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VOLKSDICHTUNGEN AUS OBERGUINEA


I. BAND


FABULEIEN DREIER VÖLKER

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT 4 BILDBEILAGEN

e) Erwerbsleben. Landbau. Handel. Gewerbe

Das Wirtschaftsleben der Tim spielt ziemlich gleichmäßig zwischen Bauernerfahrung, Gewerbefleiß und Handelsgeschick hin und her. Dem entspricht auch die Siedlungsform, die im ganzen Gebiet eine ziemlich gleichmäßige zu sein scheint. Bafilo, Dako, Tabailo Beiaku und wie sie alle heißen mögen, sind mehr oder weniger große Landstädtchen; keine von allen dominiert besonders, will sagen in dem absorbierenden Sinne, indem einst Metropolen wie die Malihauptstadt, Kano, Timbuktu oder eine andere Großstadt



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des Sudan die kleineren Gemeindewesen aufsaugte und die nahrungschaffenden Bauern in wandernde und in die Stadt siedelnde Händler verwandelte.

In dem Städtchen leben zum größten Teil Bauern; aber die Berufe sind nicht so getrennt, daß der Bauer nicht auch ein Handwerk triebe oder sich an einem erträglichen Handel beteiligte.

Der Landbau blüht; doch glaube ich nicht solche reiche Ackererträge bemerkt zu haben wie im Bassarilande, und das hat wohl seinen Grund einmal darin, daß das Wirtschaftsleben des fruchtbaren Bassarilandes, das weniger bevölkert ist, nur durch "Eisengewerbe" eingeschränkt wird, während bei den Tim daneben noch vielerlei andere Industrie und ein sehr reger Handel vom Landbau ablenken. — Die Feldbestellung erfolgt in mehreren Etappen. Erst Jams (Fudu), dann schwarze Bohnen (Kadje), Mais (Uamela) und Erdnüsse (Keke oder Akua). Hierauf kam dann früher Missi, deren Anbau aber jetzt abgenommen hat, ferner Erderbsen (Sue), Sorghum (Mela) und Reis (Mao), weiße Bohnen (Sona), hochwachsende Bohnen (Kudunusu) und eine kleine Passiflore (Kere). Die Reihenfolge der Ernte war: Kadje, Uamela, Akua, Missi, Fudu; dann eine Pause und hernach Sona, Kudunusu, Kere, und nachdem die Regenzeit lange zu Ende war, Adalla, Mela und Mao. Kaffega fehlt. Dagegen haben die Tim eine kleine und eine große Adalla, letztere die gleiche wie in Sugu. Die kleine Adalla wird auf die Fudufelder gehackt, wenn Fudu gehoben ist, und mit dem Mela zusammen geerntet. Die große Adalla wird gleichzeitig mit Mela, und zwar zwischen die Melareihen ausgeworfen und auch mit Mela zusammen geerntet.

Es wird alles auf lange Beete gebracht, die hier Kalega, Plural: Kalegassi genannt werden, mit Ausnahme von Jams, der auf Kegelbeete, also Haufenbeete, hier als Fele (Plural: Fela) bezeichnet, gebracht wird. Auf das gleiche Beet kommen oft Mela, Sona und Adalla. Die Melafelder werden dreimal gehackt. Das Sonakraut reißt man nach dem Abpflücken der Schoten aus und es wird als Dung wieder ausgeworfen. Auch Erdnußkraut wird als Düngemittel untergehackt. Dagegen fehlt jede systematische Dungansammlung und deren Verwendung. Nie sah ich im Timgebiet eine Dunggrube, wie sie jedes Kabregehöft besitzt. Als Fruchtwechsel auf gleichem Schlage ist üblich: erstes Jahr Jams, zweites Jahr Mela, drittes Jahr Jams, viertes Jahr Mela, dann Brache. Wenn diese Angabe der Wahrheit entspricht, so kann man dem Boden eine gewisse Fruchtbarkeit nicht absprechen.

