Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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[3054]

[Bullinger]
an Oswald Myconius
[Zürich],
25. Oktober 1547

Autograph: Zürich StA, E II 342, 180 (Siegelspur) Zusammenfassung: Henrich, Myconius BW 996f, Nr. 1113

[1] Wie Bullinger es [in seinem letztem Brief Nr. 3041] vermutet hat, verstarb Heinrich Buchter einen Tag danach. Buchter hinterlässt sieben Kinder. Voraussichtlich wird die Obrigkeit für diese sorgen. Buchters Sohn Johannes traf erst nach der Bestattung in Zurich ein. -[2]Johannes Haller kehrte wohlbehalten aus Augsburg zurück Viele sind der Meinung, dass er Buchters Nachfolger wird. Der Herr möge dies gewähren, denn Haller ist der Kirche nützlich! Haller hat über Dinge berichtet, die schriftlich nicht übermittelt werden können. Am Hof Kaiser Karis V. und in der Stadt Augsburg gibt es viele Gottesfürchtige, aber auch viele Heuchler. -[3] Wie seltsam, dass Myconius nicht begriffen hat, mit wem König Heinrich II. von Frankreich ein Bündnis anstrebt, obwohl er ja verstanden hat, dass die Eidgenossen Verbündete des Papstes Paul III. würden, wenn sie sich mit dem Franzosen alliierten. Demnach ist es doch klar, dass Heinrich II. ein neues Bündnis mit den Helvetiern sucht! Nämlich mit den Zürchern, den Berner", den Fünf Orten, den Glarnern, den Baslern, usw. Unterdessen gibt der König zu, dass das alte Soldbündnis noch drei Jahre nach dem Tod seines Vaters Franz I. gültig ist. Dass die Eidgenossen im Falle eines Bündnisses mit ihm auch Verbündete des Papstes würden, ist wahrscheinlich, denn es scheint tatsächlich zu einem Bund zwischen ihm und dem Papst gekommen zu sein, zumal der königliche Gesandte in der Eidgenossenschaft [Louis Daugerant, Seigneur de Boisrigaut] in einem Brief an den Rat von Zürich den Tod dieses "unschuldigen"[Papstsohnes]Pier Luigi Farnese tief bedauert. Es wäre also fatal für die Eidgenossen, wenn sie ihr Vertrauen in diesen "ägyptischen"König und in weltliche Bündnisse setzten! Selig, wer auf Gott hofft, dabei aber rechtmäßige Mittel nicht verachtet (unbillige Mittel sind ohnehin zu verabscheuen). - [4] Nun muss Bullinger eine schlechte, leider verbürgte Nachricht mitteilen: Die Konstanzer haben sich von Nicolas de Perrenot, Herrn von Granvelle, überreden (hoffentlich aber nicht verwirren) lassen! Sie verhandeln nun über eine Aussöhnung mit dem Kaiser. Sie haben aber vor, nichts anzunehmen, das gegen Gott, den Glauben, ihr Staatswesen und ihre Nachbarn wäre. Doch sind sie nur Bittsteller, der Kaiser hingegen der Spender, der nach seinem Gutdünken entscheidet! Und es besteht die Gefahr, dass er viel verspricht und wenig hält! Myconius soll also für die Konstanzer beten. Deren beste Männer hegen noch etwas Hoffnung. Gott schenke ihnen gutes Gelingen. Der Zürcher Rat schreibt diesbezüglich dem Basler Rat. Soviel für diesmal. -[5]Grüße, auch an Francisco de Enzinas, Johannes Oporin, Johannes Gast, Celio Secondo Curione und an alle anderen. - [6] Falls Gast auf Bullingers Brief [nicht erhalten], den ihm Ludwig Lavater überbracht hatte, antworten wollte, stünde ihm ein Bote [Thomas Binzmüller] zur Verfügung.

a Textverlust bei der Entfernung des Siegels.

S. D. Concessit ad superos postridie, uti divinaram, 1 d. Buchterus in vera fidei confessione. Sepultum invenit filius 2 . Reliquit liberos in summa 7. Ego de magistratus beneficentia bene spero.

Rediit Augusta Hallerus salvus et incolumis. 3 Multi divinant ipsum Buchtero surrogandum fore. 4 Dominus eum nobis det, quem novit ecclesiae suae esse utilem. 5 Mira refert Hallerus, quae scribere non possum. Sunt multi fideles et rursus hypocritae multi in aula caesaris 6 et in ipsa urbe Augusta, etc.

