Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[741]

Sulpitius Haller an
Bullinger
[Lenzburg],
4. Februar 1536

Original von der Hand Hemmann Haberers: Zürich StA, E II 360, 301f (Siegelspur) Ungedruckt

Laut [Peter] Im Haag und [Jakob]Vogt hat das bernische Heer [Morges] besetzt und [Gian Battista de' Medici], dem Bruder des Kastellans von Musso, drei Schiffe abgenommen; letzterer soll in Piemont Söldner anwerben. Die Berner, deren Bericht aus dem Feldlager am 1. Februar in Bern eintraf, werden nun wohl auf Peney vorrücken. Bittet um Nachricht über den Tag [zu Basel] und gibt seiner Verwunderung Ausdruck, dass die Zürcher entgegen Bullingers Ankündigung zusammen mit sieben [katholischen] Orten Bern aufgefordert haben, noch acht Tage zuzuwarten; das Schreiben ist allerdings zu spät eingetroffen.

Min früntlich grutz und guttwillig dienst allezyt bereit zu vor.

Sonders günstiger herr, es hatt mir venner Im Hag 1 und venner Vogtt 2 bed warhafftt enbotten 3 , das unser herr zug 4 , so gan Genff inhin ist, ein stettli mitt gwallt eroberett habend 5 ; ettliche hand sich dan uff gäben guttwillig, und ouch

4 Vgl. 2Tim 1, 9.
5 Zur Redensart s. Adagia, 2, 5, 1 (LB II 551).
6 Vgl. Gen 12.
7 Der begüterte Steiner war 1529 aus Glaubensgründen von Zug nach Zürich übergesiedelt (vgl. HBBW I. S. 45. Anm. 1).
8 Vgl. 1Tim 1, 17.
1 Peter Im Haag, Venner seit August 1535 (vgl. HBBW V, Nr. 621, Anm. 26).
2 Jakob Vogt, von Bern, gest. 1537, wurde 1527 Landvogt zu Bipp (Kt. Bern), gehörte seit 1532 dem Kleinen Rat an, hatte seit 1535 das Amt eines Venners inne und wurde 1536 Bauherr. Am 27. Februar 1536 kopierte Sulpitius Haller für


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daselb im eroberten stettli ein anzall lütten umbrachtt, und der fiend einssdar 6 wyche. Ist ouch der castilan von Mü' 7 noch nitt hinuss, aber sin bruder 8 . Dem hand die unseren 3 schiff uff dem see anwünnen 9 und ab gejagtt: das groß schiff, das sy nemend 10 ein gallena 11 , daran er so lang hatt lossen arbeytten und sin trost daruff gesetzt, und dan die 2 ringeren 12 , darin sy so ein groß gutt funden von proffiant, das nitt zu glouben syge 13 . Vermeinen ich wol, er habe filichtt das stettli, so sich nitt hatt wellen uffgäben, damitt spysen und sich darin understanden zu weeren, so hatt a man im zu bald den weg underlouffen etc. Ist die sag, der Müsser sige selbs noch in Bemund 14 und neme knächtt an. Ir fürnemmen ist gesin 15 , alls sy söllichs eroberett, fürrer 16 zu ziechen an das schloss Pygney 17 , so enett 18 Jänff, und darin die pandytten ligend, die bisshar den Jänferen so groß übell zu gestattett 19 . Der brieff, so disse meerre 20 inhalltett, ist unssren g[nedigen] h[erren] vom läger zu geschriben 21 und jetz zinstag 22 umb die zwö gan Bern kommen. Das möget ir frölich sägen 23 .

Wytter. günstiger, lieber herr, bitt ich üch, was ir nüws bericht 24 , dessglychen, wass üwer botten jetz ab dem tag brachtt 25 , mich das alles by dissem botten 26 lossen wüssen. Demnach wundertt mich ouch übell uß üwrem