Die Ergebnisse des Landbaues werden zumeist im eigenen Gehöft verbraucht und aufgespeichert, aber das Quantum entsprach doch wohl im allgemeinen nicht der enormen Produktivität der Bassari



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farmen. Trotz der geringeren Erzeugnismengen wurde aber doch anscheinend mehr zu Markte gebracht als im Bassariland, und das hat seinen Grund darin, daß eben mehr Gewerbetreibende in den Städtchen wohnten, die auf Überproduktion auf dem Lande angewiesen waren, und daß eine fluktuierende Händlerwelt im Lande einherzog, die den Bassariten ganz unbekannt war. Dagegen war anderseits - angeblich auch vor dem Eindringen des Islam - im Timgebiet, zumal in der Landschaft Tschautscho, nie der Konsum an Korn so enorm wie bei den Bassariten; nicht als ob die Tim weniger gegessen hätten; nein, sie waren nur eben nie so enragierte Biertrinker wie die Bassariten, bei denen der größte Teil des Sorghum in die Bierbrauerei wanderte.

Die Märkte wurden sehr regelmäßig abgehalten. Jeder Markt oder Markttag hatte seinen Namen. Im Sokodebezirk unterschied man den großen Markt in Didaure, der jeden Tag abgehalten ward, und sechs andere, die in kleineren Orten sich abspielten. Die Reihenfolge ist:

i. Der Kutunguli in Paratau,
2. Der Kalamessi in Katambara,
3. Der Soquadai in Jalifa,
4. Der Soum in Uassarade,
5. Der Bare in Birimi,
6. Der Kadjiga in Didaure.

Auf den Märkten sind zunächst allerhand auswärtige Händler vertreten. Viele Fremde sind in eigenen Stadtvierteln angesiedelt, so die Joruba, die zumal Schmiedeerzeugnisse, wie Scheren und Messer, feilhalten -, dann Haussa, die mit tonigem Steinsalz, mit Webstoffen und ganzen Kleidern, mit Flechtereien, mit Messingschmuck aus Aschanti, mit europäischem Kram usw. handeln -, dann Fulbe, die Milch verkaufen und deren Frauen in Bafilo z. B. Töpfereiprodukte ausbieten.

Der weniger auffallende, aber integrierende Bestandteil der Händlerinnen ist natürlich vom einheimischen und altansässigen Timvolke. Einige Frauen sitzen auf Stühlchen, andere auf Steinen. Es gibt einen Marktaufseher, den Kia-Konto, der vom Uro eingesetzt wird, hier aber nichts mit den Steinsitzen zu tun hat. Der Mann nimmt von allen zu Markte gebrachten Feldfrüchten eine kleine Naturalabgabe, die er dann später mit dem Häuptling teilt. Er hält dafür den Markt und den Marktverkehr in Ordnung, trennt zum Beispiel Streitende und nimmt Diebe gefangen. Die Sicherheit der Märkte scheint übrigens stets eine befriedigende gewesen zu sein, so daß man Frauen allein hinwandern ließ. Dagegen nahmen die Männer gewohnheitsmäßig ihre Waffen, Bogen und Pfeil, auf den Marktwegen mit.



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Die eigentliche Währung der alten Zeit bot die Kauri, hier Lida, Plural: Lide, genannt. Ich gebe im folgenden eine Preisliste, die nach Angaben älterer Leute die Werte älterer Zeit widerspiegeln soll:

ein kleines Huhn ca. 500 Kauri
ein altes Huhn " 700
ein kleiner Ziegenbock " 1500
ein großer Ziegenbock " 8000
eine kleine Ziege " 4000
eine große Ziege " 8000
ein kleiner Ochse " 60000
ein großer Ochse " 80000
ein Pferd " 200000-400000 Kauri
ein Sklave " 200000 Kann
eine Last Mela " 1000
eine Last Fudu " 1000
ein kleiner Kochtopf " 50
ein kleiner Soßentopf " 30
ein großer Wassertopf " 350
ein kleines Hackeneisen " 1500-2000 Kauri
ein großes Beileisen " 600 Kauri
ein kleines Beileisen " 500
Nun das Gewerbeleben, in dem wir uns zunächst wieder nach der
üblichen Trennung in Männer- und Frauenarbeit umsehen müssen.
Selbstverständlich fällt auch hier den Männern alle Jagd und der
Krieg, den Frauen Haushalt, Kinderüberwachung, Speisebereitung,
Bierbrauerei, Brennholzsammeln, Wassertragen zu. Bei komplizierteren
Arbeiten teilte sich der Anteil. Für den Hausbau trugen
die Männer Bambus, Stricke, Stroh, Lehm und Holz herbei. Sie
mischten, kneteten den Lehm und richteten die Häuser auf. Die
Frauen schleppten das Wasser herbei und klopften nach der Vollendung
den Boden. Beim Ackerbau fällt den Männern die Rodung,
Urbarmachung des Landes, Bestellung des Bodens, Umschlagen des
Sorghums und die ganze Jamswirtschaft zu. Die Frauen dagegen
legen den Samen aus, schneiden die Kolben von den umgeschlagenen
Kornstauden und tragen die Frucht nach Hause. Matten
(Kuquallo; Plural: Kuqualla) und Körbe (Dogo; Plural: Dokn) verfertigen
die Männer. Auch sie sind es, die schnitzen, doch setzt hier
wie in Matten- und Korbflechterei schon eine Spezialisierung im
Berufe ein, da hierin nicht alle Männer gleich erfahren sind und
auch nicht alle solche Tätigkeit ausüben. Es ist ebenso wie in der
Töpferei, die der Theorie nach jede Frau beherrscht, die aber doch
nur von wenigen geübt wird, unter denen dann besonders Geschickte
sich eines besonderen Rufes erfreuen. — Die Weberei liegt im allgemeinen



