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Kapitel 

DÄMONEN DES SUDAN


ALLERHAND RELIGIÖSE VERDICHTUNGEN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

20. Wie Asama den Büffeln an Stärke überlegen ist

Diese nachfolgende Legende erhielt ich von den Jukum. Diese gaben aber selbst an, daß sie ursprünglich Gut der Abaqua-Riga



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sei. Da die Geschichte ja im Grunde genommen eine Verherrlichung des Asamadienstes ist, der seinerseits, heute wenigstens, lediglich von den Abaqua-Riga geübt wird, so ist die Richtigkeit dieser Angabe nicht mehr als wahrscheinlich. Sie wird noch dadurch wahrscheinlicher, daß die Verehrung der Büffel ja einen wesentlichen Bestandteil der Jukumreligion, des Aku-hua- und des Aku-ma-Dienstes ausmacht. Die Legende meldet:

Eine Frau war schwanger. Sie war aber nicht schwanger im Leibe wie andere Frauen, sondern sie war schwanger am Knie. Das Kind, mit dem sie am Knie schwanger ging, war ein Knabe. Der Knabe hieß Angua-baba. Als Angua-baba geboren werden wollte, rief er aus dem Knie seiner Mutter: "Meine Mutter, lege dein Knie zur Erde." Die Mutter hörte die Stimme. Die Mutter sah umher. Die Mutter sah niemand. Der Knabe rief: "Meine Mutter, was siehst du um dich? Meine Mutter, ich bin hier in deinem Knie! Meine Mutter, du bist schwanger mit mir. Aber heute, meine Mutter, will ich hervorkommen aus deinem Knie. Heute will ich geboren werden! Also lege dein Knie auf die Erde, meine Mutter!" Die Mutter des Angua-baba erschrak. Die Mutter des Angua-baba tat nichts. Angua-baba trat aber aus dem Knie. Angua-baba fiel zur Erde hinab. Der Knabe stand aber auf. Der Knabe richtete sich auf. Der Knabe sagte: "Warum hast du dein Knie nicht auf die Erde gelegt? Habe ich dir das nicht gesagt?" Der Knabe schlug seine Mutter. Angua-baba schlug seine Mutter und sagte: "Nun werde ich umhergehen! Nun werde ich Streit suchen!"

Angua-baba lief (also gleich nach seiner Geburt) aus dem Hause seiner Mutter. Angua-baba suchte jemand, mit dem er Streit anfangen konnte. Angua-baba fand aber niemand. Angua-baba sah niemand, mit dem er streiten konnte. Angua-baba suchte Menschen, um mit ihnen zu kämpfen. Angua-baba fand jedoch keine Menschen. Es waren da aber sehr viele Büffel. Angua-baba sah die Büffel. Angua-baba ging zu einem Büffelkaib und sagte: "Mein Büffelkaib, bringe mich zu eurem Anführer! Bringe mich zu eurem Apagapi (das ist Jukum; in Haussa jagaba; in Nupe jegi; in Jeruba segi; damit wird der Leitbüffel gemeint, und zwar sowohl das Leittier der wilden Tiere als das der Hausrinderherde)." Das Büffelkaib sagte: "Was willst du von meinem Apagapi? Ehe ich dich zu meinem Apagapi führen kann, muß ich wissen, was du vorhast; denn der Apagapi wird mich danach fragen, und ich muß ihm antworten können."Angua-baba sagte zu dem Büffelkaib: "Du



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kleiner Junge hast hierzu gar nichts zu sagen. Das ist nicht deine Sache. Das ist Sache deines Apagapi und mit deinem Apagapi will ich kämpfen! Rede nicht lange, sondern geh, wie ich es von dir verlangt habe!"

Das Büffelkaib sagte: "Dann gehe selbst zu meinem Apagapi!" Angua-baba sagte: "Welcher ist es?" Das Büffelkaib zeigte ihm den Weg und sagte: "Dieser dort ist mein Apagapi!"Angua-baba ging zu dem Büffelstier und sagte: Dieses Büffelkaib sagt, du seist der Apagapi der Büffel. Wenn du das bist, will ich mit dir kämpfen!" Der Büffel sagte: "Ich bin der Apagapi; aber warum kämpfst du nicht erst mit dem Büffelkaib, ehe du mich aufforderst? Du bist ein Knabe, also kämpfe erst mit dem Büffelkaib, ehe du dich mit mir einläßt!" Das Büffelkaib sagte zu Angua-baba: "Komm, Bursche! Du bist noch kein (erwachsener) Mann! Also kämpfe erst mit mir. Komm! Ich bin auch jung und stark!" Der Apagapi sagte: "Ja, so ist es recht. Kämpft miteinander! Du, Knabe! Merke, daß auch ein Büffelkaib schon stark genug ist, um mit einem Burschen, wie du einer bist, fertig zu werden!"

