| Glaube nicht, daß ich die Thränen verdamme, die Laura mir weinet,
Diese gutartigen Kinder der Menschheit, die in der Gesellschaft
Stiller Geduld so rührend blinken. —Doch, Freundin, ich fühle
Jeden zärtlichen Schmerz und jeden pochenden Seufzer
Deiner zärtlichen Brust. Auch wir, im Reiche der Wonne,
Auch wir fühlen wenn unsre Geliebten trauern, ihr Kummer
Tritt mit umwölkter Stirn in den Cirkel ätherischer Freuden.
O! unendlich bist du mir theurer, o Laura, seitdem mich
Jenseits des Todes die Hügel des Friedens empfingen! Die Tiefen
Die uns trennen, verwehren der sympathetischen Neigung
Nicht, hernieder zu eilen, und, zu den vertrauten Gespielen
In dem geliebten Herzen gesellt, mit ihnen gen Himmel
Wieder hinauf zu fliehn. Denn hat wohl die Zeit der Seele
Auch nur Einen Genuß aus ihrem dürftigen Reichthum
Anzubieten, der ihren Wunsch vom Fliehen zurückhielt?
Arme Begierden! sie zittern in dieser irdischen Wüste
Unerfahren umher, vom Irrthum in Thäler gelocket,
Schatten zu haschen, Gespenster des Glücks und lächelnde Qualen.
Mitleidswerthe Betrogne! sie wissen nicht, daß nur im Himmel,
Wo sie entsprungen sind, jeglicher Wunsch mit offenen Armen
Ihnen begegnet! —Doch nicht die deinen, o Laura, die schliefen
Nie vom Sirenengesang des schöngeschminkten Betruges
Sorgenlos ein; schon früh gewöhnte die junge Begierde
Sich zum kühnen ätherischen Flug. Im Lichte, das Engeln
Leuchtet, gab dir die Wahrheit die Erde zu übersehen,
Und du bewundertest nimmer! und deine Hoffnungen alle
Gleiteten von ihr ab. — O Laura, Laura, wie lange
Soll dich das irdische Leben den bessern Welten mißgönnen,
Die du zu zieren verdienst? Wie lange noch wehrt dir das Schicksal
Unter den Sphären zu schimmern? Ist nicht dein heiliges Herz schon
Ausgebreitet genug, den Himmel zu fassen, dein Auge
Fähig, die Nähe der Gottheit zu tragen? O säume nicht länger!
Komm! es sollen sich gern die diamantenen Pforten
Dieser Sonne dir öffnen, von deren Zinnen, o Laura,
Ich so vielmal nach dir mit zärtlicher Sehnsucht herabseh'.
Hier sind deine Begierden daheim, hier wohnen sie gerne
Sittsam und froh in Thälern der Ruh', in ambrosischen {Schatten,}
Wo die Wollust an Quellen der Weisheit zur Speise für Engel
Reifet, voll himmlischer Kräfte, den Wuchs der Seele zu fördern,
Süßer als alles was Menschen entzückt, und doch nicht die schönste
Unter den {empyreischen} Früchten. — Hier lebt dein Charikles,
Unter die Sonnenbewohner versetzt, im herrlichsten Schauplatz
Immer wechselnder Wunder. Hier, wo die Quelle der Schönheit
Nie versieget, die euch in trüben Bächen nur zufließt,
Würde der Frühling der Erd' in seinem buntesten Schimmer
Vor der blendenden Pracht des geringsten Gegenstands schwinden
Wie ein mittäglicher Schatten. — Doch, wie beschreib' ich dir, Laura,
Neue Reihen von Dingen, wozu die irdische Schöpfung
Keine Bilder mir gibt? Kaum daß begeisterte Dichter,
Oder hochfliegende Phantasien in nächtlichen Stunden
Einen zitternden Blick in diese Reiche des Lichtes
Wagen, doch bald mit versengtem Aug' von den Göttergesichten
Niedertaumelnd, vergebens die namenlosen Gestalten
Wieder in sich zu finden, und wahr sich zu machen streben.
Hier ist Licht der einzige Stoff. Unzählbare Formen
Nimmt es unter der Hand der Natur, leichtbildsam, doch minder
Wandelbar als der irdische Klumpen. Die Strahlen des Lichtes,
Wenn sie, den Tönen gleich, in tausendfachem Verhältniß
Sich verbinden, entzücken mit sichtbaren Harmonien
Zartempfindende Sinne. So wurden unzählige Wesen,
Kinder der Symmetrie, unendlich an Schimmer verschieden
Wie an Bildung und Zweck, der Sonne gegeben. Sie machen
Ein bezauberndes Ganzes. In unvergänglicher Blüthe
Herrscht hier die Schönheit, und strahlt nur reine heilige Triebe
In die Seelen, die, innerlich frei, die Dinge beherrschen
Die sie umgeben. O Laura, könnt' ich diese dir schildern,
Deren himmlische Freundschaft mich hier beseligt, du würdest
Ungesehen sie lieben. Geschickt, auf Flügeln des Lichtes,
Oder süß duftenden Wolken von Erde zu Erde zu strahlen,
Nehmen sie feinere Bilder in ihr weiträumig Gedächtniß.