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in den Händen der Männer, die den üblichen Bandwebstuhl des Sudan benutzen. In einigen Städten, zumal dem Kabregebiet zu, dann aber auch in der Nachbarschaft der Kurrama, der Waldstädtier, wird aber auch am stehenden Deckenwebstuhl und dann von Frauen gearbeitet. Schmiede (Kolu; Plural: Kolin) sind Vertreter eines eigenen Berufes; doch pflegen diese Leute nebenbei auch noch den Landbau, so daß sie ihre eigenen Lebensbedürfnisse selbst befriedigen können.

Wie schon die Verbreitung des breiten, stehenden Stoffwebstuhles zeigt, sind einige Industriezweige auf einige Gegenden beschränkt. Hugershoff notiert für Dako, daß für den dortigen Markt alle breiten Stoffe, Töpferei-, Schmiederei- und Flechtereierzeugnisse sowie die Leibschnüre aus Palmkernschalen aus Bafilo zum Markte herbeigeschafft würden, daß er in Dako dagegen Färberei beobachtet habe. Erst in der Timebene, also im Einflußgebiet der Ekurrama, traf er dann wieder den breiten, stehenden Stoffwebstuhl.

Wenden wir uns nun der Terminologie einiger besonders wichtiger Industriezweige zu. An der Spitze mag die Arbeit des Schmiedes marschieren. Er heißt Kolu (Plural: Kolin). Es wird ihm aber im Anruf auch die höfliche Bezeichnung Atafakama zuteil. Sein Gebläse besteht in dem bekannten einfachen Balg aus Ziegenfell. Zeichnungen einiger Instrumente folgen bei. Diese Schmiede fertigen auch die Gelbgußfabrikate in der bekannten Weise an, d. h. ein in Lehmform verpacktes Wachsmodell wird mit dem im Gießtiegel flüssig gemachten Messing ausgegossen, danach die Lehmverkleidung zerschlagen und dann der Guß ausgeputzt.

a) Einige Bezeichnungen aus
Hammer madarka
Hammer ganz aus Eisen sille
Zange bau
Meißel masari
Formmeißel jimre
Gußform (z. Barren) -— fodoto
Gußtigel aus Pferdemist und Lehm niverr
Steinambos ure
Kleiner eiserner Ambos baura
Blasebalg (Ziegenfellsack) furu-ke-feto
Wassergefäß = nambo
Holzkohle ---gefinga
Silber dielle
Kupfer = enneno
Eisen njero
Beil djeo
Gegossener Armring = bara



