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SPIELMANNS GESCHICHTEN DER SAHEL

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1921

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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MIT EINER KARTE DER SAHARA UND

EINER BILDERTAFEL / TITEL- UND

EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

Die Horo = Adligen. —Mögen die einzelnen Völker in der Abstufung und Gliederung nach unten noch so weit voneinander abweichen, immer stand und steht heute noch obenan die Linie der Freien, Vornehmen, Adligen oder wie man sie nennen will. Ihre Namen bei den verschiedenen Stämmen sind:
bei Wolof: burkin (Plural: burkinje),
Malinke: horo (Plural: horolu),
Marka: hore (Plural: horu),
Fulbe: dimo (Plural: rimbe),
Bammana: foro (Plural: forolu).

Gerade in den Reihen dieser ersten Kaste sah man vordem außerordentlich aufmerksam auf Stammesreinheit. Es geht mit den matriarchalisch stark beeinflußten Bestimmungen des Mandingischen Sippenlebens Hand in Hand, daß man nicht nur einen Horo danach respektierte, aus welchem mehr oder weniger angesehenen Djamu väterlicherseits er stammte, sondern vor allem suchte man festzustellen, ob die Mutter auch "reinen Blutes" sei. Fremden gegenüber, die zuzogen, war man mißtrauisch. Die konnten ja viel erzählen, aus was für noblem Djamu Mutter und Großmutter seien. Deshalb heiratete ein junger Horo nicht sehr gerne "in" eine eingewanderte Familie hinein. Die eigenen Landsleute kannte man. Da wußte man genau Mutter, Großmutter und Ahnfrau anzugeben. Und so ergab sich im Laufe der Zeit für die Horo



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"reiner" Herkunft eine neue Ausdrucksweise, die immer etwa besagen will: "garantiert echt".

Solche Leute, denen man generationenweit die Kastenreinhaltung nachweisen konnte, hießen bei den Wolof Ngorrje (Sing.: ngorr). Das Wort soll abstammen von gorr, das seinerseits die Imperativbedeutung: schlage oder schneide hat. Ich habe nicht genügende Gelegenheit gehabt, mich eingehender mit dieser Sprache zu beschäftigen, um sagen zu können, ob das richtig ist. Die Malinke kreditieren einen reinblütigen Horo mit dem Ausdruck: djerreulu (Plural: djerreluol), das wohl mit njerre Zweig oder Baum und ulu gleich geboren zusammenhängt. In Bate (Kankan) und Konian hörte ich in solcher Bedeutung den Ausdruck: mogo-njima-nding (njima-gut), bei Malinke das Wort mogo-bete-nding (bete-gut) anwenden. Es ist alles gleiche Rühmung vornehmer Abstammung, d. h. reiner Herkunft, und für Leute solcher Bezeichnung fällt die Beschuldigung väterlicher oder großväterlicher Mesalliance fort.

Bei Bammana ist gleicher Ausdruck wie bei Malinke üblich: jerre oho, Plural: jerre ollolu, und ebenso bei Marka: jere-oro, Plural: jere-oronu. Dagegen sagt der Fulbe: bi haha! (Plural: bibe hallal), das soll kommen von bi = Kind und hallal = "das ist mein". Den Wurzeln und der Konstruktion nach scheint mir diese Explikation für die Fulbesprache möglich.

Diese Horo nun, hervorgegangen aus siegreichen Völkern, entsprechen fast vollkommen der Herrschaft auf Mecklenburgs Rittergütern, nach dem alten Modus, der heuer allerdings hinfällig wird. Im allgemeinen haben wir es in den Horo mit den Herren Grund und Bodens, mit Gutsbesitzern zu tun, wobei aber gegen unseren Norden der Unterschied merkenswert ist, daß jene Herren selbst Hand anlegten, wenn es sich darum handelte, das Land zu bestellen. Jeder Gutsbesitzer ist hier sein erster Ackerknecht. Das galt in alter Zeit nicht nur für die Bauern, sondern sogar für die Fürsten. Wir werden diesen Fürsten und Königen sogleich ein Wort widmen, vor allem der Hauptarbeit des Horo, dem Ackerbau, einen Abschnitt widmen. Vorher aber müssen wir einer Adelsgruppe gerecht werden, die aus dem Rahmen aller anderen herauszufallen scheint. Ich meine die Dimo - eigentlich müßte ich "Rimbe" sagen - der Fulbe.

