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[1837]

Matthias Erb an
Bullinger
Reichenweier,
14. Januar [1544]

Autograph: Zürich StA, E II 361, 261 (Siegelspur) Ungedruckt

Braucht nicht viel zu schreiben, da [Hans] Vogler [d.J.] mündlich berichten wird; ruft zum Gebet auf Bucer schreibt, Kaiser [Karl V.] sei in Speyer eingetroffen; in Luxemburg sind Tausende umgekommen; Papst [Paul III.]versucht, die Bischöfe von Augsburg [Otto Truchsess von Waldburg], Eichstätt [Moritz von Hutten] und Trient [Cristoforo Madruzzo] durch Verleihung des Kardinalshutes zum Verrat an Deutschland zu bewegen; gegen den Kölner [Erz-]Bischof [Hermann von Wied] wird viel agitiert, während der Bischof von Straßburg [Erasmus Schenk von Limpurg] ein weltlich gesinnter Zauderer ist. Grüße.

45 Verführer.
46 Gemeint ist wohl Simon Grynäus.
47 Grynäus verstarb am 1. August 1541; von einer von ihm erfundenen Kriegskunst ist nichts bekannt.
48 schützen.
49 Diethelm Röist.
50 Jakob Röist.
51 dessen.
52 Barbara, geb. von Ulm.
1 Die Nachricht über die Ankunft Kaiser Karls V. in Speyer erlaubt (trotz ihrer Ungenauigkeit) eine Datierung auf 1544; s. unten Z. 7f mit Anm. 5.

Gratia domini tecum.

De statu et nostro et ecclesiae non fuerit precium operae plura chartis illinire, quando viva voce omnia docebit Voglerus 2 , optime et doctissime Bullingere; tantum qum[!] tuis symmistis ora dominum, ut caeptum opus et provehat et perficiat, ne astu satanae deiiciatur.

Rumores passim audiuntur horribiles, cruentae a caedes, homicidia et omnium malorum Lerna 3 ingruit. Scribit Bucerus 4 caesarem 10. huius mensis Spiram per postam tribus tantum equitibus venisse. 5 Luczelburgi multa milia hominum, senum et puerorum istis hybernis mensibus fame et algore perierunt. 6 Episcopum Augustae Vindelicae 7 , Eystettensem 8 et Tridentinum 9

a In der Vorlage cruenti.
2 Gemeint ist sicher Hans Vogler d.J., der 1543-1545 eine Lehre beim Stadtschreiber von Reichenweier, Oswald Fürstenlob, absolvierte; s. HBBW X 49, Anm. 43.
3 Nach einem See in der Argolis (Peloponnes), bekannt aus der griechischen Mythologie als Aufenthaltsort der Hydra; s. Adagia, 1, 3, 27 (ASD II/1 338-340, Nr. 227).
4 Bucers Brief ist nicht erhalten.
5 Kaiser Karl V. hatte zwar seine Ankunft auf den 10. Januar angekündigt, traf jedoch erst am 30. Januar ein; s. RTA JR XV/1 111-114.
6 Zur erfolglosen Belagerung von Luxemburg durch kaiserliche Truppen unter Wilhelm von Fürstenberg s. Henne VIII 155-157.
7 Otto Truchsess von Waldburg, geb. 1514 in Scheer (Kr. Sigmaringen, Baden-Württemberg), studierte in Tübingen, Dole und an italienischen Universitäten und wirkte anschließend (u.a. bei den Religionsgesprächen von 1540/41) für Kaiser Karl V. und Papst Paul III., bevor er 1543 Bischof von Augsburg wurde. Am 19. Dezember 1544 wurde er zum Kardinal ernannt (s. Konrad Eubel, Hierarchia catholica medii et recentioris aevi, Bd. III, Regensberg 1910, S. 29, Nr. 53; vgl. Blarer BW II 342f). Als Vorkämpfer eines strengen Katholizismus, der den Augsburger Religionsfrieden von 1555 ablehnte, setzte er sich in Zusammenarbeit mit Petrus Canisius und den Jesuiten besonders für Bildungsreformen
ein. So gründete er das bald schon zur Universität erhobene Kollegium in Dillingen (1549) und die dortige Druckerei (1550). Ab 1568 lebte er in Rom, wo er 1573 starb. - Lit.: Wolfgang Wüst, in: NDB XIX 667-669: Peter Rummel, in: LThK 3 X 950f.
8 Moritz von Hutten, geb. 1503 in Arnstein (Unterfranken), gest. 1552 in Eichstätt, wurde 1512 Domherr und 1532 Kapitular in Eichstätt, 1516 bzw. 1530 in Würzburg. 1518-1530 studierte er an mehreren deutschen Universitäten und in Padua. 1536 wurde er Dompropst und 1539 Bischof von Eichstätt. Als Vertreter der Mittelpartei trat er den Protestanten gegenüber gemäßigt auf und bemühte sich um die Reform des Klerus. 1546 präsidierte er das Regensburger Religionsgespräch. - Lit.: Heinrich Grimm, in: NDB X 98; Ernst Reiter, in: LThK 3 V 346.
9 Cristoforo (di) Madruzzo (Christoph [von] Madrutz, Madrutsch), geb. 1512 auf Schloss Madruzzo (Trentino), gest. 1578 in Tivoli, studierte in Padua und Bologna und hatte diverse Kanonikate inne, bevor er 1539 Bischof von Trient und 1542 Administrator von Brixen wurde. Im selben Jahr wurde er insgeheim zum Kardinal ernannt (mit "reservatio in pectore"); die Publikation erfolgte erst 1545. Der theologisch wenig gebildete, eng mit den Habsburgern verbundene Kirchenfürst engagierte sich stark für das Konzil zu Trient und trat u.a. für volkssprachliche Bibelübersetzungen und die Zulassung des Laienkelchs ein. 1555-1557 war er Statthalter

papa 10 (galerum cardinalatus offerens) in proditores Germaniae cupit creare. 11 Coloniensis 12 multis adversitatibus impetitur; vicinus noster, Argentoratensis 13 , sua quaerens et mundo deditus, egregius cunctator et spectator est.

Saluta tuam familiam. Salutamus te, Megandrum nostrum, Erasmum 14 , Gvaltherum, Bibliandrum, Pellicanum omnesque ecclesiae vestrae b doctores, quotquot in nostro agro verbo dei praefecti sumus.

Raptim, Richenvillae, 14. die ianuarii.

Matthias Erbius.

[Adresse auf der Rückseite:] Viro cum primis et pio et eruditione insigni d. Henricho Bullingero, suo patrono et fratri amantissimo etc.