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Die Bafiloschmiede beziehen ihr Eisen in Schaufelform aus Bassari und zahlen für jedes Stück etwa 45 Pfennige.
b) Einige Bezeichnungen aus Beiaku:
Blasebaig = furu oder kolu-nde-furu
Blasebalgvorsatz =kefinga
Messer = sa
Zange =bau
Meißelhammer = seile
Normalhammer =materaga
Feile =leretu
Holzkohle =angmalla
Amboßstein = ogu
c) Einige Bezeichnungen der Schmalbandweberei aus Bafilo:
Der Weber =loro
Der Webstuhl = lotasi (Bandwebstuhl)
Schlitten =kukusu
Horizontaler Balken für die Auflagerung an der Stelle vor dem
Durchschuß = tade
Die zwei durch Fußtretung regulierten Trennvorrichtungen =
dasiga
Fußhölzer =dagambundu
Sammler = summu
Schiff = kanda
Horizontaler Spannbalken (a); zum Aufrollen des fertigen
Bandes =kugullugundu
Horizontaler Balken zum Aufhängen der Spann- und Trennvorrichtungen
=bele bunnu
Der Faden =jodo
Das fertige Stoffband =suggulugu
Der genähte Stoff = bussao
Blaue Farbe =jolluqueto (vgl. Haussa!)
Weiße Farbe =kufurrumu
Rote Farbe (aus Latent hergestellt und nicht wasserbeständig
=kisemu
Eisen zum Nachspannen von a =gurumalike
d) Einige Bezeichnungen der Breitstoflweberei aus Bafilo:
Die Weberin =loru
Der Webstuhl = lodasi, genau wie bei den Kabre in Tschätschau
konstruiert
Die zwei horizontalen Hauptbalken = tara
Die vertikalen Hauptbalken = dasi
Der Sammler =akbassa
Der Trenner = arno
Das Spannholz = sesse



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Die Holznadel logu
Der Faden =jologo
Fertiger Stoff sada
Baumwolle =joto

Genau der gleiche Webstuhl ward in der Timebene von den Frauen gehandhabt. Hier wurden aber die wunderschönen unterbrochenen Stoffe hergestellt, die dreimal so teuer sind wie die gleichmäßigen. Die unterbrochenen Stoffe werden als sata-fofo, die gewöhnlichen als sata-tatu bezeichnet.

e) Einige Bezeichnungen der Lederarbeiterei in Bafilo: Das Fell wird zum Gerben in Seifenwasser (Seife =fofo) gelegt und darin zwei Tage gelassen. Danach können die Haare abgekratzt werden. Während des nun folgenden Lufttrockenprozesses wird das Fell zwischen den Händen gewalkt. Viele Ausdrücke der Lederindustrie scheinen aus der Yoruba- oder Haussasprache zu stammen.

Der Lederarbeiter njerreru
Tranchirmesser borrofo
Große gerade Ahle njimmre
Kleine Ahle njimmre
Leder (im allgemeinen) tonde
Rote Farbe kessemde
Weißes Leder tonde kurfurmde
Schafleder = fo-tonde
Ziegenleder = namtonde
Rindsleder = notonde

Während die oben erwähnten Werkzeuge altes Timgerät darstellen, sollen die nachfolgenden von Yoruba oder Haussa eingeführt sein.

Schere kibanga
Messer in Taschenmesserform borrofo
Ovales Schustermesser sia
Arbeitsholz (halbrund) njerdanni

f) Einige Bemerkungen über Indigoherstellung in Dako:

Die Blaufärberei wird als So bezeichnet, und zwar nach der gleichnamigen Liane, die man an allen Bachläufen zwischen Bassari und Dako findet und deren Blätter, gepflückt, der Gewinnung des Farbstoffes dienen. (Den Baum, der an der Grenze Liberias vielfach zu gleichem Zwecke sein Blattwerk hergeben mußte, habe ich hier nicht wahrgenommen.) Die Soblätter werden im Mörser gestampft und dann in der Sonne getrocknet. Hernach werden sie in einem Topfe unter Zuschüttung kalten Wassers mit weißer Asche verrührt. In diese Brühe werden dann die Kleider, die man färben will, eingetaucht, getrocknet, wieder eingetaucht und dieses etwa sechsmal wiederholt.



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Zum Rotfärben von Stoffen und auch von Kalebassen verwandte man früher lediglich die Blätter des Sorghum, heute dagegen schon häufig Permangansaures Kali, das im benachbarten französischen Gebiet in größerer Menge auf den Markt kommt.

g) Einige Bemerkungen zur Mattenfiechterei in Bafilo: Die Timstämme wissen zwei Formen von Matten zu flechten. Zunächst sind da jene gröberen, einförmigen, die mir beim Verpacken meiner Sammlungen so hervorragende Dienste leisteten. Ich bezog sie aus Bafilo und mußte ca. 50 Pfennig per Stück bezahlen. — In Sokode auf dem Markte sah ich eine Stabmatte, und zwar von der durchbohrten Form, ziemlich häufig; aber ich habe vergessen, mich danach zu erkundigen, wo sie hergestellt werden. — Endlich gibt es noch eine dritte, diagonal und sehr schön gefärbte Matte, auf welche sich die nachstehenden Notizen beziehen. Der Mattenflechter (=keballin-lulu) schneidet sich sein Material von der Raphiapalme. Dieses Flechtmaterial heißt ballafulunga. Die zugeschnittenen Flechtstreifen werden gefärbt, und zwar: schwarz mit Humusboden, rot mit dem Gulombugu genannten Wurzelextrakt, gelb mit dem Ballan-gjinga-gras, das aus Kabre bezogen wird.