Der Dimo war niemals und nirgends Bauer, kein Rittergutsbesitzer; er hatte nichts, gar nichts mit Landbestellung zu tun. Man hat aber auf der anderen Seite früher oft gesagt, der Fulbe wäre immer nur und nichts weiter als Hirten. Das ist falsch! Es gibt ganze Kasten hellfarbiger typenreiner Fulbe, die den Ackerbau betreiben. Das sind die Rimaibe, die den Ulussulu der Mandingo entsprechen. Das ist aber keine Ritterschait, das ist Bauerniehntum,



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das hier Gestalt gewinnt. Die Dimo waren nur Ritter. In dem Abschnitte "Baudi", in dem die Bardensänge, die "homerischen"Fulbe-Dichtungen des westsahelischen Plateaus Wiedergabe finden werden, sind in klareren Bildern die typischen Szenen des Lebens und der Lebensgewohnheiten solcher Dimo geschildert.

Der adlige Sohn zieht hoch zu Roß mit einem Reisigen das ist sein Mentor, Knappe und Barde - aus und sucht Abenteuer. Er zieht aus der Begrenzung des Heimatlandes. Kampf, Ruhm und anscheinend am wenigsten Beute, scheinen sein Ziel. Das "königliche Weib", das erworben werden will, ist dagegen ein bedeutsames Symbol. Das ganze Leben der Dichtung mutet nach mancher Richtung an wie mittelalterliches Minnewerben mit Schwertklang und Lautenschlag. Und somit summt ein uns durchaus bekannter, verwandter, sympathischer Zug durch diese Dichtungen.

Kriegerisches Rittertum ist das Charakteristikum der Fulbeedlen — nicht etwa Viehräuberei, obgleich das als unschöne Nebenerscheinung ebensolche Blüte stickiger Zeit sein mag, wie bei uns die Wegelagerei der Raubritter! Ich habe keinerlei direkten Beleg dafür finden können, daß die Fulbedimo in der Westsahel Hirten gewesen seien, obgleich ich das doch natürlich als selbstverständlich vorausgesetzt habe. Der eine nahm wohl dem andern die Herden, aber er blieb Ritter, und das Viehstehlen als solches, als Beruf, lag den Mauren hier viel näher als den Fulbe. Im übrigen ist über die Fulbedimo in der Einleitung zum Baudi des näheren berichtet.

Steigen wir von der Leiter der Rassenreinheit und ritterlichen Kulturverfeinerung eine Stufe abwärts, so treffen wir, den Heldengesängen nach zu schließen, bei den Marka etwas Ähnliches und den Übergang zu jenen Mahnke-Vornehmen, die mit festem Handgriff im fürnehmeren Bauernhandwerk den niederen Bauern vorbildlich vorangehen. Von den Malinke, den reichen, früher ritterlichen, Großbauern, die in vorfranzösischer Zeit noch über große Mengen Höriger verfügten, kommen wir dann zu den Bammana, den Kleinbauern, bei denen im allgemeinen der Unterschied zwischen Foro und Ulussu nur noch ein traditioneller ist. — So geht in diesen Ländern, bei den einzelnen Völkern, das Rittertum fast unmerklich in das Bauerntum über.

Aus diesem Ritter-Bauerntume ragten aber als oberste Spitzen die Fürsten, Könige, Kaiser empor, teils mächtige Gestalten, mit Sippen, die, weil am höchsten stehend, am meisten dem Schicksal der Zeiten, dem Sturme und noch mehr der Zersetzung ausgesetzt waren. In bezug auf die "Reinheit" der Schi ist sehr bemerkenswert, was im Volksmunde Westsaheliens kursiert: Große Eroberer, Gründer neuer Herrscherfamilien, werden nicht von vornehmen Müttern geboren, sondern sie gehen aus der Ehe eines Horo mit



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einer Tara Mussu (Näheres siehe unter Ulussu) hervor. — Wie die Gründung neuer Reiche, Fundierung neuer Geschlechter und deren langsame Auflösung und Zersetzung vor sich ging, dafür geben die historischen Traditionen und epischen Auffassungen hinreichend Aufschluß, so daß auf die Texte verwiesen werden kann. —König hieß im allgemeinen bei:

Wolof: burr (Plural: burrji),
Malinke: fangama (Plural: fangamalu),
Marka: tunka (Plural: tunkanjugu),
Fulbe: lam(u)do (Plural: lamde),
Bammana: fama (Plural: famabe).

