Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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Martin Bucer an
Bullinger
[Straßburg],
30. November [1533]

Autograph: Zürich StA, E II 348, 424. Siegelspur. -Ungedruckt

Hofft, die Einigkeit der Reformierten bleibe bestehen, gegen die Satan nichts ausrichtet. Zweifelt nicht, daß Gott den Bernern beistehen wird. Hofft das Beste für Leo Jud, der Anfechtungen ausgesetzt ist. Nachrichten über die Verhältnisse in Dinkelsbühl und Münster.

Salve in domino.

Iterum videmus, quam nolit dominus extra ordinaria via suum negocium provehi 2 . Sed utinam dominus illum a vestris satanam depellat, qui persuadet a societate sanctorum, quibus in domino volunt iuncti esse, tantopere abhorrere. Videt se coniunctos non posse frangere. Laborat igitur, ut disiungat. O senatum vestrum, quam non videtur sui similis 3 . Sed etiam si omnes Bernates deserant, ita video illis dominum dedisse vel unum consulem 4 , verum Davidem, verum Iecheziam 5 , ut non dubitem illis dominum egregie adfuturum. Oremus dominum, ut adsit omnibus!

De Leone optime spero. Est nunc in tentatione 6 . Recipiet se.

Vale.

Dinckelspuhel accesit[!] evangelio tota, etsi lutherano 7 . Monasterium tumultuatur misere 8 . Cui consulimus magno labore 9 .

1 Das Jahr ergibt sich zweifelsfrei aus den erwähnten Zeitereignissen, s. Anm. 2. 6. 7.
2 Bucers Anspielung gilt dem mißlungenen Versuch, Ende Oktober 1533 in Solothurn dem reformierten Glauben mit Gewalt zum Durchbruch zu verhelfen; vgl. den Brief Bucers an Ambrosius Blarer vom 30. November 1533 (Blarer BW I 444), wo diese Ereignisse mit ähnlichen Worten kommentiert werden.
3 Bucer äußert dies wohl im Hinblick auf Zürichs Zurückhaltung bei der Unterstützung Berns im Zusammenhang mit den Solothurner Unruhen; dazu s. oben S. 225, 32-35 und Anm. 25.
4 Hans Jakob von Wattenwyl.
5 Einen Jechezias bzw. Jecheziah gibt es nicht. Jecheziel oder Jahasiel war einer der Helden in Davids Heer (s. 1Chr 12, 4). Wahrscheinlich meint Bucer jedoch Ezechias (Hiskia, vgl. 2Kön 18-20; 2Chr 29-32; Jes 36-39), der wiederholt als Herrscher mit positiven Eigenschaften aufgeführt wird (HBBW I 153, 16. II 182, 38 u. ö.); s. noch J. J. Simlers Kopie (Zürich ZB, Ms S 34, Nr 123), in welcher der Name als «Ezechiam» wiedergegeben ist.
6 Bucer spielt an auf den Einfluß Schwenckfelds auf Leo Jud. Am 30. November schrieb Bucer auch an Jud (Original von der Hand Simon Steiners mit autographer Unterschrift Bucers in Zürich StA, E II 347, 39-42; Teildruck: QGT VIII 215-217), um ihn von Schwenckfelds Gedanken v. a. betreffend
das Verhältnis zwischen Obrigkeit und Kirche abzubringen; s. auch Juds diesbezüglichen Briefwechsel mit Bullinger, unten Nr. 300 und 301.
7 Der Rat der Reichsstadt Dinkelsbühl hatte am 18. September 1533 beschlossen, einen evangelischen Pfarrer zu berufen. Die Wahl, der am 1. November vom Rat zugestimmt wurde, fiel auf den Lutheraner Bernhard Wurzelmann. Dieser zog etwa am 19. Dezember in Dinkelsbühl ein; s. Christian Bürckstümmer, Geschichte der Reformation und Gegenreformation in der ehemaligen freien Reichsstadt Dinkelsbühl (1524-1648), I. Teil, Leipzig 1914. - SVRG 115/116, S. 69-72.
8 Im Laufe des Sommers 1533 war in Münster i. W. der Einfluß der Täufer und ihres Wortführers Bernhard Rothmann immer stärker geworden. Dagegen versuchten die Lutheraner, v. a. Johann van der Wyck (von der Wieck), anzukämpfen. Ein am 7. und 8. August abgehaltenes Religionsgespräch führte nicht zur Einigung. Auch die darauffolgenden Bemühungen des Rates, die täuferisch gesinnten Prädikanten aus Münster auszuweisen, mißlangen. Auf Bitten van der Wycks sandte Philipp von Hessen Anfang November zwei Prediger nach Münster mit dem Auftrag, eine evangelische Kirchenordnung aufzurichten. Diese wurde Ende November vom Rat in Kraft gesetzt. Viel stärker beachtet wurde jedoch das zur selben


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Saluta optimum Pelicanum, cui alias rescribam. Nunc vere non licet. De caesaris adventu nihil. Quid papa cum Franco 10 , nondum erupit. Christus nobis rex est. In eo aeternum vincemus.

Pridie calendas decembris.

M. B. tuus.

[Adresse auf der Rückseite:] Viro pientissimo Heylrycho Bullingero, evangelistae Tigurino, fratri observando. Zürich.