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Märchen aus England Schottland und Irland


Illustrationen


von Antje Schönau

Märchen europäischer Völker


»Schickt ihn her, das Glück war sein: Als Mister Whittington trete er ein.«

Nun erwies es sich, was für ein guter Mensch Mr. Fitzwarren war, denn als einige seiner Leute meinten, das wäre ein zu großer Schatz für Dick, antwortete er: »Da sei Gott davor, daß ich ihn auch nur um den Wert eines Pfennigs schmälere. Er soll alles bis zum letzten Heller haben.«

Er ließ Dick zu sich kommen, der gerade Töpfe für die Köchin säuberte und ganz schmutzig war. Deswegen bat er, ihn zu entschuldigen, wenn er nicht ins Büro kommen könne, denn »die Küche schwimmt, und meine Schuhe sind völlig verdreckt, und außerdem sind es genagelte Schuhe«. Doch der Kaufmann befahl ihm zu kommen.

Mr. Fitzwarren ließ einen Stuhl für ihn hinstellen, und Dick dachte schon, daß man ein Spiel mit ihm treibe, so daß er flehte: »Treibt bitte keinen Spaß mit einem einfachen armen Jungen, sondern laßt mich wieder hinunter an meine Arbeit gehen!«

»Nein, Mr. Whittington«, sagte der Kaufmann, »es ist unser voller Ernst, und ich freue mich von ganzem Herzen über die Kunde, die diese beiden Herren Euch bringen, denn der Kapitän hat Eure Katze an den König des Barbarenlandes verkauft und bringt Euch dafür mehr Reichtümer, als ich selber in der ganzen Welt besitze, und ich wünsche, Ihr möchtet Euch ihrer recht lang erfreuen.«

Dann befahl Mr. Fitzwarren, die mitgebrachten Schätze auszubreiten, und sprach: »Mr. Whittington braucht nun weiter nichts zu tun, als sie an sicherer Stelle aufzubewahren.«

Der arme Dick wußte nicht, was er vor lauter Freude sagen sollte. Zunächst bat er seinen Herrn, er möge sich davon so viel nehmen, wie er wolle, seiner Güte verdanke er ja alles. »Nein, nein«, lehnte Mr. Fitzwarren ab, »alles gehört dir allein, und ich bin überzeugt, du wirst damit richtig umzugehen wissen.«

Nun bat Dick die Hausfrau und danach Miß Alice, einen Teil des Reichtums anzunehmen, aber sie wollten es nicht und sagten ihm statt dessen, wie sehr auch sie sich über sein großes Glück freuten.



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Aber dieser brave Bursche war viel zu gutherzig, um alles für sich selbst zu behalten, und so beschenkte er den Kapitän und dessen Makler und sämtliche Angestellten Mr. Fitzwarrens, sogar die böse alte Köchin.

Danach riet ihm Mr. Fitzwarren, einen ersten Schneider kommen zu lassen, um sich als Herr kleiden zu können, und er lud ihn herzlich ein, als Gast in seinem Hause zu wohnen, bis er ihm ein besseres beschafft habe.

Nachdem Whittington sich gewaschen und erfrischt hatte, sein Haar gelockt, den Zweispitz aufgesetzt hatte und in prächtige Gewänder gekleidet war, sah er genauso stattlich und hübsch wie jeder andere junge Mann aus, der bei Mr. Fitzwarren verkehrte. Daher kam es, daß Miß Alice, die schon früher stets freundlich zu ihm war und Mitleid mit ihm gehabt hatte, ihm jetzt ihr ganzes Herz zuwandte — um so mehr, als Whittington ständig überlegte, womit er sie erfreuen könne, und sie mit den schönsten Dingen, die er auftreiben konnte, beschenkte.

Bald bemerkte Mr. Fitzwarren, wie sehr sie einander liebten, und fragte, ob sie wohl gern heiraten würden, was sie überglücklich bejahten. Bald war der Hochzeitstag festgesetzt. Der Lord Mayor geleitete sie in die Kirche, und ihm folgte der ganze Rat der Stadt, die Richter und eine große Anzahl der reichsten und angesehensten Kaufleute Londons, die nachher an einem prächtigen Festmahl teilnahmen.

Die Geschichte erzählt, daß Mr. Whittington und seine Frau in großem Reichtum und großem Glück lebten. Sie bekamen mehrere Kinder. Er wurde einmal oberster Richter von London und dreimal Lord Mayor und wurde sogar von Heinrich V. zum Ritter geschlagen.

Er unterhielt den König und die Königin bei dem Mahl, das er nach dieser Ehrung gab, so großartig, daß der König sagte: »Nie bisher hatte ein Fürst einen solchen Untertan.« Als Sir Richard das hörte, erwiderte er: »Niemals hatte ein Untertan einen solchen Fürsten.« In Stein gehauen, war Sir Richard Whittington, seine Katze im Arm, bis zum Jahre 1780 über dem Torbogen des alten Gefängnisses von



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Newgate zu sehen, das er einstmals für die Gefangenen hat erbauen lassen.


Copyright: arpa, 2015.

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