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VOLKSERZÄHLUNGEN UND VOLKSDICHTUNGEN


AUS DEM ZENTRAL-SUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1924

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS / JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT 2 KARTENBEILAGEN

94. Schakal und Hund

Der Hund kam zum Schakal und beklagte sich, daß er nie in der Stadt gewesen wäre. "Nun,"sagte der Schakal, "ich werde dich mal hinführen." Am nächsten Morgen gingen sie zur Stadt. Als die Knaben den Schakal mit dem fremden Tiere sahen, fingen sie an zu schreien. Der Schakal aber rief: "Es ist mein bester Freund, der Hund." Dann gingen sie zum König und wurden bewirtet mit Mehl und Honig. Aber der Raum, in dem sie aßen, hatte nur eine kleine Türe. Deshalb versuchte der Schakal von Zeit zu Zeit, ob er auch noch heraus könne, während sich der Hund unbekümmert an dem großen Haufen Mehl gütlich tat. Als der Schakal merkte, daß er nur mehr mit Mühe aus der Türe heraus könne, ging er hinaus. Der Hund aber war so vollgefressen, daß er nicht heraus konnte, und begann zu jammern. Da sagte der Schakal: "Lege dich in das Mehl und stelle dich tot, dann werden dich die Menschen nehmen und hinauswerfen. Ich gehe solange." Am nächsten Tage fanden die Leute den Hund im Mehl und berichteten dem König, daß der Freund des Schakals sich an der unbekannten Speise totgefressen habe. Der König befahl, Knaben zu holen und ihn wegzubringen. Die Knaben banden ihn an den Beinen, zerrten ihn hinaus und



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machten sich ein Vergnügen, ihn mit Steinen zu werfen und mit Knüppeln zu schlagen. Draußen lösten sie die Stricke und warfen ihn in die Luft, damit er auch richtig tot wäre. Das war denn doch zuviel für den armen Hund. Er sprang auf die Beine und rannte davon. Der Hund traf den Schakal, der ihn fragte: "Na, wie hat es dir in der Stadt gefallen?" "Ich will nicht wieder hin," war die Antwort, "aber zeige mir lieber einen guten Platz im Busch." Der Schakal führte den Hund zur Hyäne und die dachte bei sich: "Aha, da kommt mein Abendessen", und sagte: "Was führt euch zu mir?" Der Schakal begann: "Dieses Knaben Vater hat seine Kuh verloren. Du hast doch immer Orakel für mich gelegt. Vielleicht kannst du auch ihm helfen." "Kommt nur hinein", sagte die Hyäne und ließ die beiden auf einer Matte Platz nehmen. Dann begann sie das Orakel im Sand mit Strichen zu machen und sagte: "Ein Fremder ist gekommen, aber er wird nicht wieder nach Hause zurückkehren." "Aber wie ist es mit der Kuh ?" fragte der Schakal. "Das Orakel sagt nur, daß der Fremde nicht in seine Heimat zurückkehren würde." "Aber du willst doch meinen Freund nicht töten ?" fragte der Schakal. "Nein, durchaus nicht", log die Hyäne. Es erhob sich ein Sturm, man hörte das Rauschen. Da meinte der Schakal: "Ich glaube, jetzt kommen die Leute mit der Kuh. Ich will den Hund senden, damit sie uns nicht davonlaufen." Die Hyäne gab es zu, und der Schakal sagte zum Hund: "Lauf schnell weg und geh in mein Haus." Nach einiger Zeit sagte der Schakal zur Hyäne: "Mein Freund kommt gar nicht wieder, ich will doch sehen, wo er bleibt", rannte auch weg und kam zu seiner Wohnung. Da traf er den Hund, der sagte: "Von deiner Freundschaft habe ich nun genug, ich glaube es ist das beste, wir trennen uns für immer." Seitdem leben Schakal und Hund nicht mehr zusammen.


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