Aber nicht minder vom Sieg, als jene vom Schrecken beflügelt
Setzt Teribazus den Fliehenden nach. Armeniens Rosse,
Leicht geschenkelt wie die, die, von Frühlingswinden empfangen,
Thraciens lüftige Höhn mit ihrem Wiehern erfüllen,
Rennen wetteifernd den Medischen vor. Selbst Persiens Söhne
Folgen dem reißenden Schwall, wiewohl des Panzers und Schildes
Eherne Last sie hemmt. Nur Cyrus bleibet noch einsam
Auf dem Schauplatz des Todes zurück. Mit trauernden Blicken
Sieht er sich um und seufzt, und stille Thränen, von Engeln
Aufgefasset, entschleichen den braunen Wangen des Siegers.
Schauernd, mit bleicher Stirn, von der der Heldenschweiß träufelt,
Steht er und schaut umher, vergißt des Sieges und jammert
In sich selber verhüllt. Itzt wollten in heiligem Zorne
Seine Lippen sich öffnen, dem Ungerechten zu fluchen,
Dessen versöhnendes Blut itzt mit dem Blute der Opfer
Seines unseligen Stolzes sich mischte. Doch faßt' er sich plötzlich
Wieder, und schwieg, und sah mit tiefen Blicken gen Himmel
Und mit gefaltetem Arm. — "O Vater der Götter und Menschen,
Schaue herab! — O laß die bessern tröstenden Tage
Eilen, die Wiederbringer der Ruh' und der friedsamen Ordnung
Ganz dem heil'gen Geschäfte, die Menschen glücklich zu machen,
Ganz dem Frieden geweiht! — —
Aber noch sind sie fern. Dein unerforschliches Schicksal
Fordert noch Blut. Noch ruft der Tugenden schwerste, der Pflichten
Strengste mich auf." — So denkt er, und steht in traurigem Tiefsinn
Und in Wehmuth versenkt. Ihm schwebt sein himmlischer Führer
Ungesehen zur Seiten, und haucht balsamische Lüfte
Um sein Antlitz, und Ruh' und belohnende Freuden der Tugend
Tief ins besänftigte Herz. Der Held erhebt itzt sein Auge
Wieder, dann senkt es sich auf die edeln Leichen der Perser,
Die um ihn her, von Wunden erschöpft, die muthigen Seelen
Ausgehaucht hatten. Bewundrung und sanfte Trauer vermischt sich
Glänzend im thränenden Blick. Wie sind, so ruft er, die Helden,
Ach! wie sind sie gefallen, die würdigen Schützer der Freiheit!
Doch ich klage nicht euch! Ihr fielet edel, mit Wunden
Für die gerechte Sache geschmückt. Den schönsten der Tode
Gab euch das Schicksal zu sterben: itzt öffnet die Wohnung der Götter
Sich im Triumph den Söhnen der Tugend, unsterbliche Feste
Mit den Geistern zu feiern, die auch durch göttliche Thaten,
Würdig des Danks der Erde, des Himmels würdig sich machten.
Nein! ich klage nicht euch! Für dich, mein Vaterland, fließen
Meine Thränen. Du hast die würdigsten deiner Söhne,
Deine Beschirmer, verloren. Verzeiht, glorwürdige Schatten,
Daß wir den Jubel, die Freuden des Siegs, die glänzenden Früchte
Euers wohlthätigen Todes, mit menschlichen Thränen beflecken!
Hier auf diesem geheiligten Boden, hier, wo ihr geblutet,
Soll den Wolken entgegengethürmt ein marmornes Denkmal,
Ringsum mit goldnen Waffen behangen, der dankbaren Nachwelt
Ihre Retter erzählen! So oft die Sonne zurückkommt,
Soll ein festlicher Tag mit Spielen der kriegrischen Jugend,
Euerm Gedächtniß geweiht, die späten bewundernden Enkel
Reizen, die Bahn der Ehre in euern Tritten zu laufen!
Also sprach er und blieb in ernsten Betrachtungen stehen.
Unterdeß wälzt sich die Flucht, und das laute Jauchzen der Sieger
Bis zum Lager. Zu Tausenden stehn die Assyrischen Mütter
Auf dem thürmenden Wall, und werfen ängstliche Blicke
Ueber die Ebnen, woher aus neblichter Ferne des Streites
Gräßliches Antlitz sie schreckt. Ein kriegrisches wildes Getümmel
Schlägt ihr lauschendes Ohr: wie wenn aus felsigen Wüsten
Mit dem Sausen des Sturms und dem Schalle des fallenden Waldstroms,
Der, von zerborstenen Wolken geschwellt, sich über die Felsen,
Stürzet, des Donners Gebrüll im Ohre des Wandrers sich mischet.
Aber itzt wächs't das Getös', und kommt den Bebenden näher.
Unglückselige! welch ein Gesicht enthüllt sich auf einmal
Euern Augen! Das Feld von Fliehenden wimmelnd, die Schaaren
Alle zerstreut, der Boden bedeckt von Assyrischen Schilden!
Wüthend raufen sie sich den Schmuck der goldenen Locken,
Heulen und schlagen die schuldlose Brust. Ein schwärmender Schrecken
Faßt sie, die Furcht ersetzt den Mangel der Stärke, und schwellet
In der Verzweiflung mit männlicher Wuth die weiblichen Busen.
Zitternd, mit nacktem Fuß und offnen fliegenden Haaren,
Drängt die wehrlose Schaar sich aus den Thoren des Lagers,
Unter die Fliehenden. Zürnender Spott und bittre Verweise
Schallen, aus jedem Mund, und blitzen im wüthenden Auge.
Suchet ihr hier den Feind, Unmännliche? Kehret ihr also
Im Triumphe zurück? Soll euch die wallende Länge
Unsrer Schleier dem dräuenden Antlitz des Siegers verbergen?
Oder sollen wir, daß ihr indeß gemächlicher fliehet,
Unsern Busen für euch den feindlichen Pfeilen entblößen? |