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Kapitel 

Schweizerisches

Sagenbuch.


Nach

müdlichen Ueberlieferungen, Chroniken und andern gedrukten and handschriftlichen Quellen herabgegeben


und mit

erläuternden Anmerkungen begleitet von


C. Kohlrusch.

Leipzig,

Rob. Hoffnann

1854.


3. Bosses Grab.


Der Kanton Bern deutschen Theils. Antiguarisch-topographisch beschrieben von A. Jahn. Zürich und Bern. S. 411.

Im Grauholz, unweit der Landstraße nach Bern, stehen auf bemoostem Waldgrunde zwei altersgraue Granitpfeiler, zwischen welchen sich ein von Schatzgräbern durchwühlter Hügel erhebt. Dieser Hügel ist das Grabmal eines mächtigen Riesen, der vor langen Zeiten hier im Walde gehaust haben



Schw.Sagebuch-010 Flip arpa

soll und der dem Landvolk noch heutigen Tages unter dem Namen Vom bekannt ist, daher auch jener Hügel Bottis Grab heißt.

Von dem Riesen Botti erzählt man, er sei 20 Fuß lang und von so ungeheurer Stärke gewesen, daß es für ihn zur leichtesten Aufgabe gehört habe, die größte Tanne sammt der Wurzel aus der Erde zu reißen. Einen Händedruck von ihm auszuhalten, sei einem gewöhnlichen Menschenbund unmöglich gewesen, daher ihm auch die Bauern, zu welchen er häufig auf das Feld zu kommen pflegte, statt der Hand stets die Pflugsterze gereicht hätten; in der Psfugsterze wären aber ein jedes Mal die Merkmale seines gewaltigen Händedrucks zurüickgeblieben . Nicht minder groß und stark, als Botti selbst, war aber auch seine Schwester, die ihm, als er starb, dieses Grabmal setzte und in ihrem Fürtuch mehrere Stunden weit die Steine dazu herbeitrug.

Daß die Stätte, an die sich die Sage von dem Riesen Botti bindet, in der That ein Grabhügel aus ältester Zeit ist, scheint unzweifelhaft zu sein. Jahn gibt den römisch-helvetischen Zeitraum an und sieht wohl nicht mit Unrecht in diesem Hügel das Grabmal irgend einer bedeutenden Person aus jenem Zeitalter, deren Name, wenn auch entstellt, sich in dem Namen Botti erhielt. Diese Annahme verpflanzt die Entstehung und Entwickelung obiger Sage auf historischen Grund und gilt also auch hier, was in der vorhergehenden Erläuterung hinsichtlich der Riesen zu Iseltwald und andern Riesen gesagt wurde. Bestimmt mythische Riesengebilde finden sich im schweizerischen Sagenkreis überhaupt wenig vor; weit mehr beschäftigt die Phantasie unsrer Bergvölker die Idee vom Kleinen, die sich in der Vorstellung von den Erdmännchen verkörpert — eine Bestätigung der Worte Bonnstettens: "Die Idee von Größe bleibt immer klein neben den Alpen und die Fabel von den Giganten wäre nie in der Schweiz erfunden worden."
Copyright: arpa, 2015.

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