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Chemotherapie bakterieller Infektionen

Rektoratsrede
gehalten an der 106. Rektoratsrede der Universität Bern
am 16. November 1940
von
Walter Frey
Verlag Paul Haupt Bern-Leipzig 1940

Chemotherapie bakterieller Infektionen

Rektoratsrede von Prof. Walter Frey

I. Bakterien und bakterielle Antigene

Bei einer Infektion handelt es sich um das Eindringen lebender und vermehrungsfähiger Mikroorganismen, die durch Abgabe spezifischer, Stoffwechselprodukte den Körper zur Erkrankung bringen.

Bakterien sind primitive Lebewesen, sie stehen den pflanzlichen Zellen nahe. Gerade ihre Indifferenziertheit verleiht ihnen aber ihre ungeheure Vitalität.

Die Bakterienzellen setzen sich zusammen aus einer wabenartigen im wesentlichen aus Eiweisskörper bestehenden Gesamtstruktur und angelagerten katalysatorisch wirkenden Stoffen.

Mit den strukturbildenden Eiweisstoffen der Bakterienzellen hat man sich bisher fast ausschliesslich beschäftigt. Es handelt sich durchwegs um kolloidale Körper und auch in ihrem Effekt gegenüber dem tierischen Organismus besteht eine weitgehende Aehnlichkeit mit andern Kolloiden, z. 8. kolloidalen Metallen. In beiden Fällen, bei der Einwirkung von kolloidalem Eiweiss sowohl wie derjenigen von kolloidalem Silber, Platin, Eisen, Kupfer usw. reagiert das zentrale Nervensystem, es kommt zu Störungen der Wärmeregulation (Fieber), der Blutzirkulation (Pulsbeschleunigung), der Atmung; und als zentral nervösen Reizeffekt hat man auch die verschiedenen Veränderungen auf dem Gebiet des Zucker-, Fett- und Eiweisshaushaltes zu bewerten. Die peripheren Organe, namentlich die Elemente des sogenannten reticuloendothelialen Zollsystems beantworten den Reiz durch die Symptome der Exsudation

und Emigration, mit Abgabe von Zelleiweiss an das Blut sowie von weissen Blutkörperchen und Blutplättchen.

Mit der kolloidalen Natur der bakteriellen Zellkörper und der von ihnen abgegebenen oder aus ihnen entstehenden Stoffe; der sogenannten Antigene, ist die Spezifität der bakteriellen Giftwirkung aber nicht erklärt. Dieselbe ist bedingt durch die Anwesenheit bestimmter chemischer Gruppen im Eiweissmolekül. Die bakteriellen Proteine sind "markiert". Man spricht von Wirkgruppen und determinierenden Gruppen. Die Art dieser Wirkgruppen bestimmt den Ort des Angriffs und die gesamte Symptomatologie einer Infektion.

Ihre Zusammensetzung ist vielfach. unbekannt, in andern Fällen kennt man diese spezifischen Wirkgruppen. Es sind ganz verschiedene Körper, Albumosen, Polypeptide (wie beim Tuberkulin), Lipoide und vor allein Polysaccharide. Dieses letzteren kohlehydratartigen Stoffe scheinen eine grosse Rolle zu spielen, sie wurden in Streptokokken gefunden wie in Pneumokokken, Ruhrbazillen, Gonokokken, Meningokokken, Staphylokokken, Typhusbazillen, Anthraxbazillen und man kann vermuten, dass solche Kohlehydrate zum chemischen Aufbau jeder Bakterienzelle gehören. Sie sind offenbar wichtige Energielieferer für die Bakterienzellen.

Von der Existenz solcher determinierender Wirkgruppen ist nicht nur die Art der erzeugten Krankheit abhangig, sondern auch die spezifische Art, wie der Körper auf den Angriff reagiert. In dem Namen Antigen liegt schon der Ausdruck dafür, dass der gesunde Organismus beim Eindringen bakterieller Giftstoffe Antikörper, Gegengifte erzeugt. Diese Stoffe sind genau spezifisch auf das Antigen abgestimmt und diese Spezifität der Antigene-Antikörperreaktion ist wieder auf das Vorhandensein der spezifischen Wirkgruppen zurückzuführen. Es vergehen einige Shinobu bis im Blut solche Antikörper nachweisbar werden, sie müssen erst von den Körperzellen gebildet werden, das Mass der AntikörperreaktIon ist auch durchaus abhängig von der Vitalität des Körpers. Die Haupteigenschaft der Antikörper ist ihre erstaunliche Spezifität. Minimale Veränderungen im Bereich der Wirkgruppe ändern die Antikörperreaktion.

Sogar blosse Strukturänderungen einer chemischen Substanz führen zu entsprechend neuen Antikörperbildungen.