Diese sehr schönen Matten gleichen genau jenen, die in Sugu und auch am Niger bei Niamey und so weiter bis nach Faraka hinauf hergestellt werden und die in jenen Ländern aus den Blätterscheiden der Borassus verfertigt werden.

h) Einige Bemerkungen zur Perlengurtbereitung in Bafilo: Diese Fabrikation scheint eine Spezialität des Bafilogebietes zu sein. Sie wird deshalb als Hausindustrie betrieben. Der äußeren Erscheinung nach gleichen die Perlenschnüre ganz dem Diwarrageld der Südsee, den Scheibenperischnüren, die in Südafrika aus Straußeneiern und den gleichen, die im Kongoreiche aus Muschelschalen gefertigt werden. Die flachen, kreisrunden, scheibenförmigen Perlen (=ketjie) werden bei den Tim aus Stücken der Ölpalmfruchtschalen (=didjimbora) hergestellt. Die Bruchstücke der Schalen werden zunächst in ein faustgroßes Stück weichen Palmholzes (=dofola) eingepreßt und auf einem großen flachen Reibstein (=namre) mit einem Brei aus Wasser und Sand (= kanjinga) geschliffen. Dieses Schleifen ergibt flache, kreisrunde Scheiben, in die nun mit einem spitzen, nadelförmigen Eisen (=edjo) Mittellöcher eingebohrt werden. Danach werden die Scheiben zusammen auf eine Schnur aufgereiht; und damit diese nun recht ebenmäßig wird, schleift man die gespannte Schnur auf einem langen Brett. Die Frauen lieben es, diese Perischnüre um die Lenden zu tragen.



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i) Einige Bemerkungen über den Barbier von Beiaku: Auf allen größeren Kotokollimärkten sieht man Barbiere, denen sich Wohlhabende gern anvertrauen, da sie während der Prozedur beliebte Objekte der allgemeinen Neugier werden, die sich überall gern da konzentriert, wo jemand unnützerweise Geld ausgibt. Der Mann hat im allgemeinen kein so reichhaltiges Necessaire wie Hugershoffs Studienobjekt in Beiaku.

Schleifstein hure
Abziehriemen tonde
Feile für die Schere njimre
Schaumbecken tassaya (vgl. Haussa)
Schere alma kassi (vgl. Haussa)
Rasiermesser = barafo

Der Barbier von Beiaku hatte eine ganze Reihe von Rasiermessern, für verschiedene Alters- und Berufsklassen verschiedene, z. B. besondere für den Häuptling und ganz besonders gut geschliffene für die, die gut bezahlen. Barbier heißt wansamm.

Die Berufsausübung führt uns nun zur Töpferin, deren Handwerk an zwei Orten beobachtet wurde, in Bafilo und in Paratau, beide Male von daselbst seit alters ansässigen Frauen.

k) Einige Notizen über das Töpferinnengewerbe in Bafilo: Töpferin nivenimaro Gestampfter Glimmerschiefer fatedo Tonerde tjo

Töpferscheibe igjelera, bestehend aus zwei Teilen, nämlich erstens einem alten Topfboden, auf dem der Topf aufgeformt wird, und zweitens einem tönernen Ring, der auf dem eben erwähnten alten Topfboden ruht und auf dem er gedreht wird. Wir werden gleich sehen, daß an Stelle des Bafiloer Tonringes in Paratau ein Strohring als Unterlage auftritt. Das Material wird aus Tonboden hergestellt, dem gestoßener Glimmerschiefer in gründlicher Anrührung mit Wasser zugefügt ist. Der fertige Materialkloß heißt tjugumau. Der Kloß wird dann zwischen den Händen zu einer dicken zylindrischen Walze gepreßt, deren Dimensionen 20 mal 15 cm betragen. Mit der Hand wird in die Mitte ein Loch gestoßen und dann folgt allmähliches Formen zu Konusformen mit den Händen und unter Zuhilfenahme einer Akazienschotenhälfte, mit der gestrichen wird. — Dabei immer wiederholtes Befeuchten mit Wasser. — Die Muster werden nachher durch Aufrollen eines aus Bastfäden gedrehten Strickendes (=mbija) auf der Oberfläche des Topfes hervorgerufen.

