Name: Ginzel: Vorname: Joseph Augustin G., Theolog, geboren zu Reichenberg in Böhmen am 1. Mai 1804 , gesiorben zu Leitmeritz am 1. Juni 1876. Nach erhaltener Priesterweihe am 3. September 1828 und Absolvirung der theologischen
Studien im höheren Priesterseminar (Frinteaneum) in Wien und Erwerbung
des theologischen Doctorgrade wurde er im J. 1837 Professor der Theologie
an der bischöflichen Lehranstalt in Leitmeritz, später Domherr daselbst,
worauf die Niederlegung der Professur erfolgte, Beisitzer des Consistoriums, Vicepräses
des Ehegefechts, Defensor matrimonii, Synodalexaminator und bischöflicher
Notar. Er gehörte zu den wissenschaftlichsten Theologen in Oesterreich, war in
früheren Jahren, wie sich namentlich in seinem "Handbuch des Kirchenrechts"
zeigt, sehr ultramontan , kämpfte jedoch fortwährend für eine bessere Bildung
des Clerus und gerechte kirchliche Regierung. Ein warmer Patriot zerfiel er
mit seinem Bischof und der herrschenden clericalen Richtung, seitdem diese antistaatlich
wurde, hielt sich als Mitglied des Reichsraths zur liberalen Partei und
gab sich alle Mühe, eine Besserung der kirchlichen Zustände herbeizuführen. Seit
dem vaticanischen Concil war er unerbittlicher Gegner der päpstlichen Neuerungen,
obwol er bei seinem Alter und seiner Isolierten ein öffentliches äußeres
Hervortreten vermied. Seine unterzeichneten Recensionen der Concilsbroschüren
von Hefele, Rauscher u. A. im Bonner Theol. Litt.-Blatt 1869 ff. sind ein unzweifelhafter
Beweis seines Standpunktes. Seine Schriften: "Geschichte der
Kirche" , Bde., 1846 ff. (unvollendet), "Geschichte der Slavenapostel Cyrill
und Methud ' , 1857, "Handbuch des neuesten in Oesterreich geltenden Kirchenrechts
' , 1857 —62, "Archiv für Kirchengeschichte und Kirchenrecht , 1851 sg.,
3 Hefte, "Die canonische Lebensweise der Geistlichen, ein Votum für die Wiedereinführung
derselben" , 1851, "Legatio apostolica Petri Aloysii Carafae Ep. Fricar.
sed. Urbano VIII. P. M. an tractum Rheni et ad provincias inferiores Germ. ab
a. 1624 usque ad a. 1631" , 1840, "Evangelium und Kirche, eine katholische Protestation
wider den Protestantismus, der sich ,Kirche ' nennt, von Dr. Sylvius" , 1843,
"Katholische Wahrheit und protestantischer Irrthum" etc., 1846 , "Lehren der
katholischen Kirche gegenüber den Irrthümern der deutschen Sectirer , 1846,
"Ueber die Zukunft der Kirche in Oesterreich, Briefe von Dr. Sylvius , 1848,
bekunden den alten Standpunkt desselben, während die folgenden: "Die Pfarrconcurs-Prüfung
nach Staats- und Kirchengesetz" , 1855, Worin er für die Einhaltung
der gesetzlichen Vorschriften auftritt, "Zum Frieden zwischen Kirche und
Staat in Oesterreich" , 1868 (Abdruck von Artikeln der Kölnischen Blätter, Juni
und Juli 1868, welche namentlich Montalembert's Beistimmung gefunden),
Reform der römischen Kirche in Haupt und Gliedern, Aufgabe des bevorstehenden
römischen Concils" , 1869 (gleich der vorhergegangenen anonym), "Die Geschäftsordnung
des Concils von Trient" , 1871 (2 Ausgaben, anonym, mit verschiedenem
geharnischten Vorberichte; der Abdruck ist erfolgt nach dem von
Theiner veranstalteten Abdruck, den ich G. durch den damaligen Professor Sal.
Meyer in Prag, zustellte), "Bischof Hurdalek, ein Charakterbild aus der Geschichte
der böhmischen Kirche" , 1873, "Die theologischen Studien in Oesterreich
und ihre Reform, eine theologisch-historisch-politische Monographie" , 1873 (anonym),
— den sich nach gründlichen Reformen sehnenden Mann zeigen. Eine
Reihe von Artikeln in theologischen Zeitschriften sind als "Kirchenhistorische
Schriften" zusammengestellt (1872, 2 Bde.) erschienen. Als Mensch und
Priester untadelhaft war er eine wahre Zierde des Clerus.
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