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Kapitel 

VOLKSDICHTUNGEN AUS OBERGUINEA


I. BAND


FABULEIEN DREIER VÖLKER

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT 4 BILDBEILAGEN

39. Tauziehen (Nilpferd, Elefant)

Norongere (besser noch: n(u)orongere, das Nilpferd; in Haussa =dorina; in Nupe =kankurru; in Joruba =erimido) lebte am Wasser. Norongere machte sich sein Essen am Flusse zurecht und kochte. Bagu (der Husarenaffe; in Haussa =djambiri) kam dazu. Bagu sagte: "Du hast da viel Essen; ich bitte dich, gib mir etwas Essen ab!"Norongere hatte schon gegessen. Er machte für Bagu neues Essen. Er gab Bagu viel Essen und Bagu aß. Dann nahm Norongere ein gutes Bündel Sorghum (uwa; in Haussa=dauwa; in Joruba=okka; in Nupe =eji). Bagu sagte zu Norongere: "Ich sehe jeden Tag Noro (den Elefant), Noro sagt jeden Tag: ,Ich Norongere essen!" Dann ging Bagu weg.

Bagu ging darauf zu Noro und sagte: "Ich komme soeben von Norongere. Norongere sagte: ,Wenn ich den Noro sehe, werde ich ihn töten und aufessen!"Noro sagte zu Bagu: "Gehe zurück zu Norongere und sage ihm, wir wollten sehen, wer von uns beiden der



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Stärkere ist. Hier ist ein starker Strick. Norongere soll das eine Ende um den Hals nehmen. Ich werde am andern ziehen, dann werden wir sehen, wer stärker ist."

Bagu nahm das eine Ende des starken Strickes. Er ging am andern Tage zum Fluß hinab. Er traf Norongere. Er sagte zu Norongere: "Ich sagte dir schon, daß Noro Schlechtes mit dir vorhat. Noro sagte mir gestern: ,Geh zu Norongere und sage ihm, wir wollten sehen, wer von uns beiden der Stärkere ist. Hier ist ein starker Strick. Norongere soll das eine Ende um den Hals nehmen. Ich werde am andern Ende ziehen. Dann werden wir sehen, wer stärker ist. Ich habe nun dieses Ende des Strickes, das du um den Hals legen sollst, mitgebracht. Hier ist es!"

Norongere nahm das Ende des Strickes. Er sagte: "Es ist mir recht. Ich werde es um den Hals nehmen. Gehe zurück zu Noro und sage ihm, er soll anfangen zu ziehen."Bagu lief hierauf zu Noro und sagte: "Norongere hat das Ende des Strickes um den Hals gelegt. Er läßt dir sagen, du sollst anfangen zuziehen!"Noro fing an zu ziehen. Bagu lief so schnell er konnte davon in den Busch. Noro und Norongere zogen nun jeder an einer Seite am Strick. Bald war Noro nahe dem Wasser, bald war Norongere nahe dem Ufer. Sie zogen hin und her. Guru (das Stachelschwein; in Haussa murtscha; in Nupe =tunkudji; in Joruba =ore) hatte gesehen und gehört, was Bagu zu Noro und was er zu Norongere gesagt hatte. Guru lief zu Noro und sagte: "Laß diesen Streit! Bagu hat dich belogen! Norongere hat dich gar nicht beschimpft. Ich habe alles gehört! Laß diesen Streit!" Guru lief dann zu Norongere und sagte: "Laß diesen Streit! Bagu hat dich belogen. Noro hat dich gar nicht beschimpft. Ich habe alles gehört! Laß diesen Streit! Wir wollen den Strick in der Mitte durchschneiden."

Guru ging hin und schnitt den Strick in der Mitte durch. Noro und Norongere kamen nun in der Mitte zusammen. Noro sagte zu Norongere: "Hast du mich nicht beschimpft?" Norongere sagte: "Ich habe dich nicht beschimpft. Bagu hat mir gesagt, du habest mich beschimpft!" Noro sagte: "Bagu hat gelogen. Wenn wir Bagu treffen, wollen wir ihn töten!"Norongere lief am Wasser hin und suchte Bagu, um ihn zu töten. Noro lief in den Busch und suchte Bagu, um ihn zu töten.

Bagu lief weit weg. Bagu kam an einen Platz, an dem eine Eho (Antilope) gestorben war. Das Fleisch der Eho war in der Sonne verfault. Das Fell der Eho lag über den Knochen und war von der



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Sonne ausgetrocknet. Die Antilope war innen eine Höhle. Bagu sah die hohle Antilope. Bagu kroch in die hohle Antilope hinein. Bagu wartete in der Antilope.

Nach einiger Zeit kam Noro. Noro lief durch den Busch, um Bagu zu suchen. Noro sah die Eho. Noro wollte an der Eho vorüberlaufen. Bagu sprach aber aus dem Fell der Eho Noro an. Bagu sagte: "Wo läufst du denn so schnell hin, mein Noro ?" Noro blieb stehen. Noro sagte: "Ich suche Bagu. Ich will Bagu töten! Was ist denn aber mit dir, meine Eho ?"Bagu sprach aus der Eho: "Was mit mir ist? Bagu sprach mit mir. Seitdem bin ich krank. Ich werde sterben." Noro fragte: "Was kann man mit diesem Bagu machen?" Bagu sagte aus dem Fell der Eho: "Man kann mit Bagu nichts machen. Laß ihn laufen! Er ist uns allen überlegen. Kehre also zurück!" Als Noro das hörte, ging er zurück und seitdem verfolgt er Bagu nicht mehr.


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