Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1926]

Joseph Macarius an
Bullinger
[Zürich,
zwischen 14. und 19. Juni 1544]

Autograph a : Zürich StA, E II 367, 257 (ohne Siegel)

Gruß. Ist durch Jesu Gnade wohlbehalten am Ziel der Reise angelangt, deren Strapazen er dank Bullingers Gastfreundschaft leicht vergessen konnte; hörte auch einst von einem anderen Besucher [Zürichs], dass sich Bullinger vor allen anderen deutschen Gelehrten durch diese Tugend auszeichnet; dankt sehr für die ihm gestern geschenkten zwei "Drachmen". Der eigentliche Grund für seinen Aufenthalt [in Zürich] ist, dass er die [Zürcher] Kirche kennenlernen wollte, weil viele Zungendrescher behaupten, dass hier die Eucharistie nicht richtig vollzogen werde, was Macarius mit Misstrauen aufnahm, da er die frommen Schriften der Zürcher kannte; er wollte sich selbst eine besonnenere Meinung über den Vollzug der Eucharistiefeier bilden. Bittet Bullinger, ihm einige Sätze seines Bekenntnisses über die Gegenwart Christi beim Brechen des Brotes zu schreiben. 3 Grüße.

[Gedruckt mit lateinischer bzw. ungarischer Übersetzung: Confessio Helvetica Posterior, hg. v. Eduard Böhl, Wien 1866, Anhang S. 110-112, Brief

a Griechisch. -Neben der Unterschrift Jahreszahl 1544 von fremder Hand. Auf der Rückseite Vermerk von Bullinger (in Versalien): Ioseph Macarius Pannonius.
1 Joseph Macarius (József Bódog, Józsa Diák), gest. um 1577. Er stammte aus Pest (Ungarn), war im Sommer 1538 Student in Krakau (Polen) und vom 22. November 1540 an Student der Theologie und Literatur in Wittenberg (,,Iosephus Pesti Ungarns", Wittenberg, Matrikel I 185) als Schüler und Kostgänger Melanchthons. Im Frühjahr 1544 reiste er zu führenden Reformatoren über Speyer nach Straßburg, Basel und Zürich, und von dort über Konstanz, Biberach, Ulm, Augsburg, Nördlingen, Schwäbisch Hall und Nürnberg zurück nach Wittenberg; dabei weilte er als Gast u.a. bei Pellikan und Bullinger und bat Bucer und Bullinger um eine schriftliche Darlegung ihrer Auffassungen vom Abendmahl. Im Herbst 1547 trat er als Erzieher von Gabriel Maylád, einem Neffen des ungarischen Palatins Thomas Nádasdy, in Erscheinung. 1550 ließ er Bucers Auffassung vom Abendmahl vom 5. Juni 1544 drucken (BucerBibl 191). 1562 nahm er an der Verteidigung der im Besitz von Melchior Balassi befindlichen Burg Stremt (Diód; dt.: Nussschloss) gegen den König von Ungarn, Johann Sigismund Zápolya,
teil und war darauf Sekretär Balassis im Székler-Aufstand; 1563 trat er mit Balassi auf die deutsche Seite über, und seine Bibliothek, die ca. 100 Bände deutscher und schweizerischer Theologen enthielt, wurde in Hermannstadt beschlagnahmt. 1567 und 1577 war Macarius Bürger in Nagvstomhat (Tyrnau). Erhalten sind mehrere Briefe an verschiedene Adressaten. - Lit.: Pellikan, Chronikon 162; Agnes Ritoók, Ein ungarischer Schüler Melanchthons. Josephus Macarius, in: Acta Classica Universitatis Scientiarum Debreceniensis 4, 1968, S. 107-117; Endre Zsindely, Bullinger und Ungarn, in: HBGesA II 365-369; Reinhard Bodenmann, Martin Bucer und der adelige Ungar Joseph Macarius, in: Schweizer Kirchengeschichte neu reflektiert. FS für Rudolf Dellsperger zum 65. Geburtstag, hg. v. Ulrich Gäbler, Martin Salimann und Hans Schneider, Bern usw. 2011, S. 147-191.
2 Kurz vor Bullingers Antwort vom 20. Juni 1544; Macarius hielt sich vom 13. bis 22. Juni 1544 in Zürich auf (s. Endre Zsindely, Bullinger und Ungarn, in: HBGesA II 365f).
3 Dieses Gutachten Bullingers vom 20. Juni 1544 ist ediert von Endre Zsindely, Pesti Macarius József levelezése Bullinger Henrikkel, in: Studia et Acta Ecclesiastica III, Budapest 1973, S. 943-945.


briefe_vol_14_267arpa

Nr. 4; Endre Zsindely, Pesti Macarius József levelezése Bullinger Henrikkel, in: Studia et Acta Ecclesiastica III, Budapest 1973, S. 941f, Nr. 1.]