Man hatte geglaubt, dass die determinierende Gruppe des Antigens in das Antikörpermolekül eingebaut werde und für dessen hohe Spezifität verantwortlich sei, es ist aber nicht so. Wenn man ein Antigen künstlich mit einer gut nachweisbaren Substanz (z. B. Arsen) kuppelt (markiert), so ist diese Substanz in dem Antikörper doch nicht nachweisbar. Das Antigen wird nur angelagert. Die Affinität zwischen Antigen und Substrat beruht auf der Ionisation und der elektrischen Ladung ihrer Wirkgruppen, es dürfte sich bei dem Prozess um elektrochemische Affinitäten handeln. Man sieht die elektrostatische Feldwirkung als das spezifische Merkmal der Antigene an (Erlenmeyer und Berger). Die Spezifität der Antikörper wird verständlich, wenn man annimmt, dass die Oberfläche des Antikörpermoleküls der Oberfläche des Antigenmoleküls räumlich und hinsichtlich der Verteilung der elektrischen Ladungen angepasst ist (Haurowitz). Auf die Anlagerung folgt die Ablösung der Antikörper aus den Organen, ihr Auftreten im Blutserum und — in ihren Einzelheiten noch unklar — die Weiterbildung solcher Antikörper durch das Substrat, entsprechend dem sogenannten Weigertschen Regenerationsgesetz. Das abgelagerte Antigen stört den normalen Aufbau der Bluteiweisstoffe und lässt an Stelle der gewöhnlich nachweisbaren Serumglobuline neuartige Globuline entstehen, welche der determinierenden Gruppe des Antigens angepasst sind. Es bleibt also nicht, bei dem blossen Haften, es kommt vielmehr zu einer in speziellem Sinne veränderten Organisation der Globulinsynthese.

Bei dem ganzen Vorgang ist die Eiweissnatur des Antikörpers wesentlich. Nur Eiweisskörper besitzen positiv und negativ geladene Seitenketten, die sich den determinierenden Gruppen des Antigens polar anpassen können. Saure stärker negativ geladene Gruppen sind für die Wirkung von Antigenen von besonderer Wichtigkeit, sie ziehen entgegengesetzt geladene Ionen im Bereich des Körpersubstrats an und vermögen offenbar auch nichtionisierte polare Moleküle und Atomgruppen zu orientieren und anzuziehen. ,

Ueber den zweiten Bestandteil der Bakterienzelle, die katalysatorisch

wirkenden der Gesamtstruktur angelagerten fermentartigen Stoffe, sind wir noch recht unvollständig orientiert; die Forschungsergebnisse auf diesem Gebiet eröffnen aber neue Möglichkeiten, namentlich auch zur Bekämpfung der bakteriellen Erreger selbst.

Wenn man Bakterien im Reagensglas kultiviert, so kann man nachweisen, dass sie Nährmaterial in bestimmter Weise verändern. Die eine Gruppe von Bakterien zersetzt Eiweisstoffe (Milzbrand, Pyozyanus, Tetanus, Cholera, Proteus) die andere Kohlehydrate (Typhusgruppe, Streptokokken, Pneumokokken, Meningokokken, Gonokokken und andere grampositive Kokken) und eine dritte Gruppe (Staphylokokken, Gasbrand, malignes Oedem, Rauschbrand, Diphtheriebazillen) vermag beides (Wohlfeil).' Die genannten Fähigkeiten beruhen auf der Anwesenheit spezifisch gerichteter Fermente, von Proteinasen, resp. Carbohydrasen.

Die unter Wasseraufnahme eiweisspaltenden Fermente scheinen an die Bakterienzellen selbst gebunden zu sein, um erst beim Zellzerfall frei zu werden (Grassmann), in andern Fällen ist aber nachgewiesen, dass sie von vornherein an das Kulturmedium abgegeben werden und in diesem Medium ihre eiweisszerstörenden Wirkungen entfalten (Virtanen und Tarnanen). Dieser letztere Fall ist klinisch von besonderem Intresse, weil die Anwesenheit solcher Bakterien im menschlichen Körper zu Allgemeinwirkungen führen kann, d. h. zum Zerfall von Körpereiweiss. Bei verschiedenen Bakterien (B. subtilis, pyocyaneus, proteus, prodigiosus, sporogenes, histolyticus) rechnet man mit einer solchen Sekretion eiweisspaltender Fermente. Das Optimum ihrer Wirksamkeit liegt nach Kulturversuchen bei PH 6-7, also bei neutraler Reaktion wie sie im Körper tatsächlich vorkommt (Dernby und Walbum). Virulente Stämme spalten mehr Aminosäuren ab aus Eiweiss als avirulente (Rosenthal und Patai, Weissfeiler).

