Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[477]

Hans Vogler an
Bullinger
St. Gallen,
18. November 1534

Autograph: Zürich StA, E II 335, 2008 (Siegelspur) Ungedruckt

Bürgermeister [Johannes]Varnbühler von Lindau ist am 7. November zum oberdeutschen Städtetag nach Esslingen aufgebrochen, wie Thomas [Gaßner] an Vadian geschrieben hat. Die Kirchen trafen in der

e vor Caselii gestrichen Hessiam[?].
15 Gemeint ist Bucers Brief an Bullinger vom 1. November 1534, S. oben Nr. 470.
16 Capitos Brief an Haller ist nicht erhalten.
17 Zur Zusammenkunft Bucers mit Melanchthon in Kassel, 27.-29. Dezember 1534, s. Köhler, ZL II 375-380.
18 Gemeint ist die Berner Disputation von 1528, s. Guggisberg 101-115.


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Abendmahlsfrage eine Übereinkunft. Voglers Frau bittet, Bullinger möge bei Bürgermeister Diethelm Röist ein Wort für sie und ihre Sache [im Prozeß um ihre Güter im Rheintal]einlegen. Grüße. Hat mit der Einwilligung Nasals mit Vadian gesprochen. Dieser war sehr unzufrieden; er meinte, Kaspar [Nasal] müsse von allem Verdacht entlastet werden, evtl. mit einem Schreiben.

Gottes gnad mit uns ewig. Amen.

Min vilgeliepter herr und bruder, nicht sonders nüwe zittung 1 ; denn ich achtten 2 , ir vor unns wissend, daß die stett im pundtt 3 zu Esslingen by ainandren sind 4 . Und namlich so ist burgermaister Varnnbüler 5 der , getrüw von Lindow bott, yetz sampstag achtt tag 6 hinweg gritten. Alsso schript der predger Thoman 7 von Lindow minem hern Docter von Wadt 8 . Villicht schript er üch disses och, so haben irs zwyfalt 9 . Und namlich 10 wie ain verainigung 11 oder zusamenkomung der kirchen beschechen, fürnämlich dess sacraments halb 12 . Da ich zu gott hoff, er werde den finden 13 disse fröud nemen. Der artickel ist ainer (was mer) 14 .

Min husfrow 15 pitt üch, wie allweg obzuhalten 16 , fürnämlich daß ir min her Rösten 17 für uns und unsre kinder pittend, daß er unsser vatter und ettwan in betrachtung haben 18 ; dann wir siner hilff erwarten, sampt ander trüwen 19 . Ich wais, wenn er mag 20 , so tut er; nicht mer kan ich an inn begerenn 21 .

Wir grüssend üwer lieb husgsind 22 . Der herr stercky üch als ain jungen werchzüg.

Sagend maister Kasparn 23 , ich hab nach lut siner bewillgung mitt minem her Docter 24 gret. Ist übel zufriden. Er vermaint, es söllte so vyl hie ghandlet

1 Nachrichten (Grimm XV 591f).
2 vermute (SI I 80).
3 Der Schmalkaldische Bund.
4 Der oberdeutsche Städtetag fand vom 11. bis zum 14. November 1534 in Esslingen statt. Siehe Abe Dueck, An Unpublished Letter Pertaining to Developments Prior to the Colloquy between Bucer and Melanchthon, December 1534, in: ARG 66, 1975, S. 141-151; die Akten dazu s. Die Beschlüsse der oberdeutschen Schmalkaldischen Städtetage, 3. Teil: 1533-1536, bearb. und hg. v. Ekkehart Fabian, Tübingen 1960. - SKRG 21/24, S. 137-174.
5 Johannes Varnbühler.
6 Am 7. November.
7 Thomas Gaßner.
8 Thomas Gaßner an Joachim Vadian, 7. Nov. 1534, s. Vadian BW V 195f.
9 zweifach, doppelt (SI I 819).
10 namentlich, besonders (SI IV 725).
11 Vereinbarung, Übereinkunft (SI I 276).
12 Gaßner berief sich auf einen Brief Bucers an die Lindauer Pfarrer, in dem dieser mit einer bevorstehenden Übereinkunft der Kirchen in der Abendmahlsfrage rechnete (s. Vadian BW V 196).
13 Feinden.
14 Syntaktisch unklar, wohl i. S. v.: es waren
noch mehr Dinge, über die Gaßner berichtet hatte.
15 Voglers Ehefrau Appolonia, geb. Baumgartner.
16 zu beobachten, [der Sache Aufmerksamkeit zu schenken](SI II 1226).
17 Bürgermeister Diethelm Röist.
18 daß er gelegentlich[?] auch an unsern Vater denke. - Vogler beruft sich auf die Verdienste seines Vaters, des Ammanns Hans Vogler (1442-1518). Vgl. z. B. auch J. Hüne, Das Familienbuch zweier rheintalischer Amtmänner des 15. und 16. Jahrhunderts, in: JSG 25, 1900, S. 80, und EA IV/IC 795f l).
19 Noch immer waren der Appolonia Baumgartner, Voglers Ehefrau, die Güter im Rheintal nicht erstattet worden. Die Angelegenheit war deshalb am 9. Juni in Baden zur Sprache gekommen und wurde dort auch am 27. Oktober 1534 wieder behandelt (s. oben, S. 187, Anm. 16, 18, und EA IV/IC 422).
20 vermag, kann (SI IV 107-109).
21 von ihm verlangen (Grimm I 1289).
22 Die Angehörigen des Haushalts.
23 Kaspar Nasal.
24 Joachim Vadian.


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25 werden, daß maister Kaspar als der from alles verdachts entschuldiget 26 und villicht inhe 27 gschriben werden. Doch besint 28 er sich, was gut syg.

Actum S. Gallen, mitwoch nach Othmari anno 34 jar.

U[wer]w[illiger] Hans Vogler.

[Adresse auf der Rückseite:] An min sonders geliepttenn herr und fründt M. Hainrichen Bulliger, prediger zu Zürych, zu handen.