Freiheit lächelt auf ihrer Stirn, die heiterste Seele
Malt sich in jedem Auge. Der unumwölkte Verstand herrscht
Ungestört über ihr Herz, und formt mit zärtlicher Sorgfalt
Jede Idee nach dem Urbild der Wahrheit, das immer ihm vorschwebt,
Immer in Harmonien gestimmt, die dem göttlichen Ohre
Selbst gefällig ertönen. Nie stößt Begierd' an Begierde;
Lächelnd begegnen sich alle Gedanken, und eilen gesellig
Nach dem erhabensten Ziel. Gewiß der Umfang der Schöpfung
Hat nicht schönere Seelen! Vielleicht, daß irgend ein Himmel
Geister von höherer Kraft, ein andrer von schärferen Sinnen,
Oder in Leibern von hellerem Stoff zu haben sich rühmet;
Aber die schönsten der Geister zu tragen gebührt nur der Sonne.
O wie selig sind sie! Ihr einzig Geschäft ist Liebe,
Aus Erkenntniß des Schönen und Guten. So spähet ihr Tiefsinn
In der Schöpfung nur Gott, mit immer wachsender Inbrunst,
Lieben zu lernen; so freuen sie sich, in ihren Geliebten
Neue Vollkommenheiten zu sehn, und in sie zu pflanzen.
Diese Kinder der Sonne bewohnen, seitdem sie den Erden
Leuchtet, ihre krystallnen Bezirke; der herrschende Seraph
Der aus seinem ätherischen Tempel, als Gottes Statthalter,
Ueber den weiten Umfang des Sonnenhimmels gebietet,
Hat erst wenige mit sich in eine höhere Sphäre,
Da zu wohnen, geführt. Den immer zufriedenen Seelen
Scheinen Jahrhunderte nur wie flüchtige Tage zu rauschen.
Ihre Anzahl wird selten vermehrt; nur wenige Menschen
Findet die Vorsicht, mit ihrer Gemeinschaft belohnet zu werden,
Würdig; nur die, die, im irdischen Leibe den Adel der Seele
Früh erkennend, zu groß sich fühlen an sinnlicher Schönheit
Bald verwelkenden Blumen zu kleben, die ihre Begierden
Ueber des reizenden Stoffs mit Wollust bewachsene Hügel
Schwingen, und in der Beschauung des wahren Gott ähnlichen Schönen
Voll entzückter Bewundrung ruhn, und ihr Herz nach ihm bilden.
Unter diesen war ich. Der menschenfreundlichen Tugend
Dank ich's, und, Laura, dir. Wer konnte dich, göttliche Seele,
Kennen, und sonst was Sterbliches lieben? Wie leicht ist's dem Herzen,
Dem sich die Tugend in solchen allmächtigen Reizungen anbeut,
Sie zu lieben! Du lehrtest es mich. In deiner Umarmung
Reinigte sich mein Herz, und jede Bewegung ward sanfter,
Glühender jeder Entschluß zu edeln Thaten. Du warst mir
Wie ein Erinnrungszeichen, daß Himmel meiner erwarten.
Konnt' ich dich ansehn, und irdisch denken? Du gabst mir, o Freundin,
Schon auf der Erde, was andre Welten begehrungswerth machet.
In dem verlassensten Winkel der Schöpfung, in den sich der Irrthum
Mit dem ganzen Gefolge des winselnden Elends geflüchtet,
War ich durch dich beglückt, durch dich und die selige Neigung
Andre mit mir zu beglücken. Nun leb' ich, wo Schönheit und Liebe
Königlich herrscht, wo nie das Aechzen der leidenden Unschuld
Unter die Symphonien der heiligen Freuden sich mischte;
Wo beim Anblick der Tugend kein Neid entbrennet, die Schönheit
Nie gehaßt wird, und Unschuld nie ihr Verderben gereizt hat;
In Gefilden des Friedens, wo, wie ein himmlischer Frühling,
Ewige Freundschaft herrscht, und mit ihren lächelnden Schwestern
Niemals welkende Kränze von liebenden Seelen sich bindet. |