Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[365]

Martin Bucer an
Bullinger
Straßburg,
24. April [1534]

Autograph: Zürich StA, E II 348, 428 (Siegelspur) Ungedruckt

Empfange aufmerksam den gebildeten Briefüberbringer [Johannes Lening]. Deine Ratschläge sind richtig, aber unsere Beurteilung anderer muß vom Wunsch nach Frieden bestimmt sein. Hätten nur auch jene stets um Frieden gebetet! Soweit sie [die Lutheraner(?)]Frieden suchen, werdet ihr ihnen gegenüber zuvorkommend sein. Der Fürst [Philipp von Hessen (?)]scheint gottesfürchtig zu sein; insofern wollen wir ihn unterstützen. Mit dem auf unserer Seite stehenden Boten werdet ihr ernsthaft und aufrichtig verhandeln und nicht wie Luther Unbekanntes verdammen. Er soll sehen, daß wir -anders als die Lutheraner -wahrhaft Brüder sind.

Gratia domini, mi Heylryche.

Hunc 2 accipe pro tua pietate et illa rara humanitate. Sunt ista consilia, ut scribis 3 . Tamen nobis iudicandum est secundum ea, quae homines profitentur.

durften. Die Stadt verwehrte beides. Vor die Tagsatzung gelangte der Streit im Januar und April 1533 und vor allem in der ersten Hälfte 1534, als die Stadt und der Abt auch in der Wahl der Schiedorte uneinig waren, s. EA IV/IC, 2 k. 10 hh. 20 b. 53f n. 263f X. 274 cc. 277. 283 h. 287f. 307 a. 320 q. 321f aa. 335 m. 355 a. 510 tt; Näf, Vadian II 481f.
5 Siehe oben S. 39, Anm. 37 und unten Nr. 419.
1 Eindeutige Datierungshinweise fehlen. Die Bitten um Frieden (Z. 5-8) und die Bemerkung über einen Fürsten (Z. 9) deuten am ehesten auf das Jahr 1534. Was Bucer hier zur Beurteilung anderer (Z. 2-5) und über Luther (Z. 11f) schreibt, könnte an Äußerungen früherer Briefe dieses Jahres (s. Anm. 8) anknüpfen. Simler (Zürich ZB, Ms S 35, 130), Jacques [Vincent] Pollet, La Correspondance inédite de Bucer avec Bullinger d'après les
archives de Zurich, in: Revue d'Histoire Moderne et Contemporaine, Paris 1955, S. 136 sowie Jean Rott, Die Überlieferung des Briefwechsels von Bullinger und den Zürchern mit Martin Bucer und den Straßburgern, in: HBGesA II 270 setzen «das unbedeutende Empfehlungsbrieflein» [!](Pollet) auch in dieses Jahr.
2 Man möchte an Guillaume du Bellay denken (und müßte dann «princeps», Z. 9, auf Franz I. beziehen); allein du Bellay weilte zur Zeit dieses Briefes in München (vgl. unten S. 175, Anm. 6 und 7). Daß Johannes Lening gemeint sein muß, ergibt sich aus Nr. 368. Lening war ebenfalls gebildet und dazu ein Zwinglianer, was die Bemerkungen Z. 10 verständlich macht.
3 Da aus dieser Zeit keine Briefe Bullingers an Bucer erhalten sind (vgl. oben S. 138, Anm. 8), bleibt ungewiß, wie weit seine Ratschläge im Zusammenhang stehen mit den nachfolgenden Bemerkungen über


Briefe_Vol_04_0147arpa

Ex ore tuo te iudico 4 Iudicandum dico de aliis. Nos in nostra re cauti simus pro ea cognitione, quam donaverit dominus. Pacem orare debemus omnes 5 , et utinam haec olim sententia a illic sedisset omnibus. Sed hoc ampliores deo agendae gratiae, quod isto animo vos donavit. Quatenus igitur hi pacem quaesierint, officiosi in eos esse studebitis.

Princeps 6 hic videtur timere deum. Hactenus faveamus ei.

Homo 7 hic, qui ad vos venit, Pius et plane eruditus est, tum noster. Verum hoc. De omnibus agetis cum eo gravius et candidius, ne quis id, quod in Luthero merito damnamus, in nobis notet, inaudita scilicet et incognita condemnari 8 . Ut igitur soles, sis erga hunc Bullingerus.

Saluta symmystas et adsis huic ita, ut videat nos vere invicem fratres esse prae eo, quod apud Lutheranos conspicitur.

Argentorati, 24. aprilis.

M. Bucerus tuus.

[Adresse auf der Rückseite:] Vere pio et docto Christi ministro Heylrycho Bullingero, fratri summe charo.