Non intelligis, cum quibus foedus petat Gallus 7 ! Mire! Mirum sane te hoc non intelligere, cum intelligas, quod mox sequitur: 8 Papae 9 nos esse foederatos, si Gallo connectamur! Quinam isti "nos"? Helvetii! Ergo cum Tigurinis, Bernatibus, Quinque Pagicis, Claronensibus, Basiliensibus, etc., petit foedus, et novum quidem foedus! Fatetur interim vetus illud duraturum alias 3 annis a morte patris 10 . Ideo vero Gallo nexos papae sotios 11 esse arbitror, quod syncretismus 12 esse videatur inter papam et Gallum. Nam in literis ad senatum nostrum a a regio legato a13 missis quaeritur misere confossum esse Petrum Aloysium 14 , innocentem 15 scilicet hominem, si dus placet. Verum mihi crede b , Myconi, perituros nos, si fiduciam nostram collocaverimus in regem illum Aegypti 16 et in foedera carnalia 17 . Beatus, qui spem suam in deo collocat, 18 iusta quoque media non contemnit, 19 iniusta abominatur. 20 Haec ad tua paucis.

a-a Am Rande nachgetragen. -
b In der Vorlage credi.
1 Vgl. Nr. 3041,21f. - Zu Heinrich Buchters Todesdatum s. Nr. 3041, Anm. 13.
2 Johannes Buchter.
3 Johannes Haller war am 12. oder 13. Oktober nach Zürich zurückgekehrt; s. Nr. 3017, Anm. 38.
4 Buchter war seit September 1545 zweiter Prediger (Archidiakon) am Großmünster gewesen; s. HBBW 1124, Anm. 1; XV 481f, Anm. 12.
5 Bullinger scheint also von der durch Jodocus Kilchmeyer bewirkten und ihm von diesem mit Brief Nr. 3036 mitgeteilten Berufung Hallers nach Bern nicht viel gehalten zu haben.
6 Karl V.
7 König Heinrich II. von Frankreich. - Bullinger bezieht sich hier auf Nr. 3046,10-12.
8 Nämlich in Nr. 3046,12-14.
9 Paul III.
10 Franz I., verstorben am 31. März 1547. -
Zum Soldbündnis mit Frankreich s. Nr. 2976, Anm. 1.
11 =
12 Vereinbarung; s. Kirsch 2783.
13 Gemeint ist der französische Gesandte Louis Daugerant, Seigneur de Boisrigaut. Zu dessen hier erwähntem Schreiben s. Nr. 3041, Anm. 5.
14 Pier Luigi Farnese; s. Nr. 2964, Anm. 5.
15 Ein von Bullinger hinzugefügter ironischer Kommentar. -Vgl. Nr. 3020,36f.
16 Vgl. Jes 30, 1-3; 31, 1. - Gemeint ist Frankreich; vgl. HBBW XIX 121,59; 123,20.
17 Vgl. Jer 17, 5. -Vgl. diesen Satz mit Nr. 3048,6-9.
18 Ps 40 (Vuig. 39), 5.
19 Unter anderem die Hilfe der Innerschweizer; vgl. nämlich Nr. 2984,12-25; Nr. 3065,44-52.
20 Vgl. Dtn 25, 16.

Iam vero infausti nuncii tibi nuncius sum: Constantienses artibus Granvellae 21 capti, utinam non daementati 22 ! Iam incipiunt consultare de reconciliatione cum caesare. Certum est, quod scribo. Constanter illi quidem animo conceperunt nolle se quicquam recipere, quod deo, religioni, incolumitati reipublicae, adde et vicinis, adversum sit. Verum illi postulant. Caesaris est dare. Dabit is, quod placuerit. Ac periculum est, ne liberalis sit in promittendo, parcus in praestando. Ora pro ipsis dominum (amplissimo senatui vestro haec omnia ad longum perscribuntur) c23 . Optimi apud ipsos optime sperant. Deus faxit, ut bona consequantur. Plura Iam non possum.

Vale una cum Dryandro 24 , Oporino, Gastio, Coelio 25 et aliis bonis, quos omnes ex me salutabis. 25. octobris 1547.

||180v. Dic d. Gastio adesse tabellionem 26 , si forte respondeat ad literas meas 27 per Lavaterum 28 missas.

[Ohne Unterschrift.]

[Adresse darunter:] D. Osvaldo Myconio, suo charissimo fratri, zu Basel predicanten. 29