Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[836]

Georg von Württemberg an
die Pfarrer von Zürich
Reichenweier,
6. Juni 1536

Original mit autographer Unterschrift: Zürich StA, E II 337, 125r.-v. (Siegelspur) Ungedruckt

Weil das Reformationswerk Erasmus Schmids, der seit dem Winter in der Herrschaft Reichenweier wirkt, noch nicht abgeschlossen ist, sollen die Zürcher Pfarrer beim Rat bewirken, daß Schmid nicht nach Zürich zuruckkehren muß - wie dies mit Grynäus in Tübingen geschah -, sondern daß er über den 24. Juni hinaus noch für drei oder vier Jahre bleiben kann.

15 Myconius denkt an Bullingers 1531 in Zürich gedruckte Schrift "Von dem unverschämten Frevel der Wiedertäufer" (HBBibl I 28); vgl. Bullingers Antwort unten Nr. 841, 67-72. — Möglicherweise bezogen sich die genannten Täufer auf die in Zürich gedruckten Akten des Täufergesprächs
von Zofingen; vgl. Heinold Fast, Heinrich Bullinger und die Täufer. Ein Beitrag zur Historiographie und Theologie im 16. Jahrhundert, Weierhof (Pfalz) 1959. — Schriftenreihe des Mennonitischen Geschichtsvereins, Nr. 7, S. 40, Anm. 180.


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Georg, grave zu Wirttenberg unnd zu Mumpelgart etc.

Unnsern grus zuvor, hochgelerte, ersame, liebe, bsondre.

Unns hatt ein ersamer rath der statt Zurich uff unser gnedigs beger unnd on zweiffell auch durch ewer willig hilff und fürdernus (dessen wir euch gnedigen danckh sagen) Maister Erasmum Fabricium verschines 1 winters, unßer underthonen in der herrschafft Horburg zu Richenwyler in der warhafften religion und gottis dienst zu berichten 2 und erbawen und biß uf schirstkünfftigen 3 Joannis 4 allein zu gebrauchen, vergönnet 5 und zugeschigket 6 . Dwyll aber ein solh wichtig fürnemmen in einer so kurtzen zeit, wie das die notturfft erheischt, nit mag ufgefüret und volzogen werden, welchs dan sampt dem, so dasjhenig, so diße kurtze zeitt, als wir zu dem hem verhoffen, gottselig und wol angefangen, also stumpflingen 7 solt fallen und nit volfürt werden, was für ergernus daruß volgen wurde, ir als die hohverstendigen und der sachen erfaren bei euch selbs leichtlich und wol zu ermessen habt und wir euch hievor nit anderßt funden und ye noch darfür achten 8 , das ir die ehre Christi und seynes heilgen worts nit zu hindern, sonder sovill möglich zu fürdern und braytten 9 gantz gneigt, wie ir dan euch zu thun schuldig wisset, ist demnach an euch unser a gnedigs beger, ir wellet bey eynem erbarn rath zu Zurich, unsern lieben unnd guthen frunden, guthen fleiß fürwenden, damit uns bemelter 10 Maister Erasmus noch uf dreu oder vier jar lang unsern underthonen das, so er angefangen, ettwas zum grundtlichern bericht und erbauwung ufzufuren 11 vergönnet werde 12 , der zuversicht, ermelter rath werde sich dessen uß erzelten ursachen, und das ire ||125v. underthonen mit euch andern in dero lendern besser dann die unsern versehen, einzugeen nit beschweren 13 und unns den mann - wie andre Maister Symonem Gryneum (der nit kleynen nutz unther vilem volkh schaffen hett mögenn) unserm fruntlichen, lieben hern unnd bruder ein zeittlang gein Tubingen zu verharren, abgeschlagen 14 —diße zeitt nit versagen noch wegern; daran dan bemelter rath und ir gott dem almechtigen onzweifflich

a in der Vorlage unserr, korrigiert aus unsern.
1 vergangenen.
2 unterrichten (SI VI 436-438).
3 nächsten (SI VIII 1184f).
4 24.Juni.
5 bewilligt (SI II 334. 332f).
6 Graf Georg von Württemberg hatte am 30. September 1535 von Zürich Erasmus Schmid zur Reformierung seiner Herrschaften erbeten, worauf dieser vom Rat bis zum 24. Juni 1536 für diese Aufgabe freigestellt wurde (vgl. HBBW V, Nr. 650 mit Anm. 1, Nr. 658 mit Anm. 7).
7 brüsk, plötzlich (SI XI 492f).
8 halten.
9 zu verbreiten (SI V 921).
10 erwähnter (SI IV 212. 211).
11 auszuführen.
12 Georg hatte ein Gesuch uni Verlängerung der Freistellung von Erasmus Schmid in einem Schreiben unter demselben Datum an den Zürcher Rat gerichtet (vgl. Zürich StA, A 195. 1, Nr. 228).
13 die Mühe auf sich nehmen.
14 Simon Grynäus war von Herzog Ulrich von Württenberg, Georgs Halbbruder, im Oktober 1534 an die Universität Tübingen berufen worden, doch holte ihn Basel bereits im folgenden Jahr zurück vgl. HBBW IV, S. 281, Anm. 72).


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nit ein klein dienst laisten und beweysen werdet 15 . So wellen wir auch solhs mit gnedigem willen gegen euch zu bedengken gneigt sein.

Datum Richenwyler, den 6. junii anno etc. 36.

G[eorg], g[rave]z[u]Wyrttenberg etc.

[Adresse auf f. 126v.:] Den hochgelerten unnd ersamen, unnsern lieben, besonndern predicanten zu Zurich sambt und sonders. b