Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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Georg Wimpfer
an Bullinger
Stein am Rhein,
6. Juni [1534]

Autograph: Zürich StA, E II 441, 360 (Siegelspur) Ungedruckt

Hat Wolfgang Mösel den Brief Bullingers geschickt. Am 9. Juni ist er zusammen mit Zwick bei jenem zu einem Gespräch eingeladen. Dann wird er eine Antwort und Neuigkeiten von Mösel erhalten. Ist Bullinger gerne zu Diensten.

Quod iniunxisti, praeclare Bullingere, exegi diligentissime. Die 5. iunii misi per militem 3 literas tuas 4 Wolffgango Mossle 5 , patri charissimo, verum non tuli responsum. Ceterum die 9. huius mensis iam futura Zwickius et ego invitati

1 Georg Wimpfer, gest. nach 1558, war offenbar in Riedlingen (Kr. Biberach, Baden-Württemberg) tätig, das er 1525 zusammen mit dem ebenfalls dort wirkenden Johannes Zwick verlassen mußte. In Konstanz erhielt er von Zwick Unterstützung, erlernte ein Handwerk und wurde auf den 1. Mai 1528 als Pfarrer in Stein am Rhein angenommen. Am 18. Oktober 1558 bat er die Herbstsynode um Entlassung aus seinem Amt, das er wegen altersbedingter Hinfälligkeit nicht mehr ausüben konnte (Zürich StA, E II 1, 473f). Wimpfer hat sicher studiert, wird er doch in einem Brief von Zwick als «Meister» (Magister) angesprochen (Zürich StA, E II 441, 469f). Da sich Wimpfer selbst als von Hagnau (wohl Hagnau bei Meersburg) stammend bezeichnet, ist die Identität mit dem gleichnamigen Studenten aus «Rutlingen» (Reutlingen oder Riedlingen), der sich 1511 an der Tübinger Universität immatrikuliert und 1514 den Magistergrad erworben hatte, nicht gesichert (s. Tübingen, Matrikel 184). Bullinger und Wimpfer haben sich wohl an den Pfarrersynoden in Zürich kennengelernt. Mehrere Briefe Wimpfers an Bullinger sind erhalten. - Lit.: AZürcherRef 1714, S. 733. 1757, S. 751; Urkunden zur Reformationsgeschichte des Städtchens Stein am Rhein, von A o 1523-1528, mitgetheilt durch Justus Landolt, in: Archiv für die schweizerische Reformations-Geschichte, hg. auf Veranstaltung des Schweizerischen Piusvereins, Bd. III, Solothurn 1876, S. 628f; Blarer BW III 52. 89f. 120; Ferdinand Vetter, Die Reformation von Stadt und Kloster Stein am Rhein, in: JSG IX 341. 362; Z X 162; Wipf 298.
2 Dem Inhalt nach steht der Brief in direktem Zusammenhang mit den kurz darauf
folgenden Schreiben Wimpfers an Bullinger (unten Nr. 396, 400, 410 und 416), woraus sich eine sichere Datierung ins Jahr 1534 ergibt.
3 Unbekannt.
4 Nicht erhalten.
5 Wolfgang (Wolf) Mösel (Mesel, Mossel), gest. nach 1547, Kleriker und Sänger, stand 1507-1511 und 1526/27 im Dienste des musikliebenden Ulrich von Württemberg. Während dessen Exil war er möglicherweise zwischen 1522 und 1525 Mitglied der Hofkapelle Königin Marias von Ungarn. Nach 1527 ließ sich Mösel in Konstanz nieder, wo er immer wieder Hilfe von seinem Nachbarn Ambrosius Blarer erhielt. Von diesem wurde er 1532 als Schulmeister nach Ulm empfohlen, erhielt die Stelle aber nicht. Ende des Jahres noch zog er mit seiner Frau im Lande umher ohne Aussicht auf eine Stelle (s. Blarer BW I 372f). 1533 oder 1534 kam er wieder in den Dienst Ulrichs, indem er auf der dem Herzog gehörenden Festung Hohentwiel bei Singen das Amt eines Wächters versah (s. unten S. 274,37f). Offenbar gewann er das besondere Vertrauen Ulrichs, weshalb er geeignet schien, an diesen gerichtete Briefe weiterzuleiten. Auch schickte ihn der Herzog 1534/35 auf eine Reise nach Österreich, wohl um Musiker anzuwerben. Mösel war mit Blarer und Zwick bekannt, zu dessen «Gsangbüchle» (1533/34) er mehrere Lieder beisteuerte, und hatte auch mit Konrad Pellikan Kontakt (s. Blarer BW I 592). Vom Briefwechsel mit Bullinger ist ein Brief Mösels erhalten (unten Nr. 423), aus dem jedoch nicht hervorgeht, ob sich die beiden persönlich kannten. - Lit.: Blarer BW I 592. 677. 689. 789; Gustav Bossert, Die Hofkapelle unter Herzog Ulrich, in: Württembergische Vierteljahrshefte


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sumus ad colloquium 6 . Eo die accipiam responsum et nova ab eo. Modo quid novi ille ad me dederit, per militem praescriptum mitto inclusa. Ea 7 lege, ut manu 3 illius remittas. Nisi opus fuerit, parum curo. Nolim autem omnia publicari. Ceterum maior es tu, quam ullis possim te demereri serviciis. Facio hoc, quod facio, ex debito, agnosco te praeceptorem et patronum et desidero placere tibi sicut omnibus bonis et piis. Proinde spera de me per gratiam dei omnia bona.

Vale.

Ex Steinia, 6. iunii.

Tuus ex animo

Georgius Wimpferus.

[Adresse auf der Rückseite:] Clarissimo viro d. Henrico Bullingero, archiepiscopo Tigu[rinae]e[cclesiae], patrono suo.