a vor hatt gestrichenes ist.
Bullinger einen Brief von Vogt, s. unten Nr. 752, 5-41. — Lit.: Anshelm V 142. VI 93; ABernerRef 1205 (S. 420). 1330 (S. 499); EA IV/1c, Reg.; Fabian, Geheime Räte 361; HBLS VII 289.
3 beide zuverlässige Mitteilung gemacht (SI IV 1869).
4 Heerzug.
5 Gemeint ist offenbar die Einnahme von Morges (Kt. Waadt) am 28. Januar; vgl. Gilliard, Conquête 89-92.
6 in einem fort (SI I 532).
7 Gian Giacomo de' Medici.
8 Gian Battista. Seine Anwesenheit in Savoyen (vielleicht auch in Morges) war es wohl, die das Gerücht ausgelöst hatte, der gefürchtete Kastellan von Musso sei im Anmarsch auf Genf; vgl. Gilliard, Conquête 55, Anm. 3, und 86, Anm. 5.
9 abgenommen (Grimm I 521).
10 nennen (SI IV 747).
11 Galeere (SI II 202f).
12 leichteren, beweglicheren (SI VI 1056f).
13 Andere Quellen sprechen nur davon, daß den Bernern ein kleines Versorgungsboot in die Hände fiel, und daß von der Besatzung zwei Mann gefangengenommen
wurden; die übrigen Schiffe hatten sich schon vorher über den See zurückgezogen (vgl. Gilliard, Conquête 90f).
14 Piemont.
15 Die Absicht [der Berner] war.
16 weiter (SI I 967f).
17 Peney (Kt. Genf), Sitz der verbannten Genfer, die mit Unterstützung des Bischofs Pierre de la Baume einen Kleinkrieg gegen die Stadt führten; vgl. Jean-Antoine Gautier, Histoire de Genève des origines à l'année 1691, Bd. II, Genf 1896, S. 428f.
18 jenseits (SI I 267f).
19 zugefügt (SI XI 1797).
20 Nachricht (SI IV 360f).
21 Gemeint ist der Bericht aus dem Feldlager in Morges vom 28. Januar; s. Mülinen, Kriegsberichte 255-257, Nr. 2.
22 1. Februar.
23 Ob Bullinger diese Nachrichten ebenso an den Rat weiterleitete wie jene aus Hallers Brief vom 22. Januar (s. oben Nr. 735, Anm. 7), ist nicht bekannt.
24 was ihr Neues erfahrt.
25 Gemeint ist die am 4. Februar mit der Annahme des Ersten Helvetischen Bekenntnisses beendete Tagung in Basel, s. oben Nr. 737, Anm. 1,
26 Unbekannt.


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vordrigen schryben 27 , das ich allso verstanden, es habend üwer botten uff vordrigen tag 28 in entpfechh gehebtt 29 , gar niener in zu verwillgen 30 , sonder allein b zu losen 31 und wider c hindersich zebringen 32 . Nun aber hand ||302 sy mitt samptt Lucern, Un, Schwytz, Underwallden, Zug, Fryburg und den Soloturnern ab d gehebttem tag minen h. zu geschriben 33 und sy hoch betten und ermant, das sy von irrem fürnemmen standent und nitt uß ziechind, und ob sys doch nitt thun, söllends doch allein achttag verzyechen, so wellend sy die wil lugen 34 , obs ettwas guttz darzwüschen mögind finden. Und wo einychen verzug von minen g. h. beschächen, wärre Jänff zu grund gangen in dänen acht tagen. Der brieff ist verlässen worden, alls man den samstag 35 uss der statt Bern hatt wellen ziechen. Die antwurtt und das mer underr den burgern 36 : Wen inenn gott widrumb heim helff, welle man inen antwurtten etc.

Sind gott allzytt bevolchen.

Datum in yll, fryttag noch liechtmess anno 36.

U[wer]allzytt gutter fründ und göner

Sulpitius Haller

vogtt uff Lentzburg.

[Adresse darunter:] Dem erwirdigen, wolgelertten herrnn Meyster Heinrich Bullinger, diener des wortts und der kilchen in merem Zürich 37 , sinem gutten fründ und günstigen herrenn.

b allein am Rande nachgetragen.
c wider über der Zeile nachgetragen.
d ab über gestrichenem uss.
27 Nicht erhalten.
28 Abgeordnete Zürichs zum Tag in Luzern am 19. Januar waren Hans Edlibach und Heinrich Rahn; vgl. EA IV/1c 606.
29 den Auftrag gehabt (SI I 798).
30 in gar nichts einzuwilligen.
31 zuzuhören (SI III 1447f).
32 der Obrigkeit vorzulegen (SI V 731f). — Entgegen Hallers Annahme waren die
Gesandten laut ihrer Instruktion bevollmächtigt, "alles das inn der guttligkeyt fürzewenden unnd zehandlen, das zu frid, ruw unnd eynigkeyt dienen unnd fur gut angesechen werden mag" (Zürich StA, B VIII 3, 125).
33 Vgl. EA IV/1c 610, Nr. 8; Gilliard, Conquête 66f.
34 schauen, sich bemühen (SI III 1221-1225).
35 22. Januar.
36 der Mehrheitsentscheid des Großen Rates.
37 Siehe oben Nr. 722, Anm. 25.