Aber neben dieser Bezeichnung laufen eine ganze Anzahl von Bezeichnungen, als heute noch üblich, her, die nicht einmal alle jene Bezeichnungen berücksichtigen, die wir aus den alten Aufzeichnungen der Araber oder den Volksgesängen kennen.

Die Diallonke -das sind Sago und Konare -, die vor den Fulbe in Futa Djallon wohnten, nannten ihre Könige simbago (Plural: simbagolu). Diesem Ausdruck entspricht das archaistische Wort der Bammanasprache für König: seba. Dem muß als sehr wichtige Bemerkung hier gleich beigefügt werden, daß die Soninke des Nordens das Wort sebe kannten und daß auch die Bosso-Soroko vom Lac Debo und bei Djenne diesen Wortstamm haben, und daß sie ihren König "sebe-ntu" nannten. Dieses Sebe-ntu erinnert aber seinerseits daran, daß die Fulbesage die ersten Fulbeeinwanderer in Massina die "Sebe"-Soroko vorfinden läßt. Also liegt hier eine alte Wurzel vor.

Dem "großer König" = simbago entsprach bei den Wolof die Bezeichnung damal (Plural: damallje). Bei Marka finden wir das Wort katana (Plural: katanu). Im Gesange rühmte man mächtige Herrscher bei den Malinke und Kassonke als "Uola-Wal". Dagegen bedeutet das Wort kelle-manso (bei Malinke) oder kellemassa (bei Bammana) nicht wie früher von anderer Seite einmal angenommen Kaiser oder König, sondern Kriegsgeneral, sagen wir Feldmarschall, Armeeführer, aber niemals Souverän. — Die Worte fangamamba (Plural: fangamambalu in Malinke), famamba (Plural: famambalu in Bammana) und tunkajugogore (Plural: tunkajugogoru in Marka) bedeuten weiter nichts als die wörtliche Übersetzung: "König, großer", so daß wir es hier mit einem besonderen Worte nicht zu tun haben.

Diese mehr oder weniger großen Herrscher, die als solche stets Horo waren - denn sobald aus einem Diamu sich einer als König aufgeschwungen hatte, waren eo ipso die ihn umgebenden und anhängenden Diamumitglieder adlig und Horo - waren noch vor



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gar nicht allzulanger Zeit in großer Zahl über Westsahelien ausgestreut. Zur Glanzzeit Maus gab es wohl einen mächtigen Kaiser, aber unter ihm außerordentlich viele von ihm abhängige Könige. Das lehrt die Sunjattalegende (vgl. Bd. V). Als dann das Malireich zerfiel und die verschiedenen "Häuser" der Königsfamilien ihr Erbe unter die Söhne aufzuteilen begannen, nahm ihre Zahl zu, und erst nach den Eingriffen der energischen, staatenzusammenfassenden und staatengründenden Fulbeentwicklung wurde eine hübsche Zahl der Duodez-Fürstentümer verweht und überdeckt. Es gibt jedoch noch viele alte Leute, die sich sehr wohl erinnern, an ein Durcheinander von fürstlichen Hofhaltungen, Lehnsfürstentümern und Tributen, die einer immer dem anderen zahlte. Das wirtschaftliche Leben ward dadurch natürlich geschädigt, aber doch auch wieder nicht so in Unordnung gebracht wie durch die Kriege eines Samori oder Tieba.

Die Machtverteilung im Lande seitens der königlichen Herren war stets sehr ungleichmäßig. Hier und da widerstand eine Provinz inmitten einer Kette unterworfener Bezirke, in dem die früheren "Herren" jetzt zu Lehnsleuten und Bediensteten wurden. Und in diesen Inseln der Selbständigkeit blieben die alten Horodiamu am Ruder. Die Tributzahlung war nichts weniger als regelmäßig, und der größte Teil der königlichen Herren war weder beharrlich noch zielbewußt genug, ein Reich in unserem Sinne zu gründen oder gar zu erhalten. Das gilt auch für die ritterlichen Fulbe, die ihrerseits darunter litten, daß zeitweilig der energischen und abenteuerlichen "Reichsgründer" zuviel waren. In Gegenden wie Massina saßen "Fürst" neben "Fürst". Das hatte darin seinen Grund, daß in der typischen Fulbefamilie die jüngeren Brüder sich dem Machtbereich der "Ältesten", der "Erben", zu entziehen suchten und nicht wie bei den Mande eo ipso im Familienverbande verblieben.

