Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1355]

Hans Vogler an
Bullinger
[Reichenweier],
4. Februar 1540

Autograph: Zürich StA, E II 351, 186 (Siegelspur) Ungedruckt

Hat das Wappen erhalten; Bullinger soll die Kosten bei Hans Jakob [Brennwald] einziehen. Kaiser [Karl V.] und König [Ferdinand 1.] wollen sich am 1. März [in Brüssel]treffen; die Schmalkaldener haben eine Gesandtschaft - bestehend aus [Georg von Boyneburg] aus Hessen, [Georg von der Planitz] aus Sachsen, [Peter Sturm] aus Straßburg und [Johann Scheyring aus Magdeburg] dorthin abgeordnet. Es wird ein Angriff gegen das Herzogtum Geldern befürchtet; zwei Heere stehen bereit, falls Hessen oder Sachsen angefallen würden. Hat auf den 23. April seine Entlassung beantragt und möchte nach Zürich ziehen; sein Herr [Graf Georg von Württemberg] will ihn allerdings noch ein Jahr behalten. Bittet, [Diethelm] Röist zu grüßen und die politischen Nachrichten an ihn weiterzugeben; Grüße auch an Bullingers Kollegen und Familie. Sein Sohn Hans, der noch bei ihm weilt, wird bald fieberfrei sein; [Simon]Grynäus hat versprochen, ihn aufzunehmen. Vogler wird von seinem Herrn, der sehr ungehalten ist, einen ehrenhaften Abschied nur bekommen, wenn er noch ein Jahr bleibt. Sein [Schwiegersohn?] wird in einem Monat wieder [von Zürich nach Reichenweier]reisen; bittet Bullinger um ein paar Zeilen.

Min frünttlich, willig dienst.

Frünttlicher, lieber her und gunner, erstlich wist, das mir daß wappen worden ist 1 , wie wol ich es nitt an daß ortt geben kan, da ich willenß wär; dann die history 2 ist gult, aber ettwaß schlecht geprait 3 . Doch wil ich es vertriben 4 , und was es cost, daß beissend uch Hans Jacoben 5 , min tochterman, geben.

Zum anderen üch in thrüwen 6 (wiewol ich achten 7 , ir vor 8 zum theil wissen), das mir einer geoffnet 9 neuwer zithung 10 halb erstlich in kürtz, das uff der grentz primuß marcii der keysser und küng zusamen komen sollen 11 , deshalb die protestierenden schmalkaldischen ständ dahin zu im bescheiden den 12 , das sy komen; er welle sy verhörnn 13 , och inen friden zugesagt biß zu disser verhör etc. Daruff die protestierenden in aller namen 4 potten dahin

1 Von der Wappenherstellung war schon in früheren Briefen die Rede; vgl. HBBW VII, S. 257, 18, und VIII, S. 163, 69-75.
2 der Entwurf.
3 ausgeführt.
4 in Auftrag geben.
5 Hans Jakob Brennwald.
6 im Vertrauen.
7 annehme.
8 zuvor schon.
9 angezeigt hat.
10 Nachrichten.
11 Kaiser Karl V. hatte seinen Bruder, König Ferdinand I., im Dezember 1539 zu einem Treffen in Brüssel eingeladen; letzterer trat am 13. Januar 1540 die Reise an und traf am 25. Februar mit seinem Bruder zusammen; vgl. NBD V 96. 101 und VI 310-312 mit Anm. 4.
12 zu sich bestellt.
13 anhören.


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geordnet 14 , namlich vom lantgraffen 15 einer, von hertzog Hanssen 16 der 2., von Straßburg der dritt, hör ich her Jacob Sturmen bruder, und ein Sestatt 17 vergessen der 4., mitt disser beveich, als 18 ich hör, nitt allein zu anthwurten, sonder von keysser zu wüssen, wess sy sich fürter 19 ettlichen versechen soln.

Und wiewol man an Gellern 20 ein angriff besorgt 21 , der nitt verlassen 22 , das och knecht ins keyssers namen angenomen hinab ziechen täglichen, so ist doch, als ich warhaft glob, gerüst, so verr uff Hessen angriffen wurde, ein zug 23 daselpst zu retten geordnett 24 , ob 25 dann uff Sachssen angriffen wurd, alda entgegen 26 der ander zug wol gerüst. Darzu Sachssen und Hessen selbst über die huffen die obersten sin wellenn; in dem syg gott herr. Amen.

Ir sollt och wissen, das ich von m[inem]g[nedigen]f[ürsten]27 dißer tagen ein gnädig urlob genomen 28 , uff Geory 29 , so es der her gott zulast, zu üch ziechen. Der her leite mine rätt 30 . M[in] g[nediger] hi[er] ist nitt zufriden mins urlobß halb, so wil min frow 31 die kranck ligt, nitt pliben etc. Ist gantz ungnädig, vermant mich hoch 32 , im noch das jar zu dienen.