Während also diese eiweisspaltenden Fermente der Bakterienzellen sich wenigstens zum Teil nach aussen hin bemerkbar machen, sind die kohlehydratangreifenden Fermente nicht auswaschbar und stark an die Zelloberflächen gebunden; Hierzu gehören die verschiedenen: oxydierenden Fermente, die durch

Wasserstoffaktivierung die Zuckerstoffe oxydieren oder durch Aktivierung von Sauerstoff denselben Effekt auslösen. Man spricht von Dehydrasen und Oxydasen. Das in den Bakterien vorhandene Kohlehydrat ist in jedem Fall der Nährstoff- und Energielieferant für die Bakterienzellen. Die hydrolytische Spaltung von Eiweisskörpern gibt sehr wenig freie Energie im Gegensatz zu den oxydativen Vorgängen, dem Prozess der Atmung. Wenn die eiweisspaltenden Fermente Eiweiss abbauen, zerstören, so sind die Atmungsfermente umgekehrt letzten Endes zur Aufrechterhaltung der Strukturen und zu ihrem Wiederaufbau da. Das Leben der Bakterienzellen hat die ungehinderte Funktion der Atmungsfermente zur Voraussetzung.

Die Atmungsfermente der Bakterienzellen scheinen alle eisenhaltig zu sein, sie stehen in ihrer Zusammensetzung dem Hämin des Blutfarbstoffes nahe. Es betrifft das Dehydrasen sowohl wie Oxydasen. Manche der Bakterienzellen verfügen nicht über die ganze Reihe sich gegenseitig unterstützender Atmungsfermente wie die Organzellen, ihr Fermentsystem ist zum Teil unvollständig, sie besitzen an sich eine geringe Atmungsintensität. Zu dieser Gruppe gehören vor allem die Anaerobier, und auch die uns speziell beschäftigenden Streptokokken und Pneumokokken müssen hierzu gerechnet werden.

Atmung und Eiweisszerfall stehen in grundsätzlicher Beziehung, Hemmung der Atmung aktiviert die Fermente des Eiweisszerfalles (Grassmann und Wohlfeil). Man kann das im Reagensglas nachweisen und hat in der tierischen Pathologie zahlreiche Beispiele dafür.

Der Gesamtkomplex Eiweisstruktur plus Katalysator hat Aehnlichkeiten mit der Zusammensetzung von Hormonen und körpereigenen normalen Fermenten. Hier aber bei den Bakterien sind körperfremde Stoffe im Spiel, die von dem Organismus als schädlich empfunden werden, mit ungeheurer Vermehrungsfähigkeit der sie produzierender' bakteriellen Zellen.

Die Folgen einer Infektion haben Aehnlichkeit mit einer Fermentvergiftung. Der fermentative Bestandteil der Antigene erscheint als der spezifisch krank machende Komplex mit bestimmtem ,Angriffspunkt und bestimmter Auswirkung. Von einer vorwiegend physikalisch-chemischen (kolloid-chemischen). Betrachtungsweise

der Verhältnisse ist man allmählich zum Studium der Chemie der Bakterienzelle übergegangen.

II. Chemotherapie

Zur Bekämpfung bakterieller Erreger hat hat man sich seit langem der Metalle bedient.

Quecksilber und Wismuth sind zur Bekämpfung der Syphilis in Gebrauch, Gold bei der Therapie der Tuberkulose; Silber und Platin in kolloidalen Suspensionen werden angewandt bei zahlreichen septischen Erkrankungen. Gerade bei bakteriellen Infektionen ist die Wirkung aber recht unbefriedigend. Quecksilber ist in der Farm von Sublimat zur Oberflächendesinfektion von ausgezeichneter Wirkung, im Körper selbst darf es aber nicht verwendet werden. Robert Koch hat schon vor 60 Jahren erkannt, dass Sublimat im Reagensglasversuch ohne weiteres abtötet, aber nicht imstande ist Meerschweinchen gegen dieselbe Infektion (Milzbrand) zu schützen. Zyangoldverbindungen, in vitro noch in Verdünnungen von 1 : 2 Mill. wirksam, zeigten keinerlei Heilwirkung gegenüber der Tuberkulose des Meerschweinchens.

Von starkem Interesse sind die Phenolderivate, Carbolsäure, Cresole und benzolartige Stoffe. Sie sind gut lipoidlöslich und dringen damit leicht in die Zellen ein, besitzen aber auch in praxi nur Oberflächenwirkung. Gerade hier wird die innere Anwendung durch die Gefahr einer allgemeinen Zellschädigung verunmöglicht.

Eine weitere Gruppe von desinfizierenden Mitteln haben wir in den Azofarbstoffen vor uns. Sie sind in der chemischen Industrie durch ihre Beziehungen zu eiweissartigem Material zur Färbung von Wolle und Seide in ausgedehntem Masse im Gebrauch, im Gewebsschnitt dienen sie zur Differenzierung der Zellstruktur, in der Bakteriologe werden die einzelnen Erreger durch die Farbstoffe gefärbt und dargestellt, es hat sich auch gezeigt, dass sie zur Herabsetzung der Vitalität speziell von Bakterien in bestimmten Fällen geeignet sind. Bekannt sind vor allem die Benzidine, d. h. die Trypanfarbstofte, wozu auch das Germanin gehört. Die Bezeichnung Trypan bezieht sich auf die

