Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[142]

Bullinger an
Philipp von Hessen
Zürich,
22. Oktober 1532

Autographes Konzept a : Zürich ZB, Ms K 40,55, Nr. 4b. Siegelspur Teildruck: Pestalozzi 170f

Dankt für Philipps Brief [Nr. 134]. Wünscht die Einigung aller Evangelischen besonders auch in der Abendmahlsfrage. An den Zürchern soll es nicht fehlen, wie der Landgraf ersehen kann.

b in salutem animae am Rande nachgetragen.
c Gervasium aus me korrigiert.
13 Quintus Septimus Tertullianus, De carnis resurrectione 24 (CSEL XXXXVII 60).
14 Vgl. Apk 6,9.
15 Vgl. Mt 10,39; Joh 5,24f. 11,25f.
16 Vgl. 1 Kor 15,57.
17 Siehe Mt 5,11.
18 Siehe Mt 28,20.
19 Vgl. u. a. Phil 2,13.
20 Vgl. Gal 4,19.
21 Vgl. 2 Kor 3,18; Phil 3,21.
22 Vgl. Röm 8,11ff; Kol 3,1ff; 1 Petr 1,3f.
23 Anna Bullinger, geb. Adlischwyler.
24 Dekan Heinrich Bullinger.
a Obwohl der Brief adressiert und gefaltet ist sowie Siegelspuren aufweist, handelt es sich nicht um den abgesandten Brief. Anscheinend hat Bullinger, nachdem er den Brief bereits verschlossen hatte, diesen nochmals geöffnet und die in den folgenden textkritischen Anmerkungen _______ erwähnten Korrekturen, bzw. Zusätze angebracht. Wohl wegen dieser Änderungen schien Bullinger das vorliegende Blatt zur Übermittlung nicht mehr geeignet. Tatsächlich trägt es keine Gebrauchsspuren; außerdem wäre es singulär in der Korrespondenz zwischen Philipp und Bullinger, daß ein abgesandter Brief wieder in die Hände des Verfassers gekommen wäre.


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Christlicher durchlüchtiger fürst und herr, min underthänig dienst syend üwern gnaden bevor.

U. g. schryben 15. septembris gethon 1 , hab ich mitt fröuden b empfangenn. Sag uwern fürstlichen gnaden hohen danck alleß früntlichen embietens 2 . Begär ouch vonn gott nitt mee dann einer rächtmässigen 3 verglychung 4 und einigung inn christlicher leer mitt allen denen, so Christum c rein und luter predigend, und das ghein zwyspallt deß nachtmols Christi under unß wäre, die wir doch sust einmündig 5 Christum Jesum leerend. Deßhalb wir ouch alleß das willig ze thun bereyt, das wir mitt der warheyt verantwurten mögind. Hättend deßhalb vermeynt 6 , der hochgelert D. Martin Luther söllte unß nitt wyter trängen 7 , dann wir ye und ye 8 nachgäbenn und noch 9 geloubend und beckennend, das inn dem nachtmol Christi der lychnam 10 und blut Christi also zugägen sye, wie Christus under den Galathen crützget was, Galath. 3 [1], namlich inn anschowen deß gloubens 11 , welcher gloub den lychnam Christi warlich, aber nitt natürlich zegägen macht, wie sich dann wyter inn unsern geschrifften 12 erfindt. Schrib ich dorumb, das u. f. g. sähe, daß es an unß der verglychung und einigheyt halben nitt mangel habe und dero begyrig, so ferr wir von der einfallten 13 warheyt nitt genötigt 14 .

Bitt hiemitt u. f. g. abermols, wölle min schryben gütlich uffnemmen, iro die warheyt vorab und mich befolhenn habenn, ouch d zöügern 15 dises brieffs gnädencklichen inn u. g. gunst und diensten uffnemmenn e .

Gott wölle üch sinem volck lang bewaren und zu sinen eeren erhallten.

Zürych, 22. oktober 1532.

Üwer fürstlichen genaden underthäniger diener

Heinrych Bullinger.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem christlichen durchlüchtigenn fürsten und herren h. Philipsen lantgraffen ze Hessen, minem gnedigenn herrenn.

b vor fröuden gestrichen grossen.
c nach Christum gestrichen Jesum.
d-e von ouch bis uffnemmenn aRvB nachgetragen. Nach uffnemmenn gestrichen und beradten ungezwyflet wie ich u. f. g. gedienen.
1 Oben Nr. 134.
2 für alle freundlichen Anerbietungen.
3 gerechten, angemessenen (SI IV 443).
4 Beilegung des Streits (SI II 601).
5 einstimmig, wie aus einem Mund.
6 wir hätten deshalb erwartet.
7 nicht weiterhin bedrängen. Zur Abendmahlskontroverse zwischen Luther und den Zürchern, die seit dem Frühsommer 1532 mit neuer Heftigkeit entbrannt war, vgl. Köhler, ZL II 292-296; Pestalozzi 162-168
und oben Nr. 106.
8 immerfort (vgl. SI I 21).
9 dennoch (SI IV 641).
10 Leib.
11 Zu dem von Zwingli öfters gebrauchten Begriff «im Anschauen des Glaubens» (contemplatione fidei) s. Locher, Grundzüge 585-587.
12 Zur Abendmahlslehre Bullingers vgl. Staedtke 234-254. Ferner auch Köhler, ZL II passim.
13 einfachen, schlichten (SI I 817).
14 weggedrängt, gezwungen werden (SI IV 862).
15 Überbringer, Vorzeiger (Grimm XV 507); unbekannt.