Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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Martin Bucer an
Bullinger
Straßburg,
12. Juli [1532]1

Autograph: Zürich StA, E II 348,412. Beschädigt, Siegelspur. —Ungedruckt

Wegen der Bedrohung durch die Türken wünscht der Kaiser in Deutschland Frieden. Gefahr für die Evangelischen, gegen die der Kaiser dann vorgehen könnte. Landgraf Philipp von Hessen und einige Städte sind die einzigen zuverlässigen Beschützer der evangelischen Sache. Hat von der Gefahr gehört, in der Zürich steckt. Wünscht Nachrichten darüber. Grüße.

Salve, mi Heylryche.

Thurcarum vis quamlibet viribus nostris maior immineat idque agnoscat iam caesar cupiatque ideo pacatam inter se Germaniam, obstinati tamen sunt adeo papistae 2 ducem suae pervicaciae nacti a Joachimum Brandenburgium 3 , ut huc usque deseratur negocium concordiae inter nos vel ad concilium usque restituendae. Thurcarum interim tyrannum autem desidere, forsan frangere nos et ita sensim expugnare statuit. Occasionem querit scilicet, ut sicut alia regna minimo suorum discrimine nos frangat et sibi obnoxios reddat. Dominus adsit nobis! Hessus unus cum paucis rebus publicis evicit tandem, ut nec vos nec alii pactis huius concordiae excludendi sitis 4 , si modo ulla constituantur. Unus 5 prope - inter principes nimirum; de nostrorum fide, puto, nih[il dub]itatis b - hic christiani officium rite obit, dum o[mnium] Christo credentium parem habet rationem. Propedi[em, utin]am non communi nostrum omnium malo, comitia - — — solvi oportebit. Dominus det, ut ea decernant, quae sunt e gloria Christi! Narratum hic est de periculo, in quo fueritis 6 . Ipsi, obsecro, nos certiores reddite. Optime valete.

Argentorati, 4. idus iulii.

Martinus Bucerus,

tuus ex animo.

Saluta nostro nomine Leonem 7 , Pelicanum, Bibliandrum et reliquos.

a in der Vorlage nactum, was keinen guten Sinn ergibt.
b Hier sowie weiter unten mußten Ergänzungen wegen eines Risses im Papier vorgenommen werden. Die Hinzufügungen entstammen der Abschrift Johann Jakob Simlers, Zürich ZB, Ms S 32, Nr. 77.
1 Die erwähnten Zeitereignisse lassen an der Datierung auf 1532 keinen Zweifel.
2 Anfang Juli hatten die kaiserlichen Unterhändler, Albrecht von Mainz und Ludwig von der Pfalz, ihre Verhandlungen mit den protestierenden Ständen wieder aufgenommen. Tatsächlich konnte sehr rasch eine Einigungsformel erarbeitet werden, die hernach allerdings auf den Widerspruch der katholischen Reichstagsmehrheit stieß, s. Winckelmann 245-248.
3 Kurfürst Joachim I. von Brandenburg (1484-1535). Über die Unnachgiebigkeit des
Kurfürsten siehe Winckelmann 242.
4 Ursprünglich sollten Zwinglianer und Täufer unter namentlicher Nennung vom Frieden ausgeschlossen werden. Philipp von Hessen und den oberdeutschen Städten gelang es, von Sachsen und weiteren evangelischen Ständen den Verzicht auf die Namensnennung zu erreichen. Schließlich verlor die Frage an Bedeutung, so daß keine der vorgeschlagenen Formulierungen in den Abschied des Nürnberger Tages vom 23. Juli 1532 Eingang fand, s. zusammenfassend Köhler, ZL II 289-292; Winckelmann 175—177.182.190f.
5 Philipp von Hessen.
6 Bucer dürfte damit auf die Klagen der V Orte gegen Bullingers Predigt vom 16. Juni 1532 anspielen, ASchweizerRef IV 1739; HBRG III 326-328.
7 Leo Jud.


Briefe_Vol_02_0162arpa

[Adresse auf der Rückseite:] [Ve]re pientissimo viro et singulariter docto Heylrycho, pastori ecclesiae Tigurinae, fratri observando.