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Kapitel 

VOLKSMÄRCHEN DER KABYLEN

I. BAND


WEISHEIT

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1921

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



Atlantis Bd_01-0004 Flip arpa

EINBANDZEICHNUNG VON VON F. H. EMCKE


14. Der Ursprung von Sonne und Mond

I m Anfange gab es nicht die Sonne und den Mond. Sie entstanden auf folgende Weise:

Eines Tages gingen ein junger Ochse (asgir) und ein junger Widder (isimer) zusammen. Sie hatten Freundschaft geschlossen. Beide Tiere bekamen die Krankheit ischer, die besonders bei dem Rindvieh sehr häufig ist und in einer Verhärtung oder Eiterung im nach innen gewandten Teil des Augenlides besteht. Die erste Mutter der Welt sah, daß beide Tiere krank waren. (Es soll bemerkt werden, daß nach anderer Lesart es nicht die erste Mutter der Welt war, die die Operation ausführte, sondern sonstige Menschen.) Sie nahm den Ochsen, band ihm stark die Füße zusammen und schnitt ihm dann die Geschwulst um den Teil des Augenlides, der die Form eines Mondviertels hatte, ab. Den Teil warf sie in eine Schüssel mit Wasser. Dann ergriff sie den jungen Widder und schnitt ihm das Augenlid, das erkrankt war, ab und warf es in das Feuer.

Nachdem der Ochse losgebunden war, blickte er in die hölzerne Wasserschale, in der der Abschnitt seines Augenlides lag. Da sah er den Abschnitt. Nun wurde sein Auge zum Himmel, das Dunkle darin zum Blau des guten Wetters. Der Abschnitt seines Augenlides wurde zum Mond. Das Schwarze zwischen dem Bild seiner Augen und der Abschnitt der Augenlider wurde die Nacht, und der Streifen zwischen dem Augenlidabschnitt und dem Rand der (spiegelnden, weil mit Wasser gefüllten) Holzschale zum Mondschein. Seitdem ist der Mond in der Welt. Vorher war über der Erde das Nichts (l'ohale). Nun aber entstanden die sieben Himmel . . . vergl. Abb. 5. 114.

Als das junge männliche Schaf (isimer) freigelassen wurde, rannte es zu dem Feuer, in welches der Abschnitt seines Auges geworfen war. Der junge Widder blickte in die Feuerflamme (hadjidsch). Nach einiger Zeit ging darauf aus dem Feuer die Sonne auf, die seitdem die Welt erhellt. Seitdem ist es hell, und das verdankt man dem jungen Widder. Deshalb sagt das kabylische Sprichwort: "Thirt



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(Auge) isimer (junger Widder) ischa'scha (aufhellen) thimis (Strahlen) thegjenuän (Himmel) tzmura (Erde)."

Die Sterne sind entstanden aus Bohnen, die ein Mann an den Himmel warf.


Copyright: arpa, 2015.

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