Wellend m[inem] hern Rösten min gruß sampt der zithung von mir ansagen, daby all gut hern, hern propst 33 , Leon 34 Casparn 35 Theoder 36 , M. Raßmus 37 , Thumysen 38 , Andress Gessner, m[eister]Kaspar 39 , so vil uch müglich (wann jr uff der gassen spacieren)40 grüssen, Laffatter och a , vorab vestram uxorem 41 et pueros b42 .

a Laffatter och am Rande nachgetragen.
b in der Vorlage ves uxor et puer.
14 Über die Mission der evangelischen Gesandtschaft beim Kaiser in Brüssel vgl. Mentz II 203. 212-216. — Die Gesandten waren: Georg von Boyneburg aus Hessen, der sächsische Rat Georg von der Planitz, der Straßburger Peter Sturm als Vertreter der oberländischen Städte und Johann Schevring. Bürgermeister von Magdeburg; vgl. ebd. und PC III 6, mit Anm. 1, und 21, Anm. 1.
15 Philipp, Landgraf von Hessen.
16 Johann Friedrich I., Kurfürst von Sachsen.
17 Hansestadt. —Auf dem Arnstädter Tag im November/Dezember 1539 war Magdeburg ausersehen worden; vgl. Mentz II 203 und PC II 647.
18 wie.
19 künftig.
20 Zum Kampf um das Herzogtum Geldern, der nach dem Tod von Herzog Karl 1538 entbrannt war (vgl. HBBW VIII, S. 187, Anm. 24), vgl. Paul Heidrich, Der geldrische Erbfolgestreit 1537-43, Kassel
1896. — Beiträge zur deutschen Territorial- und Stadtgeschichte, Serie I, Heft 1.
21 befürchtet.
22 aufgegeben.
23 Heer.
24 aufgestellt.
25 falls.
26 dagegen.
27 Georg, Graf von Württemberg-Mömpelgard.
28 beim ... die Entlassung eingereicht habe.
29 auf den 23. April.
30 Entschlüsse, Vorhaben.
31 Appolonia, geb. Baumgartner.
32 eindringlich.
33 Gemeint ist wohl Heinrich Brennwald.
34 Leo Jud.
35 Kaspar Megander.
36 Theodor Bibliander.
37 Erasmus Schmid.
38 Itelhans oder Hans Rudolf.
39 Kaspar Nasal.
40 wenn Ihr in der Stadt unterwegs seid.
41 Anna, geb. Adlischwyler.
42 Über die Kinder vgl. oben Nr. 1344, Anm. 14.


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Min son Hans 43 ist noch by mir; das feber, hoff ich, hab im uff die thag verlassen. Grineus hat mir gont 44 in zu nemen; glob, werd in zu im thon 45 . Actum.

Als ich, wie oben luth 46 , urlob von m. g. f. genomen, ist er so ruch 47 , begert das an min husfrowen und mich mitt vyl scharffen worten, das ich im noch dis jar zu einem gnädigen abscheid dienen will (mins achtens, well ich mitt lieb und gnaden da dann 48 , muss ich noch dis jar dienen, darzu mich der lieb gott behütte und laity), dann die loff 19 wild und grosse sorg daruff c .

Min sun 50 wirt ongfar in eim monat wider herab d51 . So schriben mir, es syg rich oder arm 52 .

Actum den 4. hornung anno 40.

U[wer]w[illiger] Johann Vogler, schaffner zu

Rychenwyler.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem wolgelerthen, ernngeachten M. Heinrichen Bulliger zu Zurich, minem gethruwthen hem und fründt.

c daruff korrigiert aus dauff.
d in der Vorlage hrab.
43 Der schon in mehreren Briefen erwähnte Sohn Voglers wurde in HBBW VII, S. 58, Anm. 3, irrtümlich mit dem erst 1555 geborenen Hans Rudolf identifiziert. — Hans Vogler (Aucuparius), 1524— 1574/75, studierte 1540/41 in Basel und erlernte 1543-1545 das Schreiberhandwerk in Reichenweier. Er war 1546 in Augsburg bei Stadtschreiber Georg Frölich tätig und hielt sich in den folgenden Jahren an verschiedenen Höfen auf. Um die Mitte der sechziger Jahre lebte er in Zürich, war an der Churer Münze und am Bergwerk in Filisur (Kt. Graubünden) beteiligt und arbeitete mit Jakob Stampfer und mit Rudolf Rordorf zusammen, die eine Münzprägemaschine entwickelten. In Hall im Tirol, wo Vogler 1567-1569 als "Münzwerkregierer" amtete, führte er das Walzenprägeverfahren ein; 1569 erhielt er dafür ein kaiserliches Privileg. Anschließend wirkte er im Dienste des Herzogs von Bayern, und ab 1571 war er
Münzmeister in Augsburg. Sein Versuch, 1574 in Polen sein Prägeverfahren einzuführen, scheiterte. 3 Briefe Voglers an Bullinger sind überliefert. — Lit.: Rainer Henrich, Vom Luftikus zum Münzwerkregierer. Die Karriere Hans Voglers d. J. von Zürich (1524-1574/75), in: Von Cyprian zur Walzenprägung. Streiflichter auf Zürcher Geist und Kultur der Bullingerzeit. Prof. Dr. Rudolf Schnyder zum 70. Geburtstag, hg. v. Hans Ulrich Bächtold, Zug 2001. — Studien und Texte zur Bullingerzeit 2, S. 71-104.
44 zugesagt.
45 Hans Vogler immatrikulierte sich zu Beginn des Sommersemesters 1540 an der Universität Basel (s. Basel, Matrikel II 23, Nr. 14).
46 Vgl. oben Z. 23-27.
47 heftig, ungehalten.
48 will ich in Ehren wegziehen.
49 das Weltgeschehen.
50 Vogler meint vielleicht seinen Schwiegersohn Hans Jakob Brennwald.
51 von Zürich ins Elsaß herunter.
52 was auch immer.