Unterdeß eilen mit hurtigem Lauf die Chaldäischen Reihen,
Dicht geschlossen, die Speere gefällt, den Raum zu erfüllen,
Welchen die Flucht geöffnet. Ergrimmt, die Araber und Syrer
Fliehen zu sehn, befiehlt der Tyrann, die gesichelten Wagen
Gegen den Feind zu treiben. Er winkt. Mit blitzendem Donner
Stürzen sie über die Ebnen daher. Die rauhen Chaldäer
Trotzen dem kommenden Tod, vom eisernen dreifachen Walle
Ihrer Speere beschützt. In undurchdringbarer Ordnung
Stehen sie, jeder ein Held. Die Führer der tödtenden Wagen
Setzen's, und ziehn mit bebender Hand die wallenden Zügel
Aengstlich zurück. Zu spät; die flammenschnaubenden Rosse
Stürzen unbändig dahin. Doch lassen die Söhne Chaldäa's
Ruhig sie nahen; dann dringen sie schnell mir lautem Gejauchze
Unter sie ein, und stoßen zugleich mit eiserner Stärke
Jeder den stämmigen Speer in die Brust der wüthenden Rosse.
Reihenweis' stürzen sie nieder, und schnauben, fürchterlich wiehernd,
Ströme von dampfendem Blut; verwundet bäumen sich andre
Ungestüm auf, entschütteln die Führer den taumelnden Wagen,
Stampfen und wiehern und drehn sich im Kreis. Hier sinken die Streiter
Zwischen den Rädern hinab, die von geschliffenen Eisen
Um und um starren. Dort liegen vom stampfenden Hufe der Rosse
Andre gequetscht, und Wagen und Roß und zappelnde Glieder
Wälzen sich über einander. Das Heulen der wilden Verzweiflung
Spaltet die Luft. Nichts schreckt die erhitzten Sieger. Sie stürmen
In das Getümmel, und fühlen im Feuer der blutigen Arbeit
Ihre Wunden nicht eher, bis endlich den kraftlosen Armen
Plötzlich die Waffen entsinken. Nicht wenige fallen. Ihr Anblick
Spornt die Brüder, und schärft die Siegesbegierde mit Rache.
Unwiderstehlich dringen sie ein. Die blutenden Rosse
Wenden sich um, und rennen gesetzlos, der Führer beraubet,
Mitten ins Heer der Assyrer zurück. Verwirrung und Schrecken
Zeichnen die Spur der tödtenden Räder. Die feindlichen Haufen
Trennen sich, zittern und fliehn. Die Baktrischen Legionen
Stehen allein, und trotzen dem Stoß des Medischen Flügels,
Den Texibazus führt. Indeß verbreitet die Flucht sich
Bis zum Herzen des Heers, wo von Satrapen und Edeln
Neriglissor umringt, umsonst Befehle versendet,
Denen die Furcht zu gehorchen verbeut. Von der Höhe des Wagens
Sieht er das wilde Getümmel, das Würgen, den feurigen Sieger
Und die schimpfliche Flucht. Itzt fühlt er, zum erstenmal schamroth,
Daß er ein Sterblicher ist. Die Gefahr, die Schande bezwingen
Seinen monarchischen Stolz. Er springt vom Wagen, und wirft sich
Unter die Fliehenden, bittet, verspricht und dräuet und schmeichelt.
Er, der kürzlich sich über das Loos der Menschheit erhaben
Wähnte, der Stolze, sieht itzt sein Diadem und sein Leben
In der Gewalt des niedrigsten Pöbels. Von ihnen verlassen,
Ist er ein nackender Flüchtling, wie einer aus ihnen; sie sind es,
Die der Verächter der Götter um seine Rettung itzt anfleht;
Glücklich, hätten Worte, die fürstlichen Lippen entfließen,
Magische Kräfte, den bebenden Sklaven zum Helden zu zaubern.