Wirksamkeit der Stoffe bei den verschiedenen Trypanosomen Krankheiten. Ferner beanspruchen die zu den Chinolinderivaten, gehörenden Akridinfarbstoffe erhebliches Interesse, das Trypaflavin, Rivanol, Yatren. Bei bakteriellen Infektionen sind alle diese Stoffe aber nicht genügend wirksam. Es hat sich im allgemeinen die schon von Ehrlich 1904 geäusserte Auffassung als richtig erwiesen: Bei vitaler Färbung mit Neutralrot, Methylenblau, Briliantcresylblau betrifft das, was sich färberisch darstellen lässt nicht das funktionierende Protoplasma, sondern die unbelebte (paraplastische) Struktur und die in derselben befindlichen Abscheidungen. Es fehlt auch die nötige Elektivität, die es gestatten würde, das Bakterielle selbst abzutöten, die Körperzellen aber sonst intakt zu lassen.

Wir kommen weiter zu den Arsanilinderivaten, Verbindungen von Anilin mit Arsen, wozu Salvarsan, Arsacetin, Atoxyl gehören. Mit diesen Stoffen kommt man dem zu erreichenden Ziel schon näher. Bekannt sind die glänzenden Erfolge bei der Syphilis und bei der Schlafkrankheit. Wieder muss aber festgestellt werden, dass bakterielle Infektionen auf eine derartige Behandlungsweise nicht ansprechen.

Aehnliches ist zu sagen in bezug auf die Chinolinstoffe, Chinin, Optochin, Vucin, Eucupin, Plasmochin. Pneumokokken sind zwar von bemerkenswerter Empfindlichkeit gegenüber einer Chininbehandlung, eine durchgreifende Sanierung ist aber auch mit diesen Stoffen nur ausnahmsweise möglich. Protozoenerkrankungen, vor allem die Malaria, sprechen sehr gut an, bakterielle durch Streptokokken und Staphylokokken, die typischen Eitererreger, hervorgerufene Infektionen aber nur in ungenügendem Masse.

Die grossen Erwartungen der Chemotherapie wurden durch das Versagen der Mittel in praxi schwer enttäuscht. Der Rückschlag kam der Serumtherapie zugute. In diesen Tagen feiert die Universität Marburg den 50. Jahrestag der von Emil von Beehring Inaugurierten aktiven und passiven Immunisierung. Man hat in dieser Zeit genügend Erfahrungen gesammelt, um sich ein Urteil zu bilden. Die passive Immunisierung, die Verwendung antitoxinhaltiger Heilseren hat ihre grosse Bedeutung für die Prophylaxe und Therapie der Diphtherie und des

Tetanus. Gerade bei den uns jetzt beschäftigenden bakteriellen Streptokokken- und Pneumokokkeninfektionen leistet sie aber nicht Genügendes. Die aktive Immunisierung ist immer noch im Ausbau begriffen. Durch die Einverleibung minimaler Dosen von Toxin vermag man den Körper in manchen Fällen zur Bildung von wirksamen Antikörpern zu zwingen, es besteht aber immer die Möglichkeit einer zu starken Dosierung und der Aktivierung ruhender Herde.

In dieser Lage befand sich die Chemotherapie, als 1935 grundsätzlich neue Stoffe bekannt wurden.

Die wenigstens teilweise günstigen Resultate mit Azofarbstoffen waren Veranlassung dafür auf diesem Weg weiterzugehen. Sehr auffallend war schon die Wirksamkeit des Chrysoidin, einer Diazoverbindung von Anilin mit Dimethylanilin gegenüber Streptokokken (Eisenberg 1913). Die Wirkung beschränkte sich aber auf Bakterienkulturen in vitro, im Körper war die Substanz nicht wirksam. 1932 wurde aber daS Sulfonamidchrysoidin (Prontosil) beim deutschen Patentamt angemeldet und 1935 war Domagk, der wissenschaftliche Leiter der pharmaceutischen Abteilung der I. G. Farben, Elberfeld, in der Lage, über grosse Versuchsreihen an Mäusen und Kaninchen mit diesem Stoff zu berichten, der gerade im Gegensatz zu dem einfachen Chrysoidin im Reagensglas wenig wirksam war, aber im Körper ganz erstaunliche heilende Wirkungen entfaltete. Sulfonamidhaltige Azofarbstoffe waren schon vorher in der Textilindustrie eingeführt worden (Hörlein, Dressel und Kothe) wegen des guten Haftvermögens bei direkter Färbung von Wolle, der Wasch-, Walk- und Lichtechtheit dieser Farbstoffe. Und jetzt zeigte sich auch das hervorragende Haftvermögen gegenüber Bakterien.