Das Büffelkaib wollte auf Angua-baba zulaufen. Das Büffelkalb wollte Angua-baba angreifen. Angua-baba sagte: "Halt! Warte ein wenig! Erst sollen alle Büffel Holz herbeibringen und auf einen großen Haufen werfen. Erst soll dieser Holzhaufen angezündet werden, so daß man das Feuer weithin sieht. Dann will ich mit dir kämpfen!" Der Apagapi sagte zu den Büffeln: "Tut es, wie der Bursche es will!"Alle Büffel liefen von dannen. Die Büffel brachen Holz. Die Büffel brachten Holz. Sie warfen alles Holz auf einen Haufen. Es war ein großer Haufen Holz. Der Holzhaufen ward angezündet. Es war ein großes Feuer.

Angua-baba sagte zu dem Büffelkaib: "Nun komm, mein kleiner Bursche! Nun versuche mit mir zu kämpfen!" Alle Büffel standen herum. Das Büffelkaib kam angerannt. Das Büffelkaib wollte Angua-baba angreifen. Angua-baba stand fest. Als das Büffelkaib auf Angua-baba zukam, ergriff Angua-baba das Büffelkaib. Anguababa hob das Büffelkaib hoch in die Luft. Angua-baba warf das Büffelkaib mitten in den brennenden Holzberg. Das Büffelkaib verbrannte. Alle Büffel sahen zu. Alle Büffel schrien.

Die Buffel schrien zu Apagapi und sagten: "Unser Apagapi! Sieh doch! Dieser Knabe hat das Büffelkaib in das Feuer geworfen!" Der Apagapi sagte: "Ja, ich habe es gesehen. Dieser Knabe hat das Büffelkaib in das Feuer geworfen. Ich will nun selbst mit dem Knaben



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kämpfen. Geht also zur Seite. Ich will den Knaben in das Feuer werfen, sowie er unsern Burschen in das Feuer geworfen hat."Die Büffel traten zur Seite. Der Apagapi kam heraus.

Der Knabe Angua-baba sagte: "Es ist mir recht! Ich habe gleich gesagt, daß ich mit dir kämpfen will. Sage mir aber, ob du dich selbst für einen großen Mann hältst oder nicht ?" Der Apagapi sagte: "Natürlich bin ich ein großer Mann! Denn ich bin der Apagapi aller dieser Büffel."Angua-baba sagte: "Gut. Wenn du ein großer Mann bist, dann müssen deine Leute mehr Holz herbeibringen und ein größeres Feuer anzünden! Denn dann muß das Feuer viel größer sein!"Der Apagapi sagte: "Es ist recht, es muß für einen großen Mann ein größeres Feuer sein als für einen kleinen. Bringt also mehr Holz herbei!" Alle Büffel liefen auseinander. Die Büffel brachen viel Holz. Die Büffel brachten viel Holz herbei. Die Büffel warfen alles Holz auf den brennenden Holzhaufen, in dem das Büffelkaib lag. Es war ein großes Feuer, wie ein Berg. Der Apagapi sagte: "Ist dieses Feuer nun groß genug?"Angua-baba sagte: "Wenn du es für groß genug hältst, ist es mir recht!"

Apagapi sagte: "Nun paß auf!"Alle Büffel traten zur Seite. Apagapi lief auf Angua-babazu. Apagapi wollte Angua-baba niedertreten. Der Apagapi kam an Angua-baba heran. Angua-baba ergriff den Apagapi. Angua-baba packte den Apagapi. Angua-baba hob den Apagapi hoch und warf ihn mitten in das Feuer. Als die Büffel das sahen, rannten alle, so schnell sie konnten, von dannen.

Angua-baba ging weiter. Angua-baba kam zu Afi (dem Leoparden). Afi sah Angua-baba und sagte: "Was willst du hier? Was ist das mit dir? Willst du, daß ich dich fresse?"Angua-baba sagte: "Ich weiß nicht, was ihr hier eßt. Aber ob ihr hier Menschen eßt oder nicht, ist mir gleich. Ich bin gekommen, um mit dir zu kämpfen!" Afi sagte: "Es ist gut. Ich will dich töten und dann essen!" Angua-baba sagte: "Wir wollen erst das Feuer schüren, damit du mich besser kochen kannst!" Afi warf Holz in das Feuer. Afi wollte auf Angua-baba zuspringen und ihn töten. Angua-baba packte ihn aber und warf ihn in das Feuer. Afi starb im Feuer.

Angua-baba ging weiter. Angua-baba kam zu Asenku (oder Adjenku) dem Löwen. Asenku sah Angua-baba und sagte: "Was willst du hier? Was ist das mit dir? Willst du, daß ich dich fresse ?" Angua-baba sagte: "Ich weiß nicht, was ihr hier eßt. Aber ob ihr hier Menschen eßt oder nicht, ist mir gleich. Ich bin gekommen, um mit dir zu kämpfen!" Asenku sagte: "Es ist gut; ich will dich



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töten und dann essen." Angua-baba sagte: "Wir wollen erst das Feuer schüren, damit du mich besser kochen kannst." Asenku warf Holz in das Feuer. Asenku wollte auf Angua-baba zuspringen und ihn töten. Angua-baba packte ihn aber und warf ihn in das Feuer, Asenku starb im Feuer.

