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Gustav Schwab -

Sagen des Klassischen Alterthums



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König Ödipus zeigt sich seinem Volke


10. Die Rinder des Geryones

Als der Held das Wehrgehenk der Königin Hippolyta zu Eurystheus' Füßen niedergelegt hatte, gönnte dieser ihm keine Rast, sondern schickte ihn sogleich wieder aus, die Rinder des Riesen Geryones herbeizuschaffen. Dieser besaß auf der Insel Erythea im Meerbusen von Gadira (Cadix) eine Herde schöner, braunroter Rinder. die ein anderer Riese und ein zweiköpfiger Hund ihm hüteten. Geryones selbst war ungeheuer groß, hatte drei Leiber, drei Köpfe, sechs Arme und sechs Füße. Kein Erdensohn hatte sich je an ihn gewagt; Herakles sah wohl, wie viele Vorbereitungen dieses beschwerliche Unternehmen erforderte. Es war weltbekannt, daß des Geryones Vater Chrysaor, der den Namen Goldschwert von seinem Reichtum hatte, König von Iberien (Spanien) war, daß außer Geryones noch drei tapfere und riesige Söhne für ihn stritten und jeder Sohn ein zahlreiches Heer von streitbaren Männern unter seinem Befehl hatte. Eben darum hatte Eurystheus dem Herakles jene Arbeit aufgetragen, denn er hoffte, auf einem Kriegszuge in ein solches Land werde er sein verhaßtes Leben doch endlich lassen müssen. Doch Herakles ging den Gefahren nicht erschrockener entgegen als allen seinen früheren Taten. Er sammelte sein Heer auf der Insel Kreta, die er von wilden Tieren befreit hatte, und landete zuerst in Libyen. Hier rang er mit dem Riesen Antäos, der neue Kräfte erhielt, sooft er die Erde berührte; aber Herakles hielt ihn in die freie Lust empor und drückte ihn da zu Tode. Auch reinigte er Libyen von den Raubtieren; denn er haßte wilde Tiere und ruchlose Menschen, weil er in ihnen allen das Bild des übermütigen und ungerechten Herrschers erblickte, dem er so lange dienstbar gewesen war.

Nach einer langen Wanderung durch wasserlose Gegenden kam er endlich in ein fruchtbares, von Flüssen durchströmtes Gebiet. Hier gründete er eine Stadt von ungeheurer Größe und nannte sie Hekatompylos (Hunderttor). Zuletzt gelangte er an den Atlantischen Ozean, gegenüber von Gadira; hier pflanzte er auch die beiden berühmten Heraklessäulen auf. Die Sonne brannte entsetzlich. Herakles ertrug es nicht länger, er richtete seine Augen nach dem Himmel und drohte mit aufgehobenem Bogen, den Sonnengott niederzuschießen. Dieser bewunderte seinen Mut und lieh ihm, um weiter zu kommen, die goldene Schale, in welcher der Sonnengott selbst seinen nächtlichen Weg vom Niedergang bis zu Aufgang zurücklegt. Auf dieser fuhr Herakles mit seiner nebenher segelnden Flotte nach Iberien hinüber.



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Hier fand er die drei Söhne des Chrysaor mit drei großen Heeren, einen nicht weit vom andern gelagert, er aber erlegte die Anführer alle im Zweikampfe und eroberte das Land. Dann kam er nach der Insel Erythea, wo Geryones mit seinen Herden hauste. Sobald der doppelköpfige Hund seine Ankunft inne ward, fuhr er auf ihn los, allein Herakles empfing ihn mit dem Knüttel, erschlug ihn und darauf auch den riesigen Rinderhirten, der dem Hunde zu Hilfe gekommen war. Dann eilte er mit den Rindern davon, aber Geryones holte ihn ein, und es kam zu einem schweren Kampfe. Hera selbst erschien, dem Riesen beizustehen, doch Herakles schoß ihr einen Pfeil tief in die Brust, daß die Göttin verwundet entfliehen mußte. Auch der dreifache Leib des Riesen, der in der Gegend des Magens zusammenlief, fing hier den tödlichen Pfeil auf und mußte erliegen. Unter glorreichen Taten vollbrachte Herakles seinen Rückweg, indem er zu Lande die Rinder durch Iberien und Italien trieb. Bei Rhegium in Unteritalien entlief ihm einer seiner Ochsen, setzte über die Meerenge und entkam so nach Sizilien. Sogleich trieb er auch die andern Ochsen ins Wasser und schwamm, indem er einen Stier am Horn faßte, so nach Sizilien hinüber. Unter mancherlei Taten kam der Held nun glücklich über Italien, Illyrien und Thrakien nach Griechenland zurück und in dem Jsthmos an.

Jetzt hatte Herakles zehn Arbeiten vollbracht, weil aber Eurystheus zwei nicht gelten ließ, so mußte er sich bequemen, noch zwei weitere zu verrichten.


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