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DIE ERZÄHLUNGEN AUS DEN TAUSEND UND EIN NÄCHTEN

VOLLSTÄNDIGE DEUTSCHE AUSGABE IN SECHS BANDEN

ZUM ERSTEN MAL NACH DEM ARABISCHEN URTEXT DER CALCUTTAER AUSGABE AUS DEM JAHRE 1839

ÜBERTRAGEN VON ENNO LITTMANN

BAND 3

IM INSEL-VERLAG


DIE GESCHICHTE VON DER STADT LEBTA

Einst war im Lande der Romäer' eine Königsstadt, die Lebta' genannt wurde; und in ihr war eine Burg, die immer verschlossen gehalten wurde. Jedesmal, wenn ein König starb und ein anderer romäischer König ihm auf dem Throne folgte, so legte er ein neues, festes Schloß davor, bis vierundzwanzig Schlösser vor dem Tore lagen, von jedem König ein Schloß. Nach dieser Zeit aber bemächtigte sich der Herrschaft ein Mann, der nicht aus dem Königshause stammte; der wollte jene Schlösser öffnen, um zu sehen, was in der Burg wäre. Die Großen des Reiches suchten ihn daran zu hindern, sie rieten ihm davon ab und hielten ihn zurück, aber dennoch weigerte er sich und sprach: ,Diese Burg muß geöffnet werden.' Nun boten sie ihm alles, was sie an Geld und an kostbaren Schätzen besaßen, damit er die Burg nicht öffne; aber er ließ sich von seinem Vorhaben nicht abbringen. — —«



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Da bemerkte Schehrezâd, daß der Morgen begann, und sie hielt in der verstatteten Rede an. Doch als die 273. Nacht anbrach, fuhr sie also fort: »Es ist mir berichtet worden, o glücklicher König, daß die Großen des Reiches jenem König alles boten, was sie an Geld und Schätzen besaßen, damit er die Burg nicht öffne; aber er ließ sich von seinem Vorhaben nicht abbringen, sondern er riß die Schlösser herunter, öffnete das Tor und fand in der Burg Bildnisse von Arabern: die waren beritten auf Rossen und Kamelen. trugen Turbanbinden, die lang herabhingen, waren mit Schwertern gegürtet und hielten die langen Lanzen in der Hand. Auch fand er dort ein Schriftstück; das nahm er und las es, und er sah, daß in ihm geschrieben stand: ,Wenn dies Tor geöffnet wird, so wird eine Araberschar dies Land erobern, die so aussieht wie in diesem Bildnisse; drum hütet euch, und noch einmal hütet euch, das Tor zu öffnen!' Nun lag jene Stadt in Andalusien', und in eben jenem Jahre, unter dem Kalifen el-Walid ibn 'Abd el-Malik aus dem Stamme der Omaijaden, fiel sie in die Hände des Târik ihn Zijâd. 'Der bereitete jenem König einen schmählichen Untergang, plünderte sein Land, nahm die Frauen und Kinder dort gefangen und machte große Beute an Geld und Gut. Denn er fand dort unermeßliche Schätze, mehr als hundertundsiebenzig Kronen aus Perlen,



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Hyazinthen und anderen Edelsteinen. Auch fand er dort einen Saal, in dem Reiters leute mit Speeren werfen konnten, und der voll war von goldenen und silbernen Geräten, wie sie keine Schilderung beschreiben kann. Ferner fand er den Speisetisch des Gottespropheten Salomo, des Sohnes Davids -über beiden sei Heil! —, der, wie erzählt wird, aus grünem Smaragd ist und noch jetzt in der Stadt Rom vorhanden sein soll; auf ihm standen Gefäße aus Gold und Schüsseln aus Chrysolith. Und ebenso fand er ein Buch der Psalmen, das in griechischer Schrift auf goldene Blätter geschrieben und mit Edelsteinen besetzt war; ferner ein Buch mit einer Beschreibung der nützlichen Eigenschaften von Steinen und Pflanzen und Mineralien und der Talismane und der alchimistischen Wissenschaft von Gold und Silber; dazu ein Buch, in dem die Kunst, Hyazinthe und andere Edelsteine in Formen zu schmelzen, und die Bereitung von Giften und Gegengiften beschrieben war; endlich auch eine Karte von der Erde, den Meeren, den Ländern, Städten und Dörfern. Ferner fand er einen großen Saal voll von Elixier, von dem ein Dirhem tausend Dirhem Silber in reines Gold verwandeln kann; dazu einen großen, runden, wunderbaren Spiegel aus gemischten Metallen, der für Salomo, den Sohn Davids -über beiden sei Heil! —gemacht worden war, und in dem jeder beim Hineinschauen die sieben Klimate der Welt mit eigenen Augen sehen konnte; und schließlich fand er noch einen Saal, in dem so viele Karfunkelsteine waren, daß niemand sie beschreiben und keine Kamelslast sie umfassen konnte. Alle diese Dinge sandte er an el-Walîd ibn 'Abd el-Malik. Und die Araber breiteten sich in den Städten Andalusiens aus, das eines der herrlichsten Länder ist. Dies ist der Schluß der Geschichte von der Stadt Lebta.



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Und ferner wird erzählt


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