Angua-baba ging weiter. Angua-baba kam zu Taini (der Hyäne), Taini sah Angua-baba und sagte: "Was willst du hier? Was ist das mit dir? Willst du, daß ich dich fresse?" Angua-baba sagte: "Ich weiß nicht, was ihr hier eßt. Aber ob ihr hier Menschen eßt oder nicht, ist mir gleich. Ich bin gekommen, um mit dir zu kämpfen!" Taini sagte: "Es ist gut; ich will dich töten und dann essen."Anguababa sagte: "Wir wollen erst das Feuer schüren, damit du mich besser kochen kannst." Taini warf Holz in das Feuer. Tami wollte auf Angua-baba zuspringen und ihn töten. Angua-baba packte ihn aber und warf ihn in das Feuer. Taini starb im Feuer.

Angua-baba ging weiter. Angua-baba kam an die Stelle, an der Asama mit den Aku (oder Aki) tanzte. Asama tanzte mit den Aku auf einem Platz. Asama sah Angua-baba. Asama sagte zu den Aku: "Seht den Burschen dort! Fragt den Burschen, was er hier will. Sagt ihm, daß wir hier alle Aku sind und keine Menschen." Ein Aku kam zu Angua-baba und sagte: "Was willst du hier? Das ist kein Platz für Menschen. Wir sind hier alle Aku und keine Menschen." Angua-baba sagte: "Was ihr hier seid, ist mir ganz gleich. Ich will mit Asama kämpfen. Das ist alles. Mehr will ich nicht." Der Aku sagte: "Asama ist im Busch und tanzt. Asama ist nicht zu Hause." Angua-baba sagte: "Das ist mir ganz gleich. Ruft mir Asama; ich will mit ihm kämpfen." Der Aku ging.

Der Aku kam zu Asama zurück. Der Aku sagte zu Asama: "Dieser Bursche ist gekommen, um mit dir zu kämpfen." Asama sagte: "Was will dieser Bursche?" Aku sagte: "Der Bursche will mit dir kämpfen." Asama sagte: "Es ist gut." Asama kam heraus. Asama sagte zu Angua-baba: "Du, Bursche, du willst mit mir kämpfen?" Angua-baba sagte: "Ja, ich will mit dir kämpfen." Asama sagte zu den Aku: "Geht alle zur Seite. Nun will ich mit dem Burschen kämpfen." Der Bursche sagte: "Wenn du ein großer Mann bist, läßt du neben uns ein großes Feuer machen." Asama sagte: "Das soll geschehen."Alle Aku mußten Holz bringen. Alle Aku warfen das Holz auf einen Haufen. Der Holzhaufen ward angezündet. Es war ein großes Feuer. Asama sagte zu Angua-baba: "Ist das Feuer groß genug?"Angua-baba sagte: "Ja, es ist ein großes Feuer."



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Asama kam (langsam) auf Angua-baba zu. Asama beugte sich über Angua-baba und ließ seine Spitzen um Angua-baba wehen. Angua-baba packte Asama. Asama aber umschlang Angua-baba mit seinen Spitzen (die Bänder und Spitzen, die auf der Maskenspitze befestigt sind). Angua-baba wollte Asama in das Feuer werfen. Asama hielt ihn mit den Spitzen fest umschlungen und sprang mit ihm durch das Feuer hindurch. Angua-baba wollte Asama in das Feuer werfen. Asama zog aber Angua-baba mit über das Feuer hinweg. Angua-baba focht mit Asama vom Morgen bis zum Abend.

Als es Abend war, trat Angua-baba zur Seite. Angua-baba nahm etwas Erde auf und aß sie. Die Erde sollte Angua-baba stark machen. Die Mutter gebar damals Angua-baba aus ihrem Knie gemeinsam mit einem Beutel. Angua-baba trug den Beutel um seinen Hals. Angua-baba nahm aus dem Beutel. Darauf begannen Angua-baba und Asama wieder zu kämpfen. Angua-baba wollte Asama in das Feuer werfen. Asama hielt den Burschen mit seinen Spitzen fest umschlungen und sprang mit ihm durch das Feuer. Angua-baba wollte Asama in das Feuer werfen. Asama zog aber Angua-baba mit über das Feuer hinweg. Angua-baba ward müde.

Angua-baba sagte:. "Ich kann Asama nichts antun. Asama kann ich nicht überwinden. Nun will ich Asama auch nichts mehr antun. Ich will Asama dienen von heute an." Darauf ward Anguababa der Diener Asamas.

Wenn Asama (die Maske) heute kommt, steht stets ein Mann neben ihm, der sich auf einen Stock stützt. Das ist Angua-baba. Angua-baba sagt stets: "Asumate, asumate-gua" (will sagen, daß Asama sein bester Freund von lange her sei). Man gibt diesem Begleiter des Asama anscheinend den Titel "Angu-dise".


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