Der König der Mande also war Horo, ein edler Rittergutsbesitzer, und wie ein Horo hatte er auch seine Ackerwirtschaft. Das Bauerntum des Herrschers trat deutlich zutage durch die Zeremonie des ersten Spatenstiches. Vor Beginn der Regenzeit fragte man das Erdorakel, ob es ratsam sei, daß der König wie gewöhnlich diesen vollziehe. Wenn das gute Erdorakel nichts dagegen hatte, zog alle Welt unter Sang und Trommeispiel auf die Äcker des Königs, und der hackte in aller Anwesenheit die "tabe saba", die drei Pflanzlöcher.

Damit war natürlich seine Ackerarbeit - wenn es nicht ein Duodezfürst ohne jeden Anhang war, der eben alles selbst arbeiten mußte - zu Ende. Nun konnten die Horo ihre Feldbestellung beginnen und zogen demnach nach allen Richtungen mit Hörigen und Sklaven auseinander.

Da nun der Landbau und seine Leitung die wesentlichste Beschäftigung der Horo ausmachte, so erscheint es hier am Platze,



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ihm einige Worte zu widmen. Beginnen wir mit dem Ackergerät, der Hacke; denn die Westsahelier und Westsudaner kennen und kannten den Pflug nicht.

Das alte Ackergerät der Malinke ist ausgestorben. Nur alte Leute erinnern sich seiner und haben mir mehrfach eine nicht mißzuverstehende Beschreibung gegeben. Dies Instrument hieß wälan oder walang. Die Walan bestand aus einem nach vorn gebogenen, oben abgeschliffenen Knieholz, auf das ein zweites, langes Keilholz aufgebunden war, in dessen Spitze die eiserne Klinge, ein Blatt, ruhte. Die Ähnlichkeit mit den merkwürdigen Hacken der Moba, Konkomba und Bassari in Nordtogo war groß. Ein alter Mandingo, der mir schon lange vor unserem Eintreffen in der deutschen Kolonie diese Walanhacke erklärt hatte, sagte mir beim Anblick der ersten Mobahacke freudig: "Sieh, hier wird noch die Walan verwendet." — Als Ergänzung, und weil ich vielleicht anderweitig darauf hinzuweisen vergessen könnte, sei gesagt, daß ich sehr verwandte Instrumente bei den Baule im Hinterlande der Elfenbeinküste kenne. Bei diesen war das Hackenblatt auch aufgebunden, aber es bestand aus - Holz.

Die Walan gilt als älteste Hacke im Mandingogebiet und wird in den alten Ackerbaugesängen häufig erwähnt als die "Walan Daba". Es heißt "wer damit arbeite, müsse ein starker Mann sein". Nach den Beschreibungen war die Anwendung der Walan genau die gleiche wie die der Mobahacken, nämlich mit ihr wurde der Boden lang aufgerissen und gleichzeitig die Erde zur Seite gewendet. D. h. man hat ein gewisses Recht, die Walan als einen Urpflug anzusehen. Die Ähnlichkeit der Walanhacken mit Steinäxten der Südsee ist groß. Die Arbeitsverwendung als "Wender" erscheint mir aber wichtiger. Noch bedeutsamer wird aber dies ethnologische Relikt dadurch, daß man die Walan zum Aufreißen stark krautigen Bodens, und zwar Brachbodens, ganz besonders für Reisbau anwendete.

Eine zweite Hackenform war die Tomma, bei allen Malinke früher gebräuchlich, heute bei diesen nur noch selten, aber noch sehr häufig bei den Wolof. Ein Exemplar sah ich im ersten Lagerdorf der Nigertalfahrt hinter Mopti. — Es ist ein Krummholz mit einem Zwingenblatt darauf. Wolof, dann auf der anderen Seite die Mossi, haben sämtlich Hacken mit Zwingenblättern.