Eine unerwartete Wendung nahm dann aber die Entwicklung der ganzen Frage, als Trefouel, Nitti und Bovet vom Institut Pasteur in Paris den Beweis dafür leisteten,' dass nicht nur der Farbstoff Sulfonamidchrysoidin (Prontosil) die erwähnte ausgezeichnete Wirksamkeit besass, sondern auch das Spaltungsprodukt dieser Substanz, das farblose Sulfanilamid, ein einfaches Anilin mit einer Sulfonamidgruppe in p-Stellung. —

Bevor ich die klinischen Belege für die grosse Wirksamkeit dieser Stoffe bringe fragen wir uns in welcher Weise man sich die Wirksamkeit der Sulfanilamidstoffe zu erklären hat.

Beim Zugrundegehen der Bakterien spielt der Zerfall der gesamten Zellstruktur eine wichtige Rolle, speziell auch der Eiweisszerfall, und so wurde die Ansicht vertreten, die Sulfonamidgruppe, reduziert zu Sulfhydril (SH), würde eine direkte Aktivierung proteolytischer Prozesse in der Zelle mit sich bringen. Eine derartige Wirkung von SH-Gruppen ist durchaus bekannt, der Vorgang in vivo aber nicht möglich, weil dazu ausgesprochene Anaerobe Verhältnisse notwendig sind.

Einen Hinweis auf die tatsächliche Wirkung der Substanzen gab die Feststellung, dass nach der Anwendung des Mittels gelegentlich eine Vermehrung der Porphyrine im Harn nachweisbar wird (Rimington) und ferner auch eine Methaempglobinaemie (Wendel). Man erkennt das an einer bläulichen Verfärbung des Gesichts und der Körperhaut. Es handelt sich hier zweifellos um eine Schädigung der normalen Eisenfunktion im Blutfarbstoff. Methaemoglobin steht mit seinem Sauerstoffgehalt zwischen dem oxydierten Haemoglobin und dem reduzierten Haemoglobin. Die normale Sauerstoffanlagerung an das Eisen wird durch Sulfanilamid offenbar gehindert. Im Falle der Porphyrinbildung kommt es sogar zu einer Schädigung der normalen Bindung des Eisens an die Pyrrolkomplexe. Alle Anilinderivate neigen zu solchen Störungen, ganz ähnlich wie SulfaniIamid wirkt auch Anilin, Toluidin, Benzidin, Dimethylanilin (Rimington). Der Eisenreichtum der Milz, wie man ihn nach toxischen Gaben von Sulfanilamid im Tierversuch findet (Rimington und Hemmings) spricht auch dafür, dass der Angriffspunkt des Stoffs das Eisenmolekül des Haemoglobins darstellt.

Dementsprechend kommt es nun offenbar auch zu einer Schädigung der eisenhaltigen Komplexe in der Bakterienzelle selbst.

Man erkennt das an der Herabsetzung der bakteriellen Atmung; Gibt man Sulfanilamid beim Menschen, so ändert

sich der Sauerstoffverbrauch nicht, im Gewebsschnitt (Zwerchfell, Herzmuskel) wie auch in der Organemulsion (Leberbrei) erscheint die Atmung unter dem Einfluss von Sulfanilamid aber vermindert (Laves) und auch der Sauerstoffverbrauch von Kulturen (Streptococcus haemolyt., Coli, B. Friedländer, Gonococcus) erscheInt herabgesetzt (Barron und Jacobs). Junge Streptokokkenkulturen sind gegen Sulfanilamid besonders empfindlich, weil ihr Sauerstoffbedarf besonders gross ist.

Es kommt zu einer Schädigung der eisenhaltigen Fermente in der Bakterienzelle. Es handelt sich hier einmal um die Dehydrasen, welche Wasserstoff im Substrat aktivieren und damit zu seiner Oxydation führen. Die Dehydrasen gehören zu den empfindlichsten Biokatalysatoren. Sulfanilamid hemmt die Bildung von Wasserstoffsuperoxyd in geschüttelten Bakterienkulturen (Fuller, Colebrook and Maxter). Sulfanilamid hemmt auch den oxydativen Abbau der aus dem Glukosezerfall hervorgehenden 3 Kohlenstoffkomplexe (Mc Leod) Durch Vitamin B 1, den Förderer des Kohlehydratabbaus kann die Schädigung wieder ausgeglichen werden (West und Coburn, Lava, Woods). Vitamin B 1-arm ernährte Tiere sind gegen Sulfanilamid besonders empfindlich (Laves). Ueber eine Schädigung der Oxydasen selbst durch Sulfanilamid ist nichts Sicheres bekannt. Eine Hemmung der Katalase ist wohl möglich, die Vermehrung von Wasserstoffsuperoxyd ist aber nicht nachweisbar. Andere Oxydasen kommen bei Streptokokken und Pneumokokken nicht in Frage, weil sie gerade diesen Bakterien fehlen (Fujita, Frei, Quastel). Diese Bakterien besitzen weder Cytochrom noch Indophenoloxydase und die nachweisliche Peroxydase dürfte eine geringe Rolle spielen, weil in ihrer Wirksamkeit abhängig von Cytochrom (Yamagutchi). Die erwähnten Bakterien besitzen kein komplettes Fermentsystem, weniger "Sicherungen" zur Aufrechterhaltung ihrer Atmungsprozesse und dürften vor allem aus dem Grunde für Sulfanilamid leichter angreifbar sein als andere Bakterien und als die Körperzellen des Organismus.

