Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[3045]

Georg von Württemberg-Mömpelgard
an Bullinger
Basel,
17. Oktober 1547 Original mit

autographer Unterschrift: Zürich StA, E II 363, 105. 105a (Siegelspur) Ungedruckt

[1] Durch einen Brief von Bürgermeister [Hans Bodmer] und Rat der Stadt Lindau wurde Graf Georg gebeten, in der Angelegenheit von Hans Vogler d.J. zu schlichten, wie dies den beiliegenden Handschriften aus Lindau zu entnehmen ist. Hans Vogler d.A. soll in seinem Zorn beschwichtigt werden, denn er hat seinem Sohn Hans Vogler d.J. jegliche Unterstützung entzogen, weil dieser sich gegen seinen Willen mit [Maria Grafner] in Augsburg vermählt hat. - [2] Da Bullinger kaum etwas gegen eine Vermittlung haben und seine Ermahnung beim Vater wohl Anklang finden wird, soll er sich bei diesem zugunsten der beiden jungen Leute (deren ehrbares Leben von den Lindauer Behörden bestätigt wird) verwenden, damit der Vater seinen Groll aufgibt, sich nicht so sehr über das geringe Vermögen der Gattin ärgert und demnach keinen Anstoß mehr erregt! Auch Graf Georg schrieb ihm in diesem Sinne. Der Sohn (genauso wie der Graf) wird sich Bullinger dafür dankbar erweisen. -[3]Der Graf dankt für

b In der Vorlage hohgedachten.
Kanzlei in Reichenweier erlernt hatte; s. HBBW XIII 273, Anm. 8; XV 290, Anm. 1.
7 Also am Abfassungstag des vorliegenden Briefes.
8 Gemeint ist: Obwohl er sich in Anwesenheit von einigen Amtsträgern von Basel über den Grafen [= syn gnaden] beschwert hat.
9 Brief Nr. 3045.
10 Bescheinigung. - Damit ist das vorliegende Schreiben der gräflichen Kanzlei gemeint.
11 Als Adresse diente diejenige des Briefes Nr. 3045; s. oben Anm. 2.


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Bullingers Brief [nicht erhalten] mit den Nachrichten, die ihm teilweise schon bekannt waren. -[4]Johannes Bugenhagen veröffentlichte eine Schrift ["Wie es uns zu Wittemberg ergangen ist"] über die Ereignisse, die sich während des Krieges in Wittenberg abgespielt haben, und über die Wiedereröffnung der Universität durch Herzog Moritz von Sachsen. Bullinger wird die Schrift schon erhalten haben. -[5]Segenswunsch.

Georg, grave zu Württemberg und zu Mümppelgart, etc. Unsern grus zuvor, lieber besunder! Wir fuegen euch gnediger meynung zu vernemen, das wir von burgermeister 1 und rath der statt Lindaw von wegen Johan Voglers des jungen (als der sich one willen seins vatters 2 mit einer 3 zu Augspurg ehelich verheurath und also in des vatters unwillen gefallen ist, das er ime kein hulff oder handtreichung 4 mher thun will) a mit sunderm vleys (wie ir dan es hier in verwartter copei ieres schreibens 5 zu versteen bapt) angesuocht, darzwischen zu handlen, damit des vatters gefaster zorn mog 6 abgewendt werden.

Dieweyl wir dan vermutten, das ir solche sach, dieweill sie doch geschehen, beguttigen 7 zu helffen woll geneygt, zudem der alt Vogler euch nit bald us der handt ghen wurdt 8 , ir wollett der bayden jungen halb (die dan irs erbarn wesens und lebens von den von Lindaw ein gutte zeugknus haben) bei dem vatter das best b furwenden 9 , damit er sollichen unwillen gegen dem son fallen laß, nit so vil uff das gut 10 (dieweyl sie nit sunders reich ist) sehe, sunder zu vermeydung grossers ergernus in solliche ehe verwilligen thue, wie wir ime dan selbs auch solches der lenge noch 11 zuschriben und zu bedencken geben, des versehens 12 , er werde sich, auch uns zu gefallen, gegen dem son milter erzaigen und zu boserm nicht ursach geben; darzu ir das ewer auch thun und die sach zum besten zu furdern wolt geneygt sein. In dem thut ir one zweyffell ein recht gut werck, welchs auch der jung

a Dieses und die drei folgenden Klammerpaare ergänzt. -
b In der Vorlage beß.
1 Hans Bodmer, Bürgermeister Lindaus im Amtsjahr 1547/48. - Von 1533 bis 1551 lag in Lindau der Wahltermin für das Bürgermeisteramt auf Montag und Dienstag nach Pfingsten; s. Peter Eitel, Die oberschwäbischen Reichsstädte im Zeitalter der Zunftherrschaft. Untersuchungen zu ihrer politischen und sozialen Struktur unter besonderer Berücksichtigung der Städte Lindau, Memmingen, Ravensburg und Überlingen, Stuttgart 1970, S. 167. 172. 183.
2 Hans Vogler d.Ä. Er hatte der Eheschließung seines Sohnes nicht zugestimmt; s. HBBW XIX 231,61f. -Bullinger wusste bereits davon durch Johannes Hallers Briefe; s. HBBW XVIII 434; XIX 99f.
3 Maria Grafner aus Lindau; s. HBBW XIX 99f,82-83. Die Hochzeit hatte in Augsburg am 9. Februar 1547 stattgefunden; s. aaO, S. 258,42-45.
4 Hilfeleistung; s. Fischer III 1127.
5 Aus Nr. 3044,7f, wird deutlich, dass der Graf seinem vorliegenden Brief nicht nur den Brief des Lindauer Rats, sondern auch den von Vogler d.J. beilegte, und dabei die Originale übermittelt wurden, so dass das hier verwendete Wort "copei" als Handschrift zu verstehen ist. - Beide Schreiben konnten in den Beständen von Zürich nicht mehr ermittelt werden. Sie werden vermutlich von Bullinger an Vogler d.Ä. übergeben worden sein.
6 möge.
7 beruhigen.
8 euch nit bald us der handt ghen: sich [einer etwaigen Ermahnung von] Bullinger nicht so schnell entziehen würde.
9 vorbringen.
10 Vermögen.
11 nach.
12 des versehens: in der Erwartung.


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Vogler on zweyffell danckbarlich umb euch 13 wurdt beschulden 14 ; und euch gnedigen willen zu erzaigen, seindt wir geneygt.

Wir haben auch || 105v. ewer schreiben 15 sampt den neuwen zeittungen 16 (deren wir zum theill hievor gehapt) entpfangen. Bedancken uns derselben.

Es ist von Pomerano 17 im truck usgangen, wie sich die sachen in disem krieg zu Wittemberg zugetragen, wie auch hertzog Moritz die universitet wider angericht, 18 etc. Achten, euch sei dasselb hievor zukomen. 19

Hiemit gott bevolhen. Datum Basell, den 17. octobris anno, etc., 47.

G. g[rave] z[u]Wyrttemberg, etc.

[Adresse auf f. 105a, v. c :] Dem wolgelerten, unserm lieben besundern magistro Heinrichen Bullinger, predicanten zu Zurich, zuhanden. 20