Aber umsonst verschwendet er itzt die beredenden Künste,
Goldne Versprechen umsonst, die taube Todesangst stopfet
Ihre Ohren. Die Tugend allein, die Tochter der Freiheit,
Zeugt den heroischen Sinn; entadelte knechtische Seelen
Streben umsonst dem Leib zu gebieten. Nur wenige Haufen
Sammeln sich hinter dem Heer von zehnmal tausend Trabanten,
Welches den König umgibt. Verzweifelnd und grimmiger Wuth voll
Kehrt er zurück, und tritt, entschlossen dem Schicksal zu trotzen,
Vor die Stirne des schimmernden Phalanx. In goldenen Waffen
Stehen die Krieger, und blenden das Auge der Söhne Chaldäa's,
Die im Triumphe sich nahn. Ein schwacher Funke von Ehre
Glimmt in den Sklaven auf, für ihren König ihr Leben
Muthig zu wagen; doch unter der Pracht des schuppigen Panzers
Klopft das schüchterne Herz. Pharnuch (er zittert allein nicht)
Glänzt in der ersten Reih', und spornt sie mit feurigen Worten
Mächtig zum Streit. Mit lautem Geschrei und klappernden Schilden
Fallen sie auf die Chaldäer. So stürmen die rasenden Wellen,
Wenn der Südwind das Meer aus seinen Tiefen emporwühlt,
Gegen den Felsen, der hoch am unbewegten Gestade
Ihren Empörungen trotzt. Nicht unbewegter an Muthe
Beut der Chaldäer die männliche Brust den feindlichen Lanzen
Unerschreckt dar. Von neuem entflammt sich der Streit; die Trompete
Weckt die kriegrische Wuth, das Schwirren der fliegenden Lanzen
Und der Schwerter Getön, die blitzend einander durchkreuzen,
Mischt sich dem Klang des schmetternden Erzes. Der Boden erzittert
Unter dem wilden Tumult. Orontes, das Haupt der Chaldäer,
Sinket zuerst, von dir, verwegner Pharnuchus, durchbohret.
Prahlerisch setzt der Sieger den Fuß auf den blutigen Nacken
Seines Erschlagnen, und ruft: ihr sehet es, Krieger, sie sind nicht
Unverwundbar, sie fallen wie wir vom tödtlichen Eisen!
Traut es euch selbst nur zu, sie überwinden zu können,
Und der Triumph ist unser. So ruft er, und wirft sich von neuem
Mitten, unter den Feind. Von seinem Beispiel ergriffen
Strömen die Schaaren ihm nach, und doppeln die blutigen Streiche
Auf die Chaldäer. Nicht ungerochen fallen die Tapfern,
Ganz von Wunden durchbohrt, auf Hügel von feindlichen Leichen.
Jeder entfliehende Geist geht in den Busen der Brüder
Ueber, und waffnet die rächenden Arme mit doppelter Stärke.
Niemals strahltest du, Sonn', auf kühnere Thaten! Die Liebe,
Rühmlich zu sterben, ergriff die kleine Schaar der Chaldäer.
Dreimal stürzten sie sich, mit den Schilden zusammengeschlossen,
In die Assyrer, und warfen die dichtesten Reihen zu Boden;
Dreimal flohen die Feinde. Doch, unerschöpflich an Menge,
Setzt Neriglissor stets dem Muthe der keuchenden Sieger
Frische Streiter entgegen. Itzt wären sie, müde vom Siegen
Und von Wunden erschöpft, dem Schwall der Menge gewichen,
Hätte nicht Cyrus von fern die Gefahr der Helden erblicket.
Eilends schickt er Araspes mit tausend Medischen Rossen
Ihnen zu Hülfe; ihm folgen, geführt vom kühnen Pharnaces,
Tausend bepanzerte Perser, mit Schild und Säbel bewaffnet.
Schnell, wie der azurnen Luft ein himmlischer Engel zum Schutze
Eines Gerechten entsinkt, erscheint Araspes. Ein lautes
Siegesgeschrei, der Name des göttlichen Cyrus, verkündigt
Ihn den Bedrängten von fern. Heil euch, ihr Helden, so ruft er
Ihnen entgegen, ihr habt die Ehre der Tugend behauptet!
Ruhet itzt aus! Mich sendet vom rechten Flügel des Heeres,
Wo Gadates nur schwach die Gewalt des Siegers noch aufhält,
Cyrus, daß ich, erhitzt von euerm strahlenden Beispiel,
Was ihr begannet, vollende. So spricht er, und wirft sich voll Feuer
In die Assyrer. Der erste, der unter den Streichen des Jünglings
Fiel, indem er zu rasch ins wilde Getümmel sich wagte,
War Mexodach, ein Bruder des Königs; ihm folgten im Tode
Datis und Irabates, und du, der Jünglinge schönster,
Die sich dem schmeichelnden Arme der Töchter Babels entwanden
Auch du fielest, Belesis, und deine blumigen Wangen
Schützten dich nicht; du sinkst, und befleckst mit blutigem Staube
Deinen entpurpurten Mund und die myrrhenduftenden Locken. |