Das Sulfanilamid verbindet sich mit dem Eisenkomplex der Bakterienzelle nach der Annahme verschiedener Autoren nach Uebergang in Phenylhydroxylamin. Im Laboratorium ist nun

Phenylanilin leicht in die entsprechende Hydroxylaminverbindung überzuführen, Hydroxylamin ist aber bei Anwesenheit von Sulfanilamid in Bakterienkulturen nicht nachweisbar (Fuller). Die Oxydation von Anilinderivaten zu Hydroxylaminverbindungen durch Peroxydasen ist nur möglich in einem Medium mit 10 bis 20 mgr% Wasserstoffsuperoxyd und einem PH =4,5, biologisch also kaum möglich (Mann und Saunders). In Kulturen bleibt Sulfanilamid wochenlang intakt (Green). Bei Injektion von Hydroxylamin Benzolsulfonamid kommt es zu sofortiger Bildung von Sulfanilamid, also zu einer Reduktion des Hydroxylamin.

Sulfanilamid wirkt also direkt auf den Eisenkomplex. Man kann an eine Verdrängung von Sauerstoff denken. Die Bedeutung der Sulfonamidgruppe ist nicht klar, auf alle Fälle wird die Löslichkeit des GesamtmoleküIs durch diese Gruppe erhöht und das Eindringen der Substanz in die Bakterienzelle. erleichtert. Ich habe schon oben auf die Bedeutung von Sulfonsäuregruppen beim Färbeprozess hingewiesen, auch bei Antigenen ist das Vorhandensein solcher Gruppen für die Wirksamkeit von Wichtigkeit (Landsteiner).

Die Schädigung. der bakteriellen Zellatmung ist bei der Sulfanilamidwirkung das Primäre, mit einer Schädigung vor allem der gährungsartigen Kohlehydrate im bakteriellen Antigen. Der Abbau dieser Stoffe wird gehindert. und damit die vitale Energie reduziert. Sekundär dürfte. es zu einer verstärkten Proteolyse kommen. jede Herabsetzung der Oxydationslage begünstigt die Aktivierung proteolytischer Fermente (Grassmann, Purr, Waldschmidt-Leitz). In der Klinik ist der Abbau der eiweissartigen Zellstruktur bei Störung der arteriellen Blutzufuhr wohl bekannt. Eine Folge dieser strukturellen Auflockerung ist die vermehrte Phagozytosebereitschaft der mit Sulfanilamid geschädigten Bakterienzellen. Eine direkte Aktivierung der Phagozytose kommt nicht mehr, in Frage, nachdem man sich davon überzeugt hat, dass das Reticuloendothel bei Einwirkung von Sulfanilamid nicht reagiert, es kommt zu keiner Leukocytenvermehrung im Blut und zu keiner Antikörpervermehrung.

Die Bedeutung der Zellarchitektonik für das Leben der Bakterienzellen ist unbestreitbar, das Wesen der Sulfanilamidwirkung,

der prinzipielle Vorgang, ist aber die direkte Fermentschädigung in den Bakterien. —

Nun kommen wir zu einer summarischen Darlegung der Wirkung der Sulfanilamide bei dem bakteriell infizierten Menschen.

Unter den Streptokokkenaffektionen sind schon die Erfolge beim Rotlauf (Erysipel) erstaunlich. Das Fieber sinkt in wenig Tagen und gleichzeitig verschwinden die Hautveränderungen. Die Krankheit als solche wird tatsächlich in kurzer Zeit erledigt. Das übliche Fortschreiten der Hautentzündung unterbleibt. Die Letalität ist in der Statistik von Toomey in Cleveland (520 Fälle) von 13 auf 4 % gesunken, Snodgrass berichtet über das Absinken der Letalität von 8 auf 2,3 % (261 Fälle).

Bei den durch Streptokokken bedingten eitrigen Hirnhautentzündungen liegen die Verhältnisse schwieriger, weil man mit Knochenherden und Abszessen in den Nebenhöhlen des Schädels zu rechnen hat. Bickel (Genf) sah aber bei dieser Erkrankung, deren Letalität 95-98 % beträgt unter Sulfanilamid eine Letalität von nur mehr 19 %, Long and Bliss von 35 %. Der Umschwung zeigt sich schon nach wenig Tagen an der Besserung des Bewusstseins, der Temperatur und dem Liquor.

