Projektseite Bullinger - Briefwechsel © Heinrich Bullinger-Stiftung
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[1838]

[Ambrosius Blarer] an
Bullinger
Konstanz,
19. Januar 1544

Autograph: Zürich StA, E II 357, 65 (Siegel) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 232, Nr. 1060

Ist guter Hoffnung, dass [Konrad Zwicks Kriegskunst]vorläufig geheim bleiben wird, da sie auch so für Zwick und die Stadt [Konstanz] von Nutzen sein könnte; falls sie bekannt wird, würde er sie jedoch lieber in den Händen des Franzosen [Franz I.] statt des Kaisers [Karl V.] sehen - letzteres dürfte für den Erfinder gefährlicher sein, dies kann er aber nicht weiter ausführen; da Bullinger nicht weiterhelfen kann, lässt er die sorgenvolle Sache hiermit ruhen und entschuldigt sich, ihn darin bemüht zu haben; Bullinger soll für ihn und sein Amt beten. Hat die [Kölner]"Reformation"[die Schrift "Einfaltigs bedencken" Martin Bucers]entgegen dessen Versprechen noch nicht erhalten. Grüße. Gruß auch an [Diethelm] Röist, Treuezusicherung und Segenswunsch.

Sonders freuntlicher, vertrauwter lieber herr und bruder.

b vestrae über der Zeile nachgetragen.
des Herzogtums Mailand. Ab 1560 lebte er in Rom und übernahm verschiedene Ämter im Kirchenstaat. Als Bischof von Trient folgte ihm 1567 sein Neffe Ludovico Madruzzo. - Lit.: Hubert Jedin, in: NDB III 247f; Josef Gelmi, in: LThK 3 VI 1177f; Rotraud Becker, in: DBI LXVII 175-180.
10 Paul III.
11 Diese Nachricht ging ebenso wie die vorausgehende, Luxemburg betreffende in eine Nachrichtenzusammenstellung von Bullingers Hand ein; s. Zürich StA, E II 453, 159.
12 Hermann von Wied, Erzbischof von Köln.
13 Erasmus Schenk von Limpurg, Bischof von Straßburg.
14 Erasmus Schmid.

Auff ewer schreiben 1 diß mal nun 2 sovyl wie ouch vormals 3 , das ich ongezweyffelt und gantz getröster hoffnung byn, diß sach 4 solle in der stille belyben byß uff zyt, so der herr will, das sy an den tag gepracht werde, sonderlich dieweyl weg vorhanden sind, durch die meinem lieben vetter 5 hieruß nitt geringer nutz, dessgleichen ouch vyllicht gmainer statt ensten 6 kan on eroffnung der kunst, wiewol ich in ansechen nitt geringer ursachen vyl lieber seche, das solichs gegen dem Frantzosen 7 dann gegen dem kaiser 8 beschäche. Dann es mich etwas vyl fahrlicher 9 beduncken will des erfinders halber, davon ich aber nitt weyter schreiben kan; dann dieweyl ir nitt gedencken mögt, euch mitt fugen hierinn handlen mögen 10 , will ichs allso by dem belyben und ruen lassen mitt pitt, mir zuverzychen, das ich euch um sovyl mitt disem handel bemüht habe, wiewol mir noch offt treffelich angst, wynd und weh darhinder ist; furcht etwan menschlich anfechtung und art, es möcht der lystig teuffel ain göckele 11 machen, das ouch aim uffrechten gmüt zu geschwind 12 were und blendung anrichten köndt. Truwen doch dem lieben gott, er füre unß nitt in versuchung 13 . Darum wellind ir inn ouch mitt hertz und glouben anruffen und mich euch allzeyt brüderlich und christlich lassen bevolchen sein in diser geschwynden und erschrocklichen zeyten. das ich in meinem ampt getruw und ainer möge sein auß den geringsten knechten des herren, den er, so er kompt, wachend erfinde 14 etc.

Die Reformation 15 ist mir noch nitt zukommen, warten dero; dann er 16 mirs yetz zwaimal geschriben und zeschicken verhaissen hat. 17

Wellt ewer ersamen, christlichen hausfrauwen 18 , kinden 19 mitt allen liebverwandten vyl dienst, liebs und grutz mitt wünschung alles guten sagen; beger hertzlich ewer aller getruw furpitt.

1 Nicht erhalten.
2 nur.
3 Siehe Blarers Brief vom 5. Januar, oben Nr. 1836, 35-111.
4 Gemeint ist Konrad Zwicks "Kriegskunst"; s. zuletzt oben Nr. 1836.
5 Konrad Zwick.
6 entstehen.
7 König Franz I.
8 Karl V.
9 gefährlicher.
10 denn da ihr nicht denkt, dass ihr die Befugnis habt, in dieser Sache etwas zu unternehmen.
11 ein Gäukele machen: einen starken Streich spielen.
12 gefährlich, gefahrvoll.
13 Vgl. Mt 6. 13: Lk 11, 4.
14 Vgl. Mt 24, 45f par.
15 Blarer bezieht sich auf den von Bucer unter Mithilfe von Melanchthon, Erzbischof Hermann von Wied und Kaspar Hedio verfassten Kölner Reformationsentwurf "Einfaltigs bedencken", der im Spätsommer 1543 fertig gedruckt wurde (Bucer-Bibl 126 und 138-140; BucerDS XI/1 147-432).
16 Martin Bucer.
17 Siehe Bucers Briefe an Blarer vom 7. November und 22. Dezember 1543, Blarer BW II, Nr. 1046, S. 216; Nr. 1055, S. 228.
18 Anna, geb. Adlischwyler.
19 Von Bullingers Kindern lebten zu diesem Zeitpunkt Anna, Margaretha, Elisabeth, Heinrich, Hans Rudolf, Christoph und Veritas; vgl. auch HBBW XIII 259, Anm. 9.

Datum Costentz, den 19. jenners anno 1544.

Meinem gunstigen, lieben herrn Rösten 20 wellt von mir all mein möglich gutwillig dienst sagen; das ir uns begeren truw gegen und an euch zesein, sind ir ja on zweyffel gewert 21 . Der truw, starck gott erhalt unß gnedigklich in seinem schutz und schirm.

[Adresse auf der Rückseite:]a Domino Heinricho Bullinge[ro], fratri et amico incompar[abili]. Zürich.