curione.
4 einigen.
5 Gemäß einem Empfehlungsbrief Konrad Pellikans an Calvin (CO XI, Nr. 415) kam Curione vor dem 15. August 1542 nach Zürich.
6 Gelehrtheit und Bekanntheit/Verdienste feststellten.
7 Nicht erhalten.
8 Hans Franz Nägeli.
9 Sulpitius Haller.
10 Amt, Anstellung.


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Diewyl aber der fromm mann wyb 12 und kind 13 hinder imm inn Italia in der statt Luca verlassen, hatt man imm erloupt, hindersich zu reyssen 14 und die zu reychen 15 . Es hatt imm ouch ein ersammer radt zu Bernn ettlich kronen uff zerung 16 , ouch ein statt löuffer untz har 17 gen Zürych, und dannethin fürdernuß brieff 18 gaben an burgermeister und radt zu Chur etc. Und nach langer, schwerrer, gfarlicher reyß ist er zu der hertzogin von Ferrer 19 , die ein geborne künigin uß Franckrych ist, künig Ludwigen 20 tochter, kummen, die imm beholffen und beradten xin ist 21 . Die hatt ouch ein brieff heruß geschriben, des copy wir hiezu gethon habind, 22 üch zu besserm bericht und kundtschafft der warheyt.

Alls er nun gen Zürych zu uns kummen und uns anzeigt, daß er sich schwarlich verzert hatt 23 , alls wol zu gedencken, und begärt, daß wir imm beholfen und beradten sin wöllind, daß er mitt sinen kinden möge uff das beldist 24 gen Bernn kummen, habend wir inn hie ab der herberg gelöst 25 und in unserm kosten untz zu üch verfertiget, des knächts und rosses halben, das die kind fürt. Und ist hieruff unser ernstlich und trungenlich pitt an üch, ir wöllind umb gotts willen und umb sines heiligen worts [2] || willen den gelerten, frommen man früntlich empfahen, herbergen mitt wyb und kinden, ouch verhälffen, das er uff das beldist hinuff gefertiget werde, darzu ir imm umb ein roß, das die kind trage, versähung thun und imm ouch sunst nach siner notturfft radtind. 26 Sömlichs 27 wirt gott gefallen, der imm selbs beschähen sin alles das rächnet, das sinen trüwen dienern beschicht. 28

So hoff ich zu der trüw, liebe und früntligkeyt der christlichen obergkeit zu Bernn, sy werde darab dheinen 29 unwillen gagen üch tragen. Wir habend ouch hierumb h. schultheyssen Nägelin und h. Gravenried b 30 , unse[rn]c insonders

b und h. Gravenried am Rande nachgetragen.
11 Die Anstellung erfolgte am 11. September, vgl. Kutter, Curione 53.
12 Margarita Bianca Isacchi.
13 Zu Curiones Kindern vgl. oben Nr. 1683, Anm. 14 und 16.
14 zurückzureisen.
15 holen.
16 Kosten.
17 bis hierher.
18 Empfehlungsschreiben (nicht erhalten).
19 Renata von Frankreich, Herzogin von Ferrara.
20 Ludwig XII., französischer König.
21 behilflich war.
22 Vgl. oben Nr. 1683, Anm. a.
23 dass er viele Ausgaben zu bestreiten hatte.
24 schnellstmöglich.
25 seine Zeche/Kosten bezahlt.
26 Löwensprung folgte der Bitte, wie aus seinem Schreiben an Schultheiß und Rat von Bern vom 22. November 1542 (Bern StA, AV 1456, Nr. 48) hervorgeht, dem er auch diesen Brief Bullingers beilegte. Der Rat hieß sein Vorgehen gut, wie einem Eintrag im Ratsmanual zum 27. November zu entnehmen ist (Bern StA, A II 152, 168f).
27 Solches.
28 Vgl. Mt 25, 40.
29 keinen.
30 Hans Rudolf von Graffenried, geb. 1505 als Sohn des Niklaus. Er nahm 1525 Einsitz in den Großen Rat Berns, war 1530-1533 Hofmeister von Königsfelden und ab 1534 Mitglied des Berner Kleinen Rates. 1536 war er als Kriegsrat an der Eroberung der Waadt beteiligt und bekleidete in den Jahren 1535-1555 dreimal das Venneramt. Gest. 1559. -Lit.: HBLS III 627.


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vertruwten, hiervon geschriben 31 , und gebätten, daß sy den eeren, gelerten man fürderid etc. W[as]d wir üch dann ouch lieb und dienst bewysen kön[n]dent e , wöltend wir willig sin. Gott wölle üch sam[pt]f den üwern trüwlich bewaren. Amen.

Datum Z[ü]rych g , des 20. tags novembris anno 1542.

Die üwern allzyt gantz willige

Caspar Megander

und Heinrych Bullinger, dienere der kylchen Zürych.

[Adresse auf S. (4)]: Dem frommen, ersammen und wysen Luxen Löwensprung, hoffmeistern zu Künigsfelden, 32 iro insonders günstigen, lieben herren unnd bruder.