Von grossen praktischen Konsequenzen dürften die Erfolge der Sulfanilamidtherapie auf dem Gebiet des Kindbettfiebers sein. Wenn man im allgemeinen mit einer Letalität von 16 bis 31 % rechnet, so ist die durch Sulfanilamid bewirkte Herabsetzung der Todesziffer auf 4,7 % (Colbrook) sehr bemerkenswert. Bei Bakterieaemie ist die totalität von 71 auf 27 % herabgedrückt worden. Ich habe auf dem Gebiet keine eigenen Erfahrungen, es wird aber in der Literatur darauf hingewiesen, dass auch die in der Nachbarschaft des Uterus bei Pueperalfieber eintretenden eitrigen Komplikationen weniger häufig sind.

Eine Gruppe für sich bilden die Pneumokokken-Erkrankungen.

Die Letalität der Pneumonie ist bei 94 mit Serum behandelten Fällen von 30,8 % auf 15,8 % (115 Fälle) zurückgegangen

(Price and Myers), in der Statistik von Evans und Gaisford von 27 % (100 Fälle) auf 8 % (100 Fälle). In der Klinik kann man sich auch im Einzelfall von der oft überraschenden Besserung überzeugen, dem relativ raschen Temperaturabfall, wenn auch die Lösung der Pneumonie die übliche Zeit erfordert. Bei der Pneumokokkenmeningitis betrug die Letalität nahezu l0O%, Hodes, Gimbel et Burnett berichten über eine Letalität von 47% (17 Fälle).

Die Gonokokkenerkrankungen werden durch die Sulfanilamide sehr günstig beeinflusst, die TechnIk der Behandlung dieser oft äusserst hartnäckigen Erkrankungen ist eine ganz andere geworden. Ich verzichte auf weitere Ausführungen, weil diese Affektionen nicht zu meinem Behandlungsbereich gehören.

Zum Schluss will ich nur noch auf die Erfolge bei der epidemischen - Genickstarre hinweisen. Die momentanen Gefahren sind hier immer gross und Dauerschädigungen auch bei Bewahrung des Lebens häufig. Wir haben eine ganze Anzahl von Fällen gesehen, die in wenig mehr als einer Woche zu vollem Bewusstsein zurückgekehrt sind mit Fieberabfall und Verschwinden der eitrigen Zellreaktion im Liquor. Dr. Pulver in Luzern berichtet über eine Herabsetzung der Letalität von 50 auf 7 %. Muraz, Shirle et Queguiner beobachteten eine Epidemie bei den Eingeborenen in Französisch-Nigeria 1937/38 (8653 Fälle) mit einer Letalität von 74,6 %. Bei Anwendung von Serum (49 Fälle) ging die Letalität auf 22,4 % zurück. Bei Behandlung mit Serum zusammen mit Sulfanilamid (23 Fälle) auf 8,7 %. Der Wert der Sulfanilamidtherapie geht auch aus der Statistik hervor von Somers, später von Bryant und Fairman über den Verlauf einer Epidemie im Sudan. 168 Fälle wurden mit einer Verlauf von nur 5 % behandelt. Wenn man im Auge behält, dass die epidemische Genickstarre in den Jahren 1934-1938 in Hochägypten allein 21600 Menschen erfasst hatte, und dass damals 68 % starben, so erkennt man den völligen Umschwung der in der Prognosestellung dieser Erkrankung eingetreten ist.

III. Die Auswirkungen der modernen Chemotherapie in allgemein sozialer Hinsicht

In der Schweiz sterben im Jahr an Infektionskrankheiten 5776 Menschen, die Verhältnisse 1937 bis 1939 zu Grunde gelegt. 1)

An Pneumonie, epidemischer Genickstarre, Erysipel und Kindbettfieber allein sterben jährlich 3094 Kranke.

Wenn man die Anwendung. von Sulfanilamiden in solchen Fällen voraussetzt und mit den neuen Letalitätsziffern rechnet, so kommt man auf eine jährliche Sterbezahl von 673, es ergibt sich somit ein Gewinn an Menschenleben in der Schweiz von 2421.

Diese Zahl kann zu hoch oder zu niedrig sein. Zu hoch, wenn der Tod durch anderweitige nicht infektiöse Krankheiten verursacht ist, wahrscheinlicher aber zu niedrig, weil in den Statistiken die Pneumonien, welche an sich auf Sulfanilamid ansprechen würden, vielfach unter der Rubrik "Komplikation, Nebendiagnose" geführt sein dürften und verschiedene auf die neue Therapie gut ansprechende Krankheiten nicht berücksichtigt sind Wir können auf alle Fälle mit einer Herabsetzung der Sterblichkeit an Infektionskrankheiten rechnen

Die mittlere Lebensdauer hat sich seit dem Mittelalter bis in das 19. Jahrhundert kaum geändert, das 19. Jahrhundert hat in den Kulturstaaten aber eine erhebliche Verlängerung der menschlichen Lebensdauer mit sich gebracht. Die mittlere Lebensdauer stieg von 36,9 2) auf über 5Ö Jahre. Nach der deutschen Sterbetafel betrug sie 1933 fur Neugeborene 59,6-62,5 Jahre (männlich resp weiblich) für Einjährige 64,5 resp 66,1 Jahre. Nach der schweizerischen Sterbetafel 1933/37 beläuft sie sich auf 6Ö,7 Jahre für Männer und 64,6 jahre für Frauen. Die starke Verlängerung der mittleren Lebensdauer wird von den Epidemiologen in erster Linie durch den erfolgreichen

Kampf gegen die Infektionskrankheiten erklärt. Bei Anwendung der Sulfanilamidtherapie wird demnach das durchschnittliche Todesalter noch höher zu liegen kommen.

