Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[849]

Jakob Meyer an
Bullinger
Basel,
18. Juni 1536

Autograph: Zürich StA, E II 335, 2022 (Siegelspur) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Stucki 295

Bittet Bullinger, seinem Schwiegersohn [Johann] Walder, der vom Zürcher Rat die Ausrichtung einer beim Klosteraustritt versprochenen Leibrente verlangt, behilflich zu sein; schrieb daru her auch an [Hans]Rudolf Lavater. Hat sich sehr gefreut, als er durch [Georg Müller] von der Wahl Lavaters in den Rat erfuhr. Weitere Neuigkeiten wird Müller berichten. Hofft auf gute Briefkontakte mit Lavater.

Die gnad gottes zuvor und min willig dienst.

Ersamer, wolgelerter, lieber Meister Heinrich, ich hab euch von wegen mins tochtermans Walder 1 geschriben 2 , wie ir wusst, das er zu Zurich im closter 3 gewäsen, im noch nutzit 4 wie , andren, worden, aber allweg, wo er sich erlich und wol halte, vertrostet worden, als ich ouch hoff, er gethon haben; aber es ist im noch kein entlicher 5 bescheid nit worden. Nun haben min herren im abermols an einen rath von Zurich ein furschrifft 6 mitgetheilt, in hoffnung, es werde im ein bessere antwurt dann vor 7 . Hab minem lieben herrn a und

a herrn am Rande nachgetragen.
1 Johann Walder (Valderus), aus Zürich, gest. 1541, war Konventuale des Predigerklosters in Zürich. Im März 1523 trat er im Dominikanerinnenkloster Otenbach als Gegenprediger Leo Juds auf und loste dadurch einen heftigen Tumult aus. Nach der Aufhebung des Klosters erlernte er - nach vergeblichen Bemühungen im Jahre 1526 um eine Ausbildung als Apotheker — das Druckerhandwerk. Er wurde Burger von Basel (1532 Mitglied der Schlüsselzunft), heiratete Anna Meyer, die Witwe des Buchdruckers Valentin Curio, und betrieb bis zu seinem Tod die Druckerei auf dem Heuberg in Basel. —Lit.: Martina Wehrli-Johns, Geschichte des Zürcher Predigerkonvents (1230-1524). Mendikantentum zwischen Kirche, Adel und Stadt, Zürich 1980, S. 256; Annemarie Halter, Geschichte des Dominikanerinnen-Klosters Oetenbach in Zürich 1234- 1525, Diss. phil. Zürich, Winterthur 1956, S. 149-151; Zürich StA, A 92. 1(2. Mai 1526); Benzing, Buchdrucker 37; Frank Hieronymus, Oberrheinische Buchillustration
2. Basler Buchillustration 1500-1545 [Ausstellungskatalog], Basel 1984. —Publikationen der Universitätsbibliothek Basel Nr. 5, Reg.
2 Ein früheres Schreiben zur Sache ist nicht bekannt.
3 im Predigerkloster (vgl. Anm. 1).
4 nichts.
5 endgültiger, förmlicher (SI I 317).
6 Nicht erhalten.
7 Der Rat hatte Walder und dessen Bruder Jörg das elterliche Erbe gesperrt, weil sie der Stadt eine Schuld von 200 Gulden begleichen sollten, die noch von ihrem Grossvater Felix Walder, einst Vogt von Greifensee, herrührte. Im Januar 1536 hatte Johann Walder den Rat erfolglos zu einem Entgegenkommen zu bewegen versucht; am 5. Februar bat er erneut um den Erlaß der Schuld und forderte im Gegenzug die Ausrichtung der Leibrente, die ihm beim Austritt aus dem Kloster in Aussicht gestellt worden war. In der Folge reduzierte der Rat den Betrag auf 100 Gulden und gebot Walder am 8. Februar 1537 ultimativ, innerhalb von 14 Tagen das Erbe zu beziehen und die Restschuld


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freund, herr Rudolffen Laventher, ouch geschriben 8 . Bytt euch, ir wöllend mit im helffen das best thun, domit ein gute antwurt falle. Ich versähe mich, ich wolte es umm ein statt Zürich und die iren wol verdienen mögen.

Lieber herr, ich hab erst durch min alten herren von Wettingen 9 vernommen, wie gemelter Laventer in rath kommen sye 10 ; das mich von hertzen und hoch erfröwt hatt, nit allein, Dass ich im b der eeren wol gönn, sonder das ich zu gott hoff, er wirde by einem rath vill nutzes in gottes und zytlichen händlen schaffen 11 , das ouch ich und ander c gute freund einen vertrüwten mann haben, etwas zu zyten zu schriben, was die noturfft und andre gottes händel und sunst erhöischen. Wünsch im hiemit langs leben, bystand und merung gottlicher gnaden, das er unserem herren das d gelichen pfund trüwlich anlegen thüe 12 . Amen.

Was sonst nüws ist und wie es by uns e stadt, gedenck ich, gemelter min herr von Wettingen wirde euch desselben wol berichten.

Wollen mir vylgemelten Laventer vermanen, offt f ze schriben; wil ich im ouch thun. Und sind hiemit mit gott dem herren wol bevolhen.

Datum Basel, den 18. junii anno etc. 36.

U[wer] Jacob Meyger.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem ersamen und wolgelerten Meister Heinrich Bullinger, diener des worts der kilchen zu Zurich, minem lieben und guten freund.

b im am Rande nachgetragen.
c vor ander zwei Buchstaben gestrichen.
d in der Vorlage dag.
e in der Vorlage (wohl versehentlich) euch.
f vor offt gestrichen mir.
zu begleichen. Vgl. Zürich StA, A 369.1, Nr. 134 (17. Dez. 1535 und 5. Febr. 1536) und B IV 8, 44r.
8 Nicht erhalten.
9 Georg Müller der ehemalige Abt des Klosters Wettingen.
10 Hans Rudolf Lavater war kurz vor dem 12. Juni in den Kleinen Rat gewählt worden (vgl. oben Nr. 843, 2-6, mit Anm. 1).
11 erreichen (SI VIII 308).
12 Vgl. Lk 19, 11-27, und auch Mt 25, 14-30.