Bei den Mandingo sind diese, wie ein Lied singt, seit Hadj-Omars Zeiten verschwunden. Dafür ist die "djallong", auch djallong daba (wenn klein für Schwache "mussu daba", wenn schwer und für starke Leute gebaute "goffe") eingebürgert. Das ist die "Daba der Bammana", die heute überall gebräuchliche Hacke, ein Stiel mit Dornblatt.



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Anfang Juni beginnt im zentralen Mandingogebiet die Feldarbeit, und zwar mit dem Herausreißen der Sorghum-Stoppeln und -Wurzeln, deren Aufhäufen und Verbrennung auf den Ackern. Das heißt bei Malinke: sa-sali, bei Bammana: kalla-gossi. Gleichzeitig wirft man auf die um das Dorf gelegenen Äcker den Dung, der in der Mistgrube (Bammana: badinji, Malinke: tuta) aufgespeichert ist. Das ist nicht nur der Mist (Bammana: noa, Malinke: nojo) von Rind und Pferd. Wer am Berge wohnt, sucht kullombahlimbu, den Mist der kleinen Kullobalhi. Wer am Flusse wohnt, sucht Nilpferdmist. Bei der Sorgfalt der Mistzusammentragung und Dungverwertung fällt es auf, daß das Unterhacken von Bohnen- und Erdnußstroh unbekannt geblieben ist. —Nach Hacken und Düngen des Feldes noch ein Regen, und die Saat kann beginnen.

Die Reihenfolge der Saat ist:

I suna und panicum auf einem Felde. Die suna-Felder liegen immer nahe dem Dorfe.

2. njaningkong (weißes Sorghum) oder sanjo resp. kenenge (rotes Sorghum). Alle diese Früchte kommen auf eigene Schläge.

3. Reis = malu.

4. Mais (= kaba) und koroni (Baumwolle).

5. Erdnüsse und wenig später Erderbsen. Diese bringt man in Reihen auf die sanjo-Felder. Das Eintreten der jungen Erdnußpflanzen ist hier bekannt.

6. Bataten (= kunduba im Malinke) und Sosobohnen, sowie Maniok schließen im August die Saat- oder Setze- und Legezeit ab. Alle Äcker werden im Laufe der Regenzeit zweimal, die Erdnußfelder sogar dreimal nachgehackt.

Als Fruchtwechsel wurde mir nur angegeben: Im ersten Jahre: njanigkong, im zweiten Jahre: Erdnüsse, im dritten Jahre: Panicum, im vierten Jahre: njaningkong und sanjo. Lange Brachen sind unbekannt. Maniok wird bis drei, ja vier Jahre genutzt.

Reihenfolge der Ernte: I Suna, 2. etwa acht Tage nachher Mais, 3. Panicum und fast gleichzeitig Reis, 4. weißes Sorghum und Erdnüsse, 5. Sanjo usw. Den Abschluß machen Maniok und Baumwolle. — Große Erntefeste sind so gut wie unbekannt. Bei den Bammana ordnen sich die Frauen die Haare neu und das heißt: dababla-sahi. Ein einziges Volk im Markalande scheint eine Ausnahme zu machen, die Bammana Magassi Kakorro. Bei diesen wird das Suna nkura jali gefeiert. Knaben und Mädels tanzen während acht Tagen. — Bei den Malinke wurde früher Djuro gebraut; das war ein alkoholisches, milchig aussehendes Getränk, dessen Grundlage Panicum ausmachte. Frauen gossen davon auf den Kreuzweg. Aber gefeiert wurde nicht besonders.



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Mit der Ernte war aber eins verbunden: das bürgerliche Neujahr Senegambiens. Ich glaube, daß die Verschiedenartigkeit der hierfür ausschlaggebenden Feldfrüchte sehr wichtig ist. Dies sind:

I bei den Fulbe im Bakunugebiet (nicht in Futa-Djallon): "Dehengelal märo", d. h. eine Last Reis,

2. bei den Kassonke: "Mälo Sinso", d. h. ein Korb Reis,

3. bei den Marka: "Märo nkande", d. h. ein Korb Reis,

4. bei den Malinke: "Njodundo", d. h. einfach Bündel, und zwar ist damit ein Bündel weißes Sorghum gemeint.

5. bei den Bammana: "Njofallang", das ist ein Korb voll weißem Sorghum, denn fallang: Korb.