Dadurch muss es zu einer Vermehrung der ältern Schichten kommen. In unserm Land ist die Zahl der Altersheime in den letzten Jahren gestiegen und überall wird angebaut und. aufgestockt. Dabei erreichen die Insassen kein höheres Alter, als früher: in der Bärau (Langnau, 450 Betten) hat die Zahl der Todesfälle von 120 während der Jahre 1902-1906 auf 160 zugenommen, das durchschnittliche Todesalter beträgt jetzt 69,2 Jahre gegen 67,5 früher. In Bettenbühl (Wiedlisbach, 450 Betten) betrug die Zahl der Todesfälle während der Jahre 1900 bis 1905 172, jetzt 216, das durchschnittliche Todesalter jetzt 70 1/2 Jahre gegen 70 Jahre früher. Die Pflegedauer der einzelnen Insassen hat sich in diesen Anstalten nicht geändert. Es ist also nicht so, dass der Arzt Sterbenswertes künstlich mit seinen modernen MItteln konserviert und dadurch die Zahl der Pflegebedürftigen in die Höhe treibt. Der Grund für die Frequenzsteigerung ist vielmehr der vermehrte Zustrom.

Bei Erhöhung des mittleren Lebensalters geraten naturgemäss mehr Leute in den Bereich der Alterszone, die Verlängerung der mittleren Lebensdauer ist aber an sich der Ausdruck für eine Qualitätsverbesserung des Volksganzen. Wenn die Pädiatrie die Säuglingssterblichkeit auf ein Minimum herabzusetzen vermochte und dadurch die Folgen des Geburtenrückgangs bis zu einem gewissen Grade ausgleicht, so fördert die moderne Hygiene, speziell die moderne Bekämpfung der Infektionskrankheiten die Resistenz der mittleren Altersklassen. Die Herabsetzung der Todesfälle an Pneumonie 'und Erysipel macht Sich in jedem Alter bemerkbar, es geht aber aus den Aufzeichnungen des Eidg. statistischen Amtes klar hervor, dass in der Schweiz, wie in andern Ländern die epidemische Genickstarre im Alter unter 30 Jahren zu den meisten Todesfällen führt. Und evident ist auch der Gewinn 'für das mittlere Alter bei der Besserung der Letalität an Kindbettfieber. Hier kommt noch eine etwaige Vermehrung der Geburtenzahl dazu. Der Mann, die Frau von 50 Jahren, sie sehen heute anders aus als früher, das kann der Arzt beurteilen. Sie sind leistungsfähiger,

und zwar körperlich wie seelisch, In der Entwicklung eines Organismus gehen Form und Funktion, körperliche und geistige Qualitäten parallel. Das eine ist unlösbar an das andere gebunden. Das Alter wird nicht nach Jahreszahlen gemessen. Die Verlängerung der mittleren Lebensdauer ist ein sicherer Hinweis darauf, dass die Vitalität des menschlichen Organismus grösser geworden ist.

Die Ueberfüllung unserer Altersheime wird zurückgehen, wenn die allgemeinen sozialen Bedingungen sich bessern und die Familie wieder selbst für ihre gealterten Angehörigen zu sorgen in der Lage ist. Sie wird abnehmen, wenn es gelingt, die Arbeitsmöglichkeiten zu vermehren. Und es wird die Uebervölkerung dieser Anstalten vor allem auch wieder zurückgehen, wenn die normal durch das Alter gegebene Grenze der Erwerbs- und Arbeitsfähigkeit nicht mehr künstlich herabgesetzt werden muss. Die momentane Notwendigkeit dieser Massnahmen verkennt niemand. Die zur Zeit herrschende Tendenz zur Herabsetzung der sogenannten Altersgrenze steht aber rein ärztlich betrachtet im Widerspruch zu der allgemeinen gesundheitlichen Situation. Wenn der Statistiker nachweist, dass das Individuum länger leistungsfähig bleibt, so ist es bedauerlich, dass gerade in dem Moment eine künstliche Grenze aufgestellt werden muss, welche das Mass der in einem Lande vorhandenen Arbeitskraft herabsetzt und den Einzelnen schädigt. Funktion ist das beste Mittel gegen das Altern der Gewebe. Funktion, nicht Ruhe.

Die Bekämpfung der Infektionskrankheiten ist ein bevölkerungspolitisch bedeutsamer Faktor, der die Landeskraft stärkt, die exogenen Ursachen der Lebensverkürzung vermindert, ein Volk jung erhält.

Literatur

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