Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1358]

Pierre Viret an
Bullinger
Lausanne,
20. Februar 1540

Autograph: Zürich StA, E II 368, 226 (Siegelspur)

Hatte im letzten Sommer gehofft, auf seiner Reise in die [Deutschschweiz]auch nach Zürich zu kommen, doch wurde er unterwegs zurückgerufen; deshalb bittet er nun - ermutigt durch Grynäus -auf brieflichem Weg um eine Stellungnahme zu seinem Anliegen. Wie es bei ihnen steht, schreibt er nicht, da der Bote, der ihm eng verbunden ist, mündlich darüber berichten wird; nur das eine Problem, das er auch im Brief an Kaspar Megander berührt hat, möchte er ihm vorlegen: Zusammen mit vielen Kollegen ist er tief besorgt über die verbreitete Gottlosigkeit; zwar ist an die Stelle des Opferwesens die Predigt getreten, doch wegen der allgemeinen Geringschätzung der Religion bleibt die Frucht aus, so daß jetzt erst recht Gottes Zorn droht. Warum keine Besserung gelingt, ist ihm unklar; jedenfalls sollte wieder eine Kirchenzucht eingeführt werden, doch Vorbilder fehlen, und eine Rückkehr zur papistischen Ordnung kommt nicht in Frage. Viret und seine Kollegen wissen nicht, wie vorzugehen wäre, um eine dem apostolischen Vorbild entsprechende Ordnung einzuführen, und fürchten deshalb, ihre Kirche könnte in Disziplinlosigkeit untergehen. Er hofft auf guten Rat, da man sich in Zürich

1 Aufgrund der im Text enthaltenen Angaben über die Hinrichtung dreier Abte ist der Brief eindeutig dem Jahr 1540 zuzuweisen;
vgl. unten Nr. 1361, 1364 und 1367.


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zweifellos ähnliche Gedanken macht. Gruße an die Zürcher Pfarrer; auch seine Kollegen lassen grüßen.

[Gedruckt: CO XI 19-21, Nr. 209; Corr. des réformateurs VI 181-184, Nr. 851; französische Teilübersetzung: Jean Barnaud, Pierre Viret. Sa vie et son oeuvre (1511-1571), Saint-Amans 1911, S. 185f.]