Topf niven
Trocken =welo
Topfbrennen =niven-kogu



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1) Einige Notizen über das i'öpferinnenyewerbe in Paratau:
Töpferlehm = tscho
Scherbenscheibe itchaelaga
Der Strohring als Unterlage duborre
Grundwalze kullekulle
Töpfern =simana nu fen
Halbe Schale der Akazienschale kukonde
Maiskolbenrest = namele-dani
Stöckchen aus Rohr zum Mustereindrücken kasi
Fruchtschalen zum Glattstreichen manun (oder manung)
Schneckenschale zum Auskratzen kittili
Blätter zum Abreiben tjutjude
Messer zum Bodenabschneiden = sa

Reihenfolge der Arbeiten; am ersten Tage:

i. Lehmkneten.

2. Aufbau des Zylinders, der erst zwischen den Händen gewurstelt und dann senkrecht auf die Itchaelaga gestellt wird.

3. Die linke Hand fährt von oben spitz in die Mitte des Zylinders hinein und drückt die Masse bauchig nach außen. Die Itchaelaga wird dabei im Duborre gedreht. Die Linke drückt nach außen. Die Rechte formt von außen her.

4. Es wird ein dünnerer Streifen gewurstelt und dieser als Material zur Randausgestaltung oben rund herum aufgeklebt. Der Rand wird dann geformt durch Streichen, Drücken, Drehen und Gegenhalten.

5. Mit dem Kasi werden dann Muster eingedrückt und der ganze Oberteil mit dem Uamele-dani ebnend abgewälzt. — Nun ist der Oberteil ganz fertig, auch geglättet und gemustert, während der plumpe Unterteil noch fest im Itchaelaga klebt. In diesem Stadium läßt man den Topf einen Tag lang sonnentrocknen und setzt erst am darauffolgenden die Arbeit fort.

6. Am andern Morgen wird der Boden mit der Muschelschale innen ausgekratzt und mit Kukonde und Manun geglättet.

7. Am Nachmittage wird er dann vom Itchaelaga herabgenommen, umgedreht (so daß er auf den Hals zu stehen kommt) und mit dem Messer (sa) abgekratzt, bis eine schöne Rundung erzielt ist. Dann wird er geglättet.

Die Töpferin fertigt anscheinend immer mehrere Geschirre gleicher Form gleichzeitig an, läßt sie dann alle zusammen trocknen und brennt sie dann gemeinsam.

Ich möchte das Gebiet der industriellen und gewerblichen Tätigkeiten nicht verlassen, ohne noch einige Bemerkungen zur Architektur dieser Stämme gemacht zu haben. — Die Gehöfte sind in den Städten recht eng ineinander gebaut. Bei den Tim ist der



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Rundbau allein herrschend. In das Gehöft führt der Weg meist durch ein sehr geräumiges Torhaus, in dem dann gewöhnlich auch die Pferde stehen. Das Wohnhaus des Hausherrn dagegen ist nicht selten gleich wie bei den Tscherkessi, bei denen das aber Regel ist, viereckig. Wenigstens fiel es mir mehrere Male auf. — Auf den Straßen sieht man häufig vor den Eingängen zum Gehöft eine Art Steinpflasterung, die an die monolitischen Kreisbauten in Nordliberia und bei den Evhe erinnern.

Sowie wir das Timgebiet nach der Richtung von Alibi verlassen, betreten wir aber das Bereich des quadratischen Lehmbaues. Im Tschambagebiet treten die gewöhnlichen Rundhütten zurück; es überwiegen rechteckige, nahezu quadratische Grundrisse. Das aufgesetzte Strohdach ist gewöhnlich rundhüttenähnlich konisch. Es gibt daneben aber auch rechteckige Hütten mit Satteldach. Nach Angabe der Tschamba ist dieser letzte Typ modern und soll erst seit den intimen Handelsbeziehungen zu den Atakpameleuten bestehen. Dagegen deutet der quadratische Grundriß mit dem Spitzdach mehr auf eine längere und naheliegende Beziehung zu den Kurra-ma hin. Die Mauerhöhle beträgt im Durchschnitt 1,60 m.


Copyright: arpa, 2015.

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