Name: Johannes VI.,
| Bischof von Chur, Neffe des obigen, Propst der Kathedrale,
zu Chur, geb. 1595, wurde am 1. Februar 1636 zum Bischof gewählt. Die
Verhältnisse, unter denen er den bischöflichen Stuhl bestieg, waren seinen Bestrebungen
zur Herstellung der Diöcese sehr günstig. |
Durch das Restitutionsedict
von 1629 war für die Ansprüche der römischen Kirche ein neuer Rechtstitel geschaffen
worden, der auch für die Churische Diöcese um so bedeutsamer war, als
jenes Edict den Besitzstand des Jahres 1524 als ausschlaggebend hingestellt
hatte. Die Stimmung im Lande selbst war derart , daß bereits in den angesehensten
Kreisen nur noch von Unterhandlungen mit Spanien die Erstattung
des Veltlins erhofft wurde, und daß nun einmal zur Erreichung dieses Zweckes
ein nicht geringes Opfer auf der Seite der kirchlichen Verhältnisse gebracht werden
müsse. Bischof J. berief daher sofort beim Amtsantritt Jesuiten in seine Residenz,
um ein Collegium zu errichten, ein Vorhaben, das ihm jedoch alsobald von
der Regierung untersagt wurde. Dieser eine Zug genügt, um die rücksichtslose
Entschlossenheit seines Charakters zu zeichnen. Bei den Unterhandlungen mit
Spanien wegen der Zurückgabe des Veltlins trat auch er, wie sein Oheim, als
selbständige Partei auf und nahm daher Theil an den Gesandtschaften nach
Mailand und Madrid. Insbesondere wirkte er bei der erneuerten Erbeinigung
mit Vorderösterreich darauf hin, daß den Capuzinern im unteren Engadin ihre
Hospizien erstattet werden mußten, und daß die Prämonstratenser ihre Convente
St. Luzii und Churwalden wieder beziehen konnten. Selbst die Dominicaner
Wurden in ihr längst verlassenes Haus in Chur wieder eingeführt. Und als ob
es auch damit nicht genug wäre, berief er allen Widerstandes unerachtet eine
Mission der Capuziner in seine Residenz, um auf die Bürgerschaft der Stadt
Chur einzuwirken. Natürlich sahen die Reformirten diesen durchgreifenden
Restaurationsversuchen nicht gleichgiltig zu. Vielmehr, nachdem der Friede mit
den auswärtigen Fürsten hergestellt war, bedachten auch sie, wenigstens soweit
es ihnen gestattet war, die Verluste zu beseitigen, welche ihnen in den stürmischen
Jahren zugefügt worden Waren. So entbrannte in den nächsten Jahren ein
erbitterter Kampf um den Besitz von Kirchen in der Herrschaft Aspermont nächst
Chur, und um die Fortdauer der Capuziner Hospizien im unteren Engadin; ein
Kampf, der nur schwierig unter eidgenössischer Vermittelung geschlichtet werden
konnte, seine Schärfe aber erst verlor, nachdem es den bisher unter österreichischer
Oberherrlichkeit gestandenen Gerichtsbarkeiten gelungen war, durch Loskauf der
Regalien sich die österreichische Einmischung in ihre kirchlichen Angelegenheiten
vom Leibe zu halten. Die günstige Gelegenheit hierzu bot die Eroberung von
Bregenz durch den schwedischen General Wrangel. Nach diesem Auskauf 1649
und 1652 konnte dann die vom Bischof bezweckte Gegenreformation allerdings
nicht auf bleibende Erfolge rechnen. Seine fernere Thätigkeit mußte sich daher
fortan auf den engeren Kreis der Diöcese, als deren Wiederhersteller er sich so
gerne betrachtete, beschränken. In dieser Richtung beschäftigte er sich mit der
Zusammenstellung des proprium Curiense, d. h. der Liturgien für die Jahresfeste
der Diöcesanpatrone. Es erschien dasselbe im Druck im Jahre 1646.
Ebenso stellte er ein berichtigtes Verzeichniß der Bischöfe von Chur auf, das
längere Zeit als Autorität galt, jedoch schon durch Eichhorns Forschungen überholt
wurde. Ein bleibenderes Denkmal noch errichtete er sich in der Erweiterung
der bischöflichen Pfalz durch einen splendiden Vorbau. der im damaligen Versaillerstyl
ausgeführt wurde, und ihm und seinen Nachfolgern dasjenige verschaffen
sollte, was man eine fürstliche Wohnung zu nennen berechtigt ist. Er starb am
24. Jan. 1661 und wurde als erster in der von ihm erbauten Gruft beigesetzt.Eichhorn, Episcopatus curiensis. St. Blasien 1797. F. Fetz, Geschichte der
kirchenpol. Wirren. Chur 1875. P. vom. Ros. de Porta, historia reformationis
ecclesiarum rhaeticarum, Chur u. Lindau 1775. Chr. Kind, Die Pacification
des rätischen Freistaates. Rhätia, Bd. II. Chur.
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