Name: Johann Georg II.,
| Fürst von Anhalt-Dessau, der Enkel des Vorhergehenden,
der zweite und einzig überlebende Sohn Fürst Johann Casimirs und
seiner Gemahlin Anna von Hessen-Kassel, ward am 17. November 1627 zu
Dessau geboren. |
Er erhielt durch Johann Christoph Schloer und Justus Albinus
eine gute Erziehung und erwarb sich mannichfache Kenntnisse, die er auf einer
unter des nachmaligen Gesammt- und Geheimen Rathes Wilhelm Heinrich von
Freiberg Leitung in den Jahren 1645 '47 unternommenen Reise nach Hamburg,
den Niederlanden, Frankreich und Italien nach jeder Richtung zu vermehren eifrig
bemüht war. Im J. 1655 trat der Prinz, der bereits 1614 bei der Vertheidigung
der Stadt Sandersleben gegen Streifparteien aus den kaiserlichen und
schwedischen Lagern bei Bernburg seine Kaltblütigkeit gezeigt, in die Dienste
König Karl Gustavs von Schweden, der ihm ein Reiterregiment verlieh, nahm
Theil an dem Kriege gegen Johann Casimir von Polen, wo er 1656 die Stadt
Conitz erfolglos, aber mit vielem Muthe vertheidigte, und sodann mit gleicher
Auszeichnung an dem Feldzuge Schwedens nach Dänemark. Ueberall benahm
er sich menschenfreundlich und rettete vielen Menschen Leben und Ehre. Im
J. 1658 trat er, als Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg ihm Aussicht
auf Uebertragung der Statthalterschaft der Kurmark und eine Familienverbindung
mit dem Hause Oranien machte, in des ersteren Dienste, zum großen Bedauern
seines bisherigen Kriegsherrn, der sich dahin äußerte, daß er ihm zwar auch
dergleichen hohe Würden verleihen könne, aber freilich zu einer Braut aus dem
Hause Oranien ihm zu verhelfen außer Stande sei. Der junge Fürst fand sich
nicht getäuscht. Der Kurfürst ernannte ihn zum General der Cavallerie , übertrug
ihm die gedachte Statthalterschaft und wirkte dahin, daß am 9. Juli 1659
zu Gröningen die Vermählung des Fürsten mit der Prinzessin Henriette Katharina
von Oranien zu Stande kam, wodurch der letztere ihm verschwägert ward. Fürst
J. G. ward in seiner neuen Stellung bald eine wesentliche Stütze des Kurfürsten.
Er stand ihm bei den Bemühungen seine durch den 30jährigen Krieg sehr mitgenommenen
Lande und das zerrüttete Staatswesen wieder in Aufnahme zu
bringen und herzustellen, treu zur Seite, wurde von ihm zu den wichtigsten Verhandlungen
gebraucht und leistete ihm namentlich bei dem Einfall der Schweden
in die Mark , 1674 , die wesentlichsten Dienste, indem er die letztere möglichst
vertheidigte, bis der Kurfürst, der gegen Frankreich am Rhein zu Felde lag, auf
sein Andringen plötzlich erschien und die Schweden durch den Sieg bei Fehrbellin,
1675, aus dem Lande jagte. Mehrfach zu wichtigen Sendungen an den Kaiser
verwendet, war J. G., der im J. 1670 die Feldmarschallswürde erhalten, ausg
bei Gelegenheit des türkischen Einfalls in die Erbstaaten 1683 am kaiserlichen
Hoflager und bei der Entsetzung Wiens durch die deutschen und polnischen Heere
unter Johann Sobieski gegenwärtig. Die hohe Gunst, welche der Fürst durch
seine Treue und Klugheit bei Kurfürst Friedrich Wilhelm sich erworben, dauerte
auch bei dessen Nachfolger ungeschwächt fort. Obwol vielfach abwesend, sorgte
doch J. G. treu und väterlich für sein eigenes Land, dessen Regierung er nach
dem 1660 erfolgten Tode seines Vaters , des Fürsten Johann Casimir, übernommen
hatte und erwarb sich um dasselbe vielfache Verdienste. Er erwarb
1669 das bisher zu den Senioratsgütern gehörige Groß-Alsleben, baute in dem
hart an der damaligen kursächsischen Grenze liegenden Orte Nischwitz 1683 seiner
Gemahlin ein Schloß und vergrößerte und verschönerte diesen Ort, der ihr zu
Ehren den Namen Oranienbaum erhielt und auch von ihm mit einer neuen
Kirche versehen wurde , auf vielfache Weise. Dann sorgte der Fürst thunlichst
für Fabrikentwickelung, begünstigte den Ackerbau, war auf Hebung und Erleichterung
des Verkehrs durch Erbauung einer sogenannten fliegenden Fähre über die
Elbe, 1682, bedacht und gab mehrfach Beispiele christlicher Duldung, so gestattete
er 1686 den Juden in der Stadt Dessau den Bau einer Synagoge und gewährte
1690 den bisher sehr gedrückten Lutheranern freie Religionsübung in seiner Residenz
und die Errichtung eines eigenen Gotteshauses daselbst Nach dem Tode
Fürst Friedrichs von Harzgerode 1670 übernahm er das Seniorat des anhaltischen
Fürstenhauses und verwaltete es 23 Jahre, stets eifrig bemüht bei den wichtigen
an letzteres damals herantretenden Ereignissen die Rechte desselben möglichst zu
sichern. Durch seine Bemühungen kam 1679 der Zerbster Religionsvertrag,
sowie 1681 ein Abkommen wegen des Gesammtgymnasiums daselbst zu Stande
und in demselben Jahre erreichte er einen Vertrag mit Kurbrandenburg, wodurch
dieses auf die ihm wegen des Herzogthums Magdeburg zustehende Lehnsherrlichkeit
über große Theile des Bernburgischen und Köthnischen Landes verzichtete. Die
Verhältnisse, unter denen J. G. die Ansprüche seines Hauses auf das diesem im
14. Jahrhundert entfremdete Aschersleben erneuerte , schienen günstigen Erfolg
hoffen zu lassen, doch aber erhielt Anhalt 1683 nur die Mitbelehnung und die
Anwartschaft, sowie auf 21 Jahre die Befreiung von allen Reichs- und Kreislasten,
genoß aber letztere Vergünstigung bei der damaligen Bedrängniß des
Reichs nur sehr unvollkommen. Unter des Fürsten Seniorat begannen auch die
bis in die neueste Zeit stets erfolglos fortgesetzten Bemühungen des Hauses Anhalt
um den Besitz des ihm nach dem Erbvergleich vom 15. März 1678 zukommenden,
durch den Tod des letzten askanischen Herzogs Julius Franz, 1689,
erledigten Herzogthums Sachsen-Lauenburg, dessen Titel und Wappen die anhaltischen
Fürsten damals annahmen. J. G. II. starb am 7. August 1693 in
Berlin. Von seinen zehn Kindern überlebten ihn fünf Töchter und ein Sohn,
der nachmals so berühmte Fürst Leopold von Dessau. Für diesen, der noch
minderjährig war , führte seine Mutter , die Fürstin Henriette Katharina von
Oranien, die Regierung mit vieler Klugheit und Einsicht. Sie stiftete sich durch
Gründung von Wittwen- und Waisenhäusern ein gutes Gedächtniß und gab
zahlreiche gute Verordnungen, bis dann 1698 ihr Sohn die Regierung selbst
übernahm. Ihr Tod erfolgte 1708 in ihrem Wittwensitze Oranienbaum, dessen
Verschönerung und Hebung ihr sehr am Herzen lag.
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