Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1525]

Johannes Calvin an
die Pfarrer und Lehrer von Zürich
Regensburg,
31. Mai [1541]

Autograph a : Zürich StA, E II 337a, 334r.-335v. (Siegelspur)

Dankt für ihr Mahnschreiben [Nr. 1490] und freut sich über ihr Eintreten für die Genfer Kirche. Der Ruf des [Genfer] Rates hat ihn zunächst erschreckt, da er zwar während seiner dortigen Tätigkeit nie an einen Weggang dachte, aber sich doch oft den Tod wünschte und im Unterschied zu Farel nach seinem Abgang kein öffentliches Amt mehr übernehmen wollte; allerdings haben ihn bestimmte Gründe nun doch dazu gezwungen. Die schlechte Behandlung durch die Genfer würde ihn nicht von der Rückkehr abhalten, da nur Einzelne Schuld am Vorgefallenen tragen, und auch die Tatsache, dass ihn die Straßburger gerne behalten würden, ist kein Hindernis, da ihnen das Wohl anderer Kirchen ebenso am Herzen liegt. Gegenüber dem Genfer Rat entschuldigte er sich vorerst mit seiner Entsendung zum Wormser Konvent, doch Genf hatte bereits Gesandte geschickt, die ihm nach Worms folgten; nach Rücksprache [mit dem Straßburger Rat]schlug er ihnen vor, zusammen mit Bucer und Vertretern weiterer Kirchen nach Genf zu kommen, die Kirche zu inspizieren und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, doch die Reise [nach Regensburg] hinderte ihn daran; er möchte dem Eindruck entgegentreten, als wäre ihm ein Vorwand willkommen gewesen. Wünscht, dass ohne Rücksicht auf seine Ängste von andern über seine Rückkehr nach Genf entschieden wird; die Straßburger halten es für sinnvoll, dass ihn Bucer nach Ende des Reichstags dorthin begleitet, und zu dieser Beratung sollte auch ein Zürcher entsandt werden. Straßburg wird ihn nicht zurückhalten; der Abbruch seiner theologischen Vorlesungen wäre für die Schule verkraftbar. Capito, Bucer und auch er selbst halten jedoch die Unterstützung durch die Berner für unerlässlich, und diese sind nicht abgeneigt, vorausgesetzt, dass der Genfer Kirche durch seinen Dienst

bq omnes verschrieben und wiederholt.
34 Erasmus Schmid.
a Mit einem Vermerk von der Hand Johann Jakob Breitingers.
1 Die Jahreszahl ergibt sich zweifelsfrei aus dem Inhalt wie auch aus dem Absendeort.


Briefe_Vol_11_207arpa

wirklich geholfen werden kann. Will sich der unwillkommenen Aufgabe nicht entziehen und ist bereit, zur Entschlussfindung nach Genf zu reisen; ist froh, dass ihn auch die Zürcher dazu drängen, da er ihr Urteil besonders hoch schätzt. Kann über den Stand [des Religionsgesprächs] nichts Sicheres berichten, doch werden dies gewiss die Konstanzer tun; Philipp [Melanchthon], Bucer und alle andern grüßen die Zürcher. Die Fürsten und Städte [des Schmalkaldischen Bundes] appellieren zugunsten der [verfolgten] Brüder

an den französischen König [Franz I.]; da der Brief [MO IV 325-327, Nr. 2243; CO XI 220f Nr. 311; Corr. des réformateurs VII 126-128, Nr. 983] dem Gesandten [Antoine Morelet oder Claude Dodieu?] übergeben wurde, wagte er nicht, einen Bericht an Farel beizufügen, bittet aber, den Zürcher Rat zu raschem Schreiben zu drängen, da Hoffnung auf eine Milderung der Verfolgung besteht.

[Gedruckt: Paul Henry, Das Leben Johann Calvins, Bd. I, Hamburg 1835, Beilagen, S. 81-85 (Beil. 19); CO XI 229-233, Nr. 318; Corr. des réformateurs VII 137-141, Nr. 990; englische Übersetzung: Letters of Calvin I 241-247, Nr. LXIX.]