6. Für die Wolof ist maßgebend die erste Ernte von Feela, das ist ein grobkörniges rotes Sorghum mit hängendem Kornbündel. (Bei Kassonke heißt dies Korn: "gegeba".) Die Redensart, mit der der Eintritt des neuen Jahres angegeben wird, ist: "Feela deche sendal", d. h. ein Korb voll Feela. Der Eintritt des neuen Jahres wurde übrigens in keiner Weise gefeiert. Es genügte, daß jemand bei den Kassonke einen Mann mit "Malu-Sinso", d. h. mit einem Korb Reis auf dem Kopfe oder bei Malinke, daß einer einen mit "Njodundo", mit einem Bündel Sorghum auf dem Kopfe sah, und er wußte und sagte es daheim, daß das neue Jahr begonnen hatte, und deshalb bezeichnete man das eben mit "Malu Sinsu" oder "Njodundo" usw. usw. — — —

Soweit die Horo, die Vornehmen, Freien, Adeligen und ihr "Beruf". Nun wollen wir den unteren Kasten, den weniger Geachteten, Mißachteten, oder Gefürchteten uns zuwenden. Ich will voraussenden, daß unter den verschiedenen Stämmen Senegambiens erstens weder die Kasten überall die gleichen an Zahl und Tätigkeit noch an Achtung oder Mißachtung sind. So fehlen z. B. allen zentralen Völkern die Lederarbeiter, und wo in Leder gearbeitet wird, übernehmen die Sänger diese Tätigkeit. Dagegen fällt auf der anderen Seite im Süden das "soziale" Übergewicht der Schmiede auf, die im Norden eine unbedeutende, unwesentliche Rolle spielen. Gehen wir zu Einzelheiten über.

Die Kasten der zwei Zentral-Mande heißen:

Malinke Bammana:
Freie: horo (Plural: horolu), foro (Plural: forolu,
Lederarbeiter (selten): garanke
(Plural: garankelu), fehlt,
Sänger: djallo (Plural: djallolu), djalhi (Plural: djallinu),
Schmiede: numu (Plural: numolu), numu (Plural: numunu),
Hörige: ulussuo (Plural: ulussulu), ulussu (Plural: ulussulu)
Sklave: djong (Plural: djongulu), djong (Plural: djong),
san-djong (Plural: san-djongulu).



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Marka:
Freie: hore (Plural: horu),
Lederarbeiter: garanke (Plural: garanku),
Schmied: tage (Plural: tagu),
Sänger: djare (Plural: djaru),
Hörige: uorosso (Plural: uorossono),
Sklave: kobo-komme (Plural: kobo-kommu). Wolof:
Vornehme: burkin (Plural: burkinje),
Lederarbeiter: ude (Plural: udeji),
Schmied: tage (Plural: tageja),
Sänger: ngewell (Plural: ngewellja),
Höriger: ndiamdjudu (Plural: ndjadjuduja),
Sklave: larr (Plural: larrja).
Fulbe:
in Futa djallon und Massina:
Vornehme: dimu (Plural: rimbe),
Hörige: dimadio (Plural: rimaibe),
Händler, Höflinge, Hirten: diando
(Plural: diawambe),
Sänger, Weber: mabo (Plural: mabube)
Lederarbeiter: sake (Plural: sakebe),
Holzarbeiter: labo (Plural: laobe),
Schmiede: Hailu (Plural: wailbe),
Fulbe:
in Say am Niger:
dimo (Plural: rimbe),
dimadjo (Plural: rimaibe)
mabo (Plural: mabube),
gargassa (Plural: gargassabe),
sekaejo (Plural: sekaebe):
bahillo (Plural: wahilbi).

Man ersieht aus dieser tabellarischen Zusammenstellung, daß die Sechsteilung des Kastenwesens im allgemeinen überall die gleiche ist. Bei den Fulbe tritt eine Änderung ein. Die Einteilung der Fulbe ist mit der anderer Völker Westsaheliens und des Westsudan nicht vollkommen in Einklang zu bringen. — Was die Eigentümlichkeit der Diawambe-Existenz anbelangt, so wird noch anderweitig davon zu sprechen sein. Sie sind in Kaarta als Diawando, bei den Malinke als Djogorame bekannt. —Die "Sklaven"repräsentierten eine mehr oder weniger käufliche und verkäufliche Menschheit. Was die Hörigen anbelangt, so werde ich gleich davon mehr zu sagen haben.


